Der schwarze Magier
– äh, ob er das bei mir auch macht?«, fragte der Franke und zeigte mit dem Finger auf den Badediener.
»Gewiss, so legt Euch auf den Rücken.« Er winkte dem Badediener. »Rasier ihm das Gestrüpp ab, Ungeziefer gibt es schon genug von der Sorte«, sagte er zweideutig auf Arabisch zu dem Badediener. Der grinste verstehend und polierte das Rasiermesser.
»Aber dass er meine Männlichkeit dabei nicht verletzt.« Zögernd legte sich der rotbärtige Ritter auf die Pritsche.
Rupert beugte sich noch einmal zu dem Franken herunter. »Ich gebe Euch einen guten Rat, schickt Eure Gattin in ein Badehaus für Frauen. Auch dort praktiziert man diese Art der Rasur. Ich versichere Euch, der Genuss bei der körperlichen Liebe ist unvergleichlich!«
Grinsend wandte er sich ab und stieß mit einem anderen Badegast zusammen. Es war Onfroy von Toron! Der legte warnend den Finger auf die Lippen und zog Rupert zu einer steinernen Ruhebank in einer der bogenförmigen Nischen an der Wand. »Es war gar nicht so einfach, unbemerkt an Euch heranzukommen.«
Unwillig runzelte Rupert die Brauen. »Was wollt Ihr, wozu diese Heimlichkeiten?«
»Ich muss mich vor den Spitzeln des Sultans in Acht nehmen. Schließlich steht Ihr jetzt in seinen Diensten, wie ich hörte.«
»Falsch gehört, lieber Onfroy, ich bin freiwillig hier.«
»Ich weiß, dass Ihr sehr eigenwillig seid, de Cazeville, aber Ihr müsst zu Richard zurückkehren.«
Ruperts Mundwinkel zuckten in verhaltenem Spott. »So? Muss ich das? Kommt der große Richard nicht ohne meinen weisen Rat aus?«
»Lasst den Zynismus, de Cazeville, es ist schlimmer! Ihr müsst Richard stoppen, um des Friedens willen.« Sein mädchenhaftes Gesicht schien voll Sorge.
»Soviel ich weiß, ist noch kein Frieden zustande gekommen. Außerdem hat Richard immer seinen eigenen Kopf gehabt und nicht auf meinen Rat gehört.«
»Dann setzt Eure magischen Kräfte ein, Ihr könnt doch hexen!«
Rupert sprang erbost auf. »Was redet Ihr da?«
»Man sagt, Ihr habt auch die Tochter des Sultans behext. Nur Ihr habt die Macht, Richard zu stoppen!«
»Verdammt noch mal, Onfroy, ich hatte Euch für klüger gehalten. Ich werde mich nicht in Richards irrwitzige Politik mischen. Lasst mich in Ruhe!«
Onfroy von Toron packte ihn am Handgelenk und hinderte ihn wegzugehen. »Konrad ist tot«, sagte er leise. »Ermordet!«
Ruckartig blieb Rupert stehen. »Wer war es?«
»Zwei Araber, Assassinen. Aber sie waren nur gedungen, die ausführende Hand.«
»Und Ihr glaubt, Richard steckt dahinter?«
Onfroy nickte und zog Rupert wieder neben sich auf die Bank. Mit schnellem Blick versicherte er sich, dass niemand sie belauschte. »Es gab schon seit einigen Wochen Unstimmigkeiten zwischen Richard und Konrad«, flüsterte er hastig. »Der König forderte Konrad auf, ihm bei den Arbeiten in Asalon Hilfe zu leisten, doch Konrad weigerte sich. Und auf der großen Ratsversammlung, als um die Krone von Jerusalem abgestimmt werden sollte, stimmte Richard für Guy de Lusignan. Als Einziger! Alle anderen wählten Konrad von Montferrat. Richard musste sich zähneknirschend dem Entscheid beugen.«
»Und Ihr meint, das sei der Grund, dass Richard ihn beseitigen ließ?«
Onfoy nickte heftig. »Richard wusste, dass Konrad auf eigene Faust und hinter Richards Rücken Friedensverhandlungen mit Sultan Saladin führte. Und eine Woche nach Konrads Ermordung hat sich seine Witwe mit Henry de Champagne vermählt. Henry ist Richards Neffe!«
»Ich glaube es nicht! Richard ist mutig, ehrgeizig, auch unbeherrscht. Aber nicht verschlagen. Er kämpft mit offenen Säbeln, nicht mit dem Dolch unter dem Mantel.«
»Ihr erkennt den König nicht wieder. Das Fieber hat ihn ausgezehrt, ihm fehlen Erfolge. Seine Ritter sind untereinander zerstritten und er hat zu tun, diesen Haufen noch einigermaßen zusammenzuhalten. De Cazeville, ich bitte Euch, ich flehe Euch an, rettet König Richard!«
Er zog sein Badetuch fester um seinen knabenhaft schönen Körper und Rupert wurde mit einem Mal klar, warum Richard diesem Mann so zugetan war. Und diese Zuneigung beruhte offensichtlich auf Gegenseitigkeit.
Rupert starrte in das schräg durch das hohe Fenster einfallende Sonnenlicht und die Dunstwolken, die wie Gespenster in den Strahlen tanzten. »Er ist nicht mehr zu retten, er läuft in sein Unglück. Ich sehe schwarze Wolken über der Zukunft des englischen Königs.«
»Dann bewahrt ihn davor«, beschwor Onfroy ihn.
Doch Rupert schüttelte den Kopf.
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