Der schwarze Magier
anderen Würfel im Ärmel oder unter seinem schwarzen Umhang. Die Ritter mussten sich geschlagen geben, mieden den schwarzen Mann jedoch umso mehr, weil sie der Meinung waren, dass er der Hexerei mächtig war.
Warum sich Richard diesen unheimlichen Fremden zum Leibarzt und Berater erwählt hatte, konnte keiner seiner Vertrauten und Begleiter begreifen. Doch je mehr Rupert angefeindet wurde, umso mehr verteidigte ihn der König. Er fühlte sich zu Rupert in einer ihm selbst kaum verständlichen Weise hingezogen, ohne bei Rupert auf Gegenliebe zu stoßen. Im Gegenteil, Rupert schien sich gegen eine allzu große Nähe zum König zu wehren.
König Richard war ein Mann mit außerordentlich großem Selbstbewusstsein und einer noch größeren Selbstsicherheit. Er brauchte keine Ratgeber, keine Astrologen und keine Hofnarren. Seine majestätische Ausstrahlung, seine mitreißende Begeisterungsfähigkeit und sein unerschütterliches Selbstbewusstsein ließen ihn die Geschicke seiner Untergebenen selbst mit fester Hand führen. Nein, Rupert de Cazeville war für ihn eine Herausforderung an den Krieger, den Krieger im Geist. Diese messerscharfe Logik, dieser klare Blick für das Wesen der Dinge und die fast unheimliche Begabung, Ereignisse vorauszusehen, gepaart mit einem ungeahnten Wissen über Körper und Seele des Menschen faszinierten und begeisterten den König und er setzte alles daran, von diesem Mann zu lernen, zu profitieren und zu leben. Ja, er spürte, dass der stets in Schwarz gekleidete, als Hexer verschriene und doch so kluge und weise Fremde zu seinem Lebenselixier geworden war. Er wollte ihn und seine seltsam entströmenden Energien nicht mehr missen, selbst seinen oft beißenden Spott und seinen bisweilen kränkenden Sarkasmus. Doch Richard spürte auch, dass er Rupert nicht in seinen Bannkreis zwingen konnte. Er musste ihn dazu gewinnen.
»Wir spielen nicht um Geld, wenn Ihr keinen Wert darauf legt, de Cazeville«, erwiderte Richard versöhnlich. »Ich lade Euch zu einer Partie Schach ein. Es ist das Spiel der Könige.«
»Ich bin kein König.« Ruperts Gesicht blieb abweisend.
Richard lachte dröhnend, dann wurde er ernst. »Ich denke doch«, sagte er. »Ihr herrscht über den Geist, über Gedanken – und über Seelen.«
Es gab viel Zeit zu langen Unterhaltungen, aus denen sich Rupert so weit wie möglich heraushielt. Natürlich war Richard neugierig und befragte ihn nach seiner englischen Herkunft.
»Die Burg liegt in Wessex, Sire«, antwortete er knapp auf die Frage des Königs. »Ein hässlicher Kasten, den meine normannischen Vorfahren einmal den Angelsachsen abgenommen haben. Seitdem hat sich nicht viel daran geändert.«
»Ihr sprecht nicht unbedingt mit Liebe von Eurer Heimat«, bemerkte Roger von Lusignan, der neben dem König ritt.
Rupert blickte geradeaus. »Warum sollte ich? Ich verließ die Burg schon als Kind und lebte lange in einem irischen Kloster.«
»Sieh an, ein entflohener Mönch«, scherzte Lusignan.
Rupert warf ihm einen giftigen Blick zu. »Immerhin habe ich dort Lesen und Schreiben gelernt.«
Lusignan zuckte die Schultern. »Braucht man das? Ich kann das Schwert handhaben und die Lanze schleudern, ich bete zu Gott und kämpfe für das Heilige Land. Das genügt.«
»Und ich versuche diejenigen zu retten, die Ihr mit dem Schwert geschlagen und mit der Lanze durchbohrt habt. Ich warte nicht auf Gottes Hilfe, sondern nehme das Schicksal selbst in die Hand.« Seine Stimme klang spöttisch, aber seine Augen blickten kalt.
Lusignan zog den Kopf ein. »Das ist Gotteslästerung«, knurrte er. »Für einen ehemaligen Klosterbruder haltet Ihr sehr wenig von Gott.«
»Vielleicht mehr, als Ihr glaubt, Lusignan.«
Roger de Lusignan trieb sein Pferd an, um noch mehr Abstand zu Rupert zu gewinnen. Dafür lenkte Richard sein Pferd näher zu Rupert. »Es sind Krieger, de Cazeville, sie wissen es nicht anders. Und es ist auch gut so. Ich brauche solche beherzten Männer, die ihr Leben für die Sache opfern.«
»Welche Sache denn? Ist eine Pilgerfahrt denn Krieg?«
»Gewiss! Es ist ein Krieg im Namen Gottes, das heißt, er ist gerecht.«
»Wo das Schwert regiert, schweigt die Weisheit«, erwiderte Rupert kühl.
»Ihr seid kein Ritter, Ihr versteht den Ruf des klingenden Stahls nicht. Wisst Ihr, seit ich ein Schwert in den Händen halten konnte, habe ich Krieg geführt. Es erfüllt mich mit großer Freude, wenn ich bewaffnete Ritter auf ihren stolzen Pferden in Schlachtordnung
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