Der schwarze Magier
nach England zurückgekehrt?«
»Seine Flotte?« Onfroy lachte hart auf. »Er musste seine Schulden bezahlen. Von England hat er ja nichts bekommen für diesen Kreuzzug. Sein Bruder John hat sich England unter den Nagel gerissen, seine obersten Finanzbeamten dachten nicht daran, irgendetwas von ihren Einkünften für Richard abzugeben. Er stand völlig allein da. Aber, bei Gott, er hat alle seine Schulden beglichen. Er ist ein Ehrenmann. Mit einer Hand voll Getreuen ist er auf einem Schiff davongefahren. In sein Verderben.«
»Was hat der Herzog mit Richard vor?«
»Er hat ihn dem deutschen Kaiser ausgeliefert. Aber ich glaube, der Grund liegt viel tiefer. Hinter allem steckt Philipp von Dreux, der Bischof von Beauvais. Vor einem Jahr bereits ist er nach Deutschland zurückgekehrt und verbreitete die bösartigen Lügen, Richard hätte gleich nach seiner Ankunft in Palästina versucht, den französischen König an Saladin auszuliefern, er habe Konrad von Montferrat ermorden lassen, um sich Tyrus anzueignen, habe letztlich sogar den Herzog von Burgund vergiftet und die ganze christliche Armee im Stich gelassen, weil sie ihm nicht gehorcht habe. Richard sei ein einzigartig blutrünstiger Mensch von harten Sitten und entbehre jeder Liebenswürdigkeit. Er übe Ränkespiele und Heuchelei aus. Nur deshalb sei der französische König so schnell zurückgekehrt und deshalb hätten die Franken Jerusalem nicht erobern können. Gott weiß, dass das alles nicht wahr ist!« Onfroy fuhr sich über die Augen. »Dieser verfluchte Bischof hat dem französischen König ins Ohr geflüstert, dass Richard ihm auch weiterhin nach dem Leben trachte. Philipp hat Kontakt mit dem deutschen Kaiser aufgenommen, um ihn gegen Richard einzunehmen, was ihm offensichtlich geglückt ist.« Onfroy schwieg bewegt und schlürfte heißen Pfefferminztee.
Rupert senkte den Kopf. Er hätte sich nicht von Richard trennen dürfen, hätte ihm auch in seiner Niederlage beistehen müssen. Er hatte ihn immer wieder gedrängt, einen Friedensvertrag zu schließen, anstatt das sinnlose Unterfangen zu unternehmen, Jerusalem erobern zu wollen. Genau das wurde Richard jetzt als Verrat und Schwäche ausgelegt.
Onfroy hob den Kopf und blickte Rupert ernst an. Er schien ähnliche Gedanken zu hegen. »Und nun ist es zu spät. Wir können nur hoffen, dass England das Lösegeld aufbringt, das der deutsche Kaiser fordert. Es ist eine gigantische Summe.« Er sah den Schweiß in Ruperts Gesicht. »Bleibt heute Nacht hier, de Cazeville, ich lasse Euer Gepäck und Euer Pferd aus dem Hospital holen. Kommt mit mir nach Toron.«
Rupert hörte Onfroys Stimme nur noch aus weiter Ferne wie durch einen Nebel. Das Fieber hatte ihn wieder gepackt.
Der kleine Trupp ritt von Akkon in Richtung Norden nach Tyrus. Onfroy von Toron hielt sich an Ruperts Seite. Rupert hatte sich von seinem nächtlichen Schwächeanfall etwas erholt. Er spielte mit dem Gedanken, nach Damaskus weiterzuziehen, um wieder in arabischen Krankenhäusern zu arbeiten. Dass er das Hospital in Jerusalem verlassen musste, schmerzte ihn.
»Meine Mutter Stephanie de Milly wird sich freuen, wenn ich einen Gast mitbringe«, riss Onfroy ihn aus den Gedanken. Er warf einen verschmitzten Blick auf Rupert. »Sie ist Witwe, aber sie sieht noch gut aus.«
»Was wollt Ihr damit andeuten? Dass ich Euer Stiefvater werden soll?«
»Ich hätte nichts dagegen.« Rupert spürte Onfroys Schenkel an seinem, so dicht hatte er sein Pferd an Djinn gelenkt.
Rupert beugte sich vertraulich zu Onfroy hinüber. »Aber vielleicht Eure Mutter. Ich danke Euch für das Angebot. Doch ich werde mich nach Damaskus begeben. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder.«
Er sah die Enttäuschung in Onfroys Gesicht. Rupert zog ihn in seine Arme und küsste ihn auf seine glatten Wangen. Er mochte den sympathischen, intelligenten jungen Mann. Und genau deshalb musste er sich von ihm trennen.
Rupert ritt allein weiter. Doch er nahm nicht die Straße nach Damaskus. Eine innere Unruhe trieb ihn weiter nach Norden. Sidon, Beirut, Tripolis lagen vor ihm. Von dort könnte er nach Zypern übersetzen und ein geeignetes Schiff nach England suchen. Er wollte zurück, fort von dem Land, das ihn einst so faszinierte. Und obwohl er es sich selbst nicht eingestand, wollte er Richard suchen. Er hatte keinen Plan, wie er ihn aus den Händen des deutschen Kaisers befreien konnte. Seine Gedanken wurden wirr, in immer kürzeren Abständen plagten ihn Fieberanfälle,
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