Der schwarze Magier
verlassen dürfen. Bei mir hätte er keinen Wundbrand bekommen.«
»Hör auf mit deinen Selbstvorwürfen. Es gibt noch etwas anderes als dich und einen toten König. Nämlich mich! Aber so können wir nicht weiter zusammenleben. Es gibt Zeiten, da bin ich einfach Luft für dich. Du bist so anders, wenn du dich zurückziehst, und dann fürchte ich mich vor dir. Ich habe mir geschworen, dich so zu akzeptieren und zu respektieren, wie du bist. Warum kannst du nicht auch so zu mir sein?«
»Erwartest du das von mir?«
»Rupert, ich bin deine Frau«, sagte sie mit belegter Stimme.
Er fuhr herum und schwarze Blitze schossen aus seinen Augen. »Hast du Grund, dich zu beklagen?«, fragte er bissig. »Ich beschlafe dich regelmäßig, bis du vor Lust ohnmächtig wirst, ich habe dir die modernsten Maschinen des Morgenlandes bauen lassen, deine Vasallen haben die beste Ausrüstung der ganzen Normandie, was willst du noch?«
Sie kämpfte gegen ihre Tränen an. »Dass du mich liebst.«
Er schnaufte wie ein unwilliges Pferd. »Liebe?«, höhnte er. »Diese Schwäche soll ich zugeben?«
Sie nickte schwach. »Ich will wissen, ob du mich liebst.«
Er maß sie mit einem abschätzenden Blick. »Oh, du hast mich einmal fasziniert, weil du anders bist als alle anderen Frauen. Du hast Geist, du hast Mut, du bist eine Kämpferin. Und du warst bereits in Liebesdingen erfahren. Zum ersten Mal war mir eine Frau ebenbürtig, geistig wie körperlich. Ich habe dich geachtet für deine Stärke, jetzt zeigst du mir freiwillig deine Schwäche. Sprich nie wieder von Liebe, hörst du?« Er hatte sie derb an den Oberarmen gepackt und schüttelte sie heftig. Sein durchdringender Blick bereitete ihr mehr Schmerzen als sein brutaler Griff und sie wandte die Augen von ihm ab.
»Hältst du Liebe für eine Schwäche?«, fragte sie tonlos.
Angewidert stieß er sie von sich. »Ich halte sie für das Verderben.«
Anklagend hob sie die Augen. »Aber wieso? Sie ist doch etwas Wunderbares! Das Wunderbarste auf der Welt überhaupt!«
Er nickte. »Eben deshalb.«
Sie wand sich aus seinem Griff. »Hast du Richard geliebt?«
Er drehte sich um und starrte die Wand an. Eine Weile legte er den Kopf in den Nacken. »Nein, es war keine Liebe. Er hat mich fasziniert wie kein anderer Mensch zuvor. Aber er – er hat mich erstickt mit seiner Liebe!« Er schüttelte sich, als ekele er sich.
»Hast du überhaupt schon einmal die Liebe erfahren?« Als er schwieg, sagte sie: »Du warst schon einmal verliebt, nicht wahr? Und es schmerzt noch immer, weil sie dich zurückgewiesen hat!«
Seine Kiefermuskeln mahlten und Gwendolyn befürchtete, dass er seine Hände gleich um ihren Hals legen würde.
Stattdessen wich er vor ihr zurück. »Manchmal hasse ich auch deinen Scharfsinn.«
Es gab viel zu tun auf der Festung Valbourgh. Gwendolyn ließ die Mauern verstärken, die Gräben reinigen, den Mechanismus für das Tor in Ordnung bringen und die Burg selbst modernisieren. Sie richtete ein Badehaus ein, ein zweiter Brunnen wurde gegraben und eine Wasserleitung vom Bach her verlegt. Das alles tat sie ohne Rupert. Der war verschwunden. Tagelang verkroch er sich in den Wäldern. Wenn er zurückkam, sah er aus wie ein Gespenst. Er vermied es, Gwendolyn in die Augen zu schauen, ebenso vermied er es, sie zu berühren. Er fragte sich, was er noch in Valbourgh zu suchen hatte. Er wollte fort, nur fort…
Der Reiter mit seinen beiden Begleitern schonte sein Pferd nicht, als er auf die Festung Valbourgh zupreschte. Mit großem Erstaunen bemerkte er die seltsame Konstruktion, die das schwere Eisengitter des Burgtores bewegte, doch er hatte keine Zeit, sie genauer in Augenschein zu nehmen. Gwendolyn trat dem Gast im Burghof entgegen.
»Sir William Marshai!«, rief sie überrascht aus.
Der Ritter vollführte eine angemessene Verbeugung. »Ich grüße Euch, Lady Gwendolyn. Ich komme geradewegs aus Rouen mit einer Botschaft von Königin Eleonore für Euren Gatten.«
»Mein Gatte?« Gwendolyn schnaufte verächtlich. »Ich habe keinen Gatten mehr.«
»Bitte, Mylady, es ist sehr dringend. Wo steckt er?«
Gwendolyn hob die Schultern. »Irgendwo im Wald, wohin er sich immer verkriecht, seit der König tot ist. Ich glaube, mein Gatte ist auch gestorben.«
»Sucht ihn!«, herrschte Marshai seine Begleiter an. Die beiden Reiter stürmten zum Burghof hinaus. Vor dem Tor stießen sie mit Rupert de Cazeville zusammen.
Marshai erschrak bei Ruperts Anblick. Der sonst so
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