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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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längst vergessen und würde nie im Bett liegen. Bai Juan Fa ist nicht aus Eisenholz, sondern aus weichem Tofu!«
    »Er war ungehorsam, dafür wird er bestraft werden. Aber das überlasse mir.«
    Min Ju legte seine Hände auf die Zeitungen und sah Ninglin streng an.
    »Hat euch jemand gesehen?« fragte er.
    »Es waren noch zwei Gäste im Lokal, aber sie sind gleich gegangen.«
    »Aber sie haben euch gesehen?«
    »Ja …« Die Antwort kam zögernd. »Aber sie werden mich nicht wiedererkennen, ich habe ihnen sofort den Rücken zugedreht.«
    »Daran denke ich nicht. Für einen Europäer sehen alle Chinesen gleich aus. Aber Bai Juan Fa – seine weißen Haare fallen überall auf. Die merkt man sich. Wenn die beiden Gäste als Zeugen bei der Kripo aussagen, wird man den Weißhaarigen in der Akte groß vermerken. Man wird aufpassen, ob er auch in anderen chinesischen Lokalen anzutreffen ist. Das kann gefährlich werden.«
    »Soll ich ihm die Ohren putzen?« Ninglins Miene strahlte bei dem Gedanken, Bai Juan Fa aus dieser Welt zu schaffen. Aber Min Ju schüttelte verneinend den Kopf.
    »Er wird sich die Haare färben lassen müssen.«
    »Und was erzählt er dann seinen Freunden im Tennis- und Golf-Club? Silberhaar ist plötzlich dunkel. Jeder wird ihn für verrückt halten.«
    »Das werde ich mit ihm besprechen.« Min Ju nickte Ninglin zu. »Du kannst gehen.«
    Ninglin verließ schnell das unterirdische Büro. Je weiter man von Min Ju entfernt war, um so ruhiger war das Leben. Er aß auch nicht im ›Schwarzen Mandarin‹ zu Mittag, sondern fuhr zu einem Biergarten in Giesing, weit fort von Mins kaltem Blick.
    Am späten Abend – Schwester Irene hatte ihren Dienst beendet und wollte am nächsten Tag um acht Uhr wiederkommen – besuchte Min Ju Rathenow noch einmal. Er nahm wieder den Weg über die unverschlossene Hintertür und stand plötzlich im Schlafzimmer. Rathenow, der im Bett saß und das Fernsehen eingeschaltet hatte, zuckte bei seinem Anblick zusammen. Die Gegenwart Mins bedeutete nie etwas Gutes.
    »Wie geht es dir?« fragte er harmlos.
    »Unverändert. Nach einem Tag kann man noch nichts sagen. Sind Sie gekommen, um mich zu bestrafen?«
    »Das hat Zeit. Du weißt, daß man dich im ›Lotos‹ gesehen hat. Die beiden letzten Gäste. Alle Kripo-Kommissariate werden jetzt Ausschau halten nach einem Mann mit silberfarbenem Haar, der in chinesischen Restaurants auftaucht. Sie werden dich schnell finden. Das müssen wir verhindern.«
    Rathenow nickte. »Ganz einfach – indem ich keine Grassandale werde …«
    »Noch einfacher: Du läßt dir die Haare färben.«
    »Unmöglich!«
    »Du weißt, daß es für Min Ju das Wort ›unmöglich‹ nicht gibt. Alles ist möglich, wenn man seinen Willen freisetzt. Bevor du wieder in die Öffentlichkeit gehst, färbst du dir die Haare. Ich schlage vor: mittelblond.«
    »Meine Freunde werden mich nach Haar bringen, in die Nervenheilanstalt. Jeder weiß, wie stolz ich auf meine Silberhaare bin – und plötzlich färbe ich sie. Das geht einfach nicht.« Rathenow schaltete den Fernseher aus. »Ich mache dir einen Vorschlag: Ich könnte eine Perücke tragen.«
    »Zu unsicher, Bai Juan Fa. Einmal vergißt du sie – und dann ist es passiert! Mit deinen weißen Haaren bist du jetzt eine Gefahr für 14K.« Min wanderte im Schlafzimmer herum, die Hände auf dem Rücken verschränkt, und schien intensiv über das Problem nachzudenken. »Ich könnte dich Ninglin übergeben«, sagte er, blieb am Fenster stehen und sah hinaus in den Garten. »Aber dazu brauche ich die Erlaubnis des Gao Lao in Hongkong. Und er wird sie mir nicht geben. Das weiß ich. Wir müssen uns einigen. Das heißt: Du färbst dir die Haare.«
    »Nein.«
    »Doch! Oder sollen wir dir einen Finger von Liyun schicken?«
    »Das werdet ihr nicht wagen!« schrie Rathenow Min an.
    »Warum nicht? Liyun ist nicht mehr wert als jeder andere Mensch. Nur dir ist sie soviel wert wie dein Leben. Sie ist dein Glück und dein Unglück. Entscheide dich!«
    Rathenows Widerstand brach, wie immer, wenn man ihm mit Liyun drohte. Sie tun es, durchfuhr es ihn. Sie tun es wirklich. Sie hacken ihr einen Finger ab, und keiner wird die Bestien finden! Liyun, die können mit mir machen, was sie wollen.
    »Ich lasse mir die Haare färben«, sagte er mit gebrochener Stimme.
    »Ein weiser Entschluß, Bai Juan Fa. Mittelblond?«
    »Was ihr wollt.«
    »Du wirst jünger aussehen. Deine Haare werden die Zeit um zwanzig Jahre zurückdrehen. Dein Spiegel wird

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