Der schwarze Magier
senkte.
»Es tut mir Leid«, stammelte er, doch er wagte nicht, sich zu erheben.
»Es muss dir nicht Leid tun«, sagte sie mit erstaunlich fester Stimme und strich durch sein Haar. »Du hast mich etwas erleben lassen, was den wenigsten Frauen vergönnt ist. Es war ein Blick ins Paradies.«
»Das verstehe ich nicht.«
Sie lächelte mild. »Du bist ein wunderbarer Mann. Und jetzt lass uns nach Hause gehen.«
Schweigend liefen sie nebeneinander her. Schweigend kleidete sie sich um, während er das Feuer entfachte und im Kessel Wasser erwärmte. Er kochte eine einfache Suppe aus Gemüse und Kräutern und war froh, dass seine Hände Arbeit hatten. Rigana hockte sich neben ihn und starrte ins Feuer. Er wagte nicht mehr zu fragen. Sie erhob sich und rührte mit einem Stock in der Suppe herum. Er bemerkte, wie kraftlos sie war. Er wollte beschützend den Arm um sie legen, aber er blieb sitzen und betrachtete ihren gebeugten Rücken.
»Ich liebe dich, Rigana«, flüsterte er.
Sie wandte sich zu ihm um und unendlicher Schmerz lag in ihrem Blick. »Ja«, sagte sie nur. »Ich weiß.«
Am nächsten Morgen brachen sie auf.
Der alte Druide
Rupert blieb vor der Hütte hocken. Es dauerte lange, doch er rührte sich nicht. Bald verspürte er seine Beine nicht mehr, Kälte kroch seinen Rücken hinauf. Aber es war nichts gegen die Kälte, die sich in seinem Inneren ausbreitete. Sie verdrängte die würgende Angst, die er den ganzen Weg bis hierher verspürt hatte. Fast eine Woche waren sie gelaufen, durch Wälder, über Berge, über wilde Flüsse, durch grüne Täler und sanfte Hügel. Er zählte nicht die Tage, nicht die Schritte, er verspürte überhaupt nichts als dieses entsetzliche, drückende Gefühl in seinem Bauch.
Endlich hob sich die geflochtene Türmatte und Rigana trat vor dem Alten heraus. Auf ihrem Gesicht lag ein leichtes Lächeln. Wieder schnürte Angst seine Kehle zu und er wusste, dass dieses Lächeln falsch war. Rigana, warum tust du das? Ich weiß, dass es in dir ganz anders aussieht! Sie hatte nicht gesagt, dass sie ihn liebte, aber sie brauchte es ihm nicht zu sagen. Er wusste, dass sie es tat. Er wusste plötzlich so vieles über sie. Als fiele ein Schleier, der seinen Blick bis dahin getrübt hatte, konnte er in ihrer Seele lesen, in ihren Augen. Er wusste, was sie dachte, wusste, was sie fühlte, er konnte in ihr lesen wie in einem aufgeschlagenen Buch! Die Sprache war ihm nicht mehr fremd. Und genau das war der Grund, warum sie ihn fortschickte. Er war so weit! Aber er konnte sich nicht darüber freuen. Es erschütterte ihn und es machte ihm Angst.
Der Alte blickte ihn aufmerksam an, als wolle er ihn prüfen. Rupert fühlte sich unbehaglich und plötzlich wusste er, warum. Dieser alte Mann konnte es auch! Er las in ihm, in seinen Augen, in seinen Gedanken, in seiner Seele!
Dann nickte er Rigana zu. Sie senkte in Achtung den Kopf vor ihm, streifte Rupert mit einem tiefen Blick und wandte sich um. Ohne zurückzuschauen, verschwand sie zwischen den Bäumen des Waldes.
Rupert starrte ihr nach, bis seine Augen brannten. Dann verschleierten Tränen seinen Blick. Er presste sein Gesicht in seine Armbeuge und ließ der salzigen Flut freien Lauf. Es war das letzte Mal in seinem Leben, dass er weinte.
Es war ein harter Schnitt, es war ein glatter Schnitt, es war ein schmerzhafter Schnitt. Doch der alte Mann ließ Rupert keine Zeit, darüber nachzudenken. Rupert war aus der Hütte einer begehrenswerten, schönen Frau in die Hütte eines uralten, hässlichen Mannes gezogen. Alles hatte im Leben einen Sinn, doch diesmal wollte Rupert diesen Sinn nicht erkennen. Er war wütend, er war traurig, er sehnte sich nach Riganas zärtlichen Umarmungen, seine Emotionen kochten über. Und Schuld an allem gab er dem alten Mann.
»Du bist hier, weil du ein Auserwählter bist«, teilte ihm der alte Druide knapp mit.
»Wer hat mich denn auserwählt? Gott?« Rupert schrie seinen Zorn aus sich heraus.
Der alte Mann schien wenig beeindruckt. »Denk nach«, forderte er Rupert auf. »Deine Seele sitzt in deinem Kopf.«
Rupert hockte sich zu ihm neben das Feuer. Und er hörte zu, wie er Riganas Worten gelauscht hatte.
»Es ist das Verhängnis des Menschen, dass er vergisst«, sagte der Druide mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Die alten Götter sind vergessen, der eine Gott hat sie vertrieben. Sie huldigen ihm, bauen steinerne Häuser und füllen sie mit Gold und Silber. Es muss ein eitler Gott sein,
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