Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Magier

Der schwarze Magier

Titel: Der schwarze Magier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
Gestalt. Er spürte seinen Körper nicht mehr, er war nur noch trockenes Holz. Dann kippte er vornüber auf den Hals seines Pferdes. Dunkelheit umfing ihn.
    Die Dunkelheit war warm und rötlich und flackerte. Er konnte nichts riechen und nichts schmecken, aber er spürte, dass er lebte. Dunkle Gestalten huschten um ihn herum. »Trink, damit du lebst«, hörte er eine weibliche Stimme. Etwas Hartes wurde in seinen Mund geschoben. Schmerzhaft spürte er eine Flüssigkeit in seinen Magen rinnen. Sein Gesicht war mit feuchten Tüchern bedeckt. Gierig saugte er jeden Tropfen auf und gleichzeitig krümmte er sich vor Schmerz. Stets hatte ihn der Tod fasziniert, aber nun, als er selbst auf der Schwelle stand, empfand er nur noch Schmerz. Dieser Tod war grausam, langsam und schleichend. Eine Hand strich über sein Gesicht. Er hörte das leise Klirren von Armreifen. Eine unverschleierte Beduinenfrau mit großen schwarzen Augen beugte sich über ihn. »Du hast Glück gehabt, Fremder«, sagte sie mit melodischer Stimme.
    »Wo bin ich?«
    »Im Dorf von Wanderhirten. Dein Pferd hat dich zu uns getragen.«
    »Mein Pferd, wo ist mein Pferd?«
    »Es ist versorgt, es geht ihm gut.« Die Frau drückte ihn wieder aufs Lager zurück. »Du musst ruhen, Fremder, du bist sehr schwach.«
    Dank der aufopferungsvollen Pflege der gastfreundlichen Hirten war Rupert bereits nach wenigen Tagen wieder bei Kräften. Er saß mit den Männern am Feuer, in der Hand eine Schale Tee.
    »Man spricht, dass es Unruhen im Land gibt«, sagte einer der Männer. »Seit der Sultan tot ist, streiten sich seine Söhne und sein Bruder um die Macht.«
    »Wisst Ihr Genaueres?«, wollte Rupert wissen.
    Die Hirten schüttelten den Kopf. Rupert beschloss, nicht nach Jerusalem zurückzukehren, sondern gleich nach Akkon zu reiten. Er wollte Richard treffen und ihn vor dem bewahren, was ihm die Visionen zu sagen versucht hatten.
    Der alte Mann reichte ihm ein Stück Holz. »Nimm es, Fremder, du wirst es brauchen.«
    »Was ist das?«
    »Kelach.« Der Alte hielt ein Ende ins Feuer. Das weiche Mark des Stockes begann zu glimmen. Vorsichtig pustete er, dann reichte er es Rupert. Die harte Außenhaut blieb unversehrt. »Damit kann man Feuer bis zum nächsten Abend transportieren. Wenn du morgen früh aufbrichst, entzünde den Feuerstock und trage ihn in einem Stück Leder bei dir.«
    Fasziniert betrachtete Rupert den unscheinbaren Stock. Auch in der Wüste gab es Wunder.
    Am nächsten Morgen ritt er weiter nach Norden. Die Hügel nahmen eine rötliche Farbe an, dazwischen ragten helle Felsen wie herausgeschliffene Säulen. Salzsträucher bedeckten als graugrüne Flecken die sanften Bodenwellen. Es sah aus wie das Fell eines gigantischen Leoparden, der sich zum Sprung an den Boden drückte.
    Während des Sonnenuntergangs flossen rötliche Schatten die Hänge herab, die runden Rücken der Berge leuchteten hell auf. Beduinen hüteten ihre Ziegen und Schafe, ihre Zelte waren vor den Felsen kaum zu erkennen.
    Er erreichte Jericho, wo er sich eine Rast gönnen wollte. Schon von weitem sah er die Pfähle, auf denen abgeschlagene Köpfe steckten. Blut tropfte herunter, die Unglücklichen mussten erst vor kurzer Zeit enthauptet worden sein. Schnell trieb er Djinn an und umging den Ort. Am Abend badete er im Jordan. Es kam der biblischen Taufe gleich, denn sein Körper schien sich im Wasser des Flusses zu erneuern, neue Lebenskraft zu tanken. Dann folgte er dem grünen, sumpfigen Jordan-Tal nach Norden.
    Nach drei Tagen erreichte er das breite Jesreel-Tal, das ihn direkt nach Akkon führte. Kleine, verkrüppelte Eichen, Johannisbrot bäume säumten seinen Weg. Ziegen weideten den Unterwuchs des kleinwüchsigen Waldes ab. Ab und zu regnete es und in den sumpfigen Niederungen wuchs grünes Schilf. Je näher er Akkon kam, umso angenehmer wurde die Gegend. Mispelbäume, Zypressen, Dattelpalmen und Olivenbäume säumten seinen Weg. Und dann spürte er den salzigen Geruch des Meeres. Vor ihm lag Akkon.

Die Insel der Aphrodite
     
     
     
    Rupert stand am belebten Hafen und ließ seinen Blick über die Schiffe schweifen, die am Kai und den beiden Molen vor Anker lagen. Es waren Handelsschiffe aus Genua, Pisa, Venedig, Sizilien, auch einige Kriegsschiffe, Segler, Galeeren, dazwischen arabische Dhaus. Die Kette, die die Hafeneinfahrt über Nacht versperrte, war herabgelassen worden. Einige Schiffe warteten noch vor der Hafeneinfahrt, um nach Begleichung des Kettenzolls eingelassen zu werden.

Weitere Kostenlose Bücher