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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und als sie frierend die Schultern hob, legte er ihr seine Jacke über den winzigen Bikini und knöpfte sie zu. Er verschwieg nichts. Nicht die Morde von Ninglin, denen er zusehen mußte, nicht die bestialischen Grausamkeiten der ›Bestrafungen‹, nicht seine ›Weihe‹ zum Hong und Bruder der Familie 14K, nicht den Auftrag, den er heute von Min Ju erhalten hatte und der nichts anderes bedeutete, als Menschen dem Tod auszuliefern.
    Dann schwieg er, senkte den Kopf und wagte nicht, Liyun anzusehen. Sie saß wieder leblos wie eine Jadepuppe da, eine entsetzliche Leere in den Augen. Sie hatte ihre Sprache verloren, es gab keine Worte mehr. Wie in einem Vakuum suchte ihre Seele einen Halt und fand ihn nicht.
    »Niang Niang«, sagte Rathenow leise mit zitternder Stimme. Er legte den Kopf auf ihre kalt gewordenen Hände und drückte seine Lippen hinein. Warum kann ich nicht weinen? fragte er sich. Warum kann ich nicht einmal mehr das? Bin ich nur noch ein bis ins Mark faulender Baum, den der nächste Windstoß von seinen Wurzeln trennt? Er zuckte zusammen, als er Liyuns Stimme hörte, monoton und erschreckend leblos.
    »Du bist ein Verbrecher geworden!«
    »Sie haben mich dazu gezwungen … sonst hätten sie dich getötet.«
    »Und du hast das geglaubt?«
    »Sie ließen keinen Zweifel daran. Mit dem Schmuggel des gefärbten Heroins hatten sie mich in der Hand.«
    »Du hättest zur Polizei gehen müssen.«
    »Mit dem Wissen, daß sie dich foltern? Schon in Kunming haben sie mir ja die Fotos ihrer Opfer gezeigt und dich entführt, damit wir uns nicht noch einmal sprechen konnten. Ich hatte Angst, Liyun.«
    »Es ist doch dein Leben – nicht meins.«
    »Es ist unser Leben!«
    »Schon damals in Kunming?«
    »Ja. Es gab für mich nur noch dich!«
    »So sehr liebst du mich?«
    »Ich hätte für dich alles getan, was sie von mir verlangten. Vielleicht hätte ich sogar Menschen umgebracht, damit sie dich nicht umbringen. Aber jetzt ist alles anders geworden; du bist bei mir, und keiner kann uns mehr auseinanderreißen.«
    »Mein Bi Xia …« Sie beugte sich über ihn, küßte seinen Nacken und legte ihr Gesicht auf seine Haare. »Wieviel Grauen hast du meinetwegen ertragen! Das bin ich nicht wert …«
    »Ich möchte von meinem Leben nichts mehr haben als nur noch dich. Ich hatte keine Wünsche mehr. Ich war ein alter Mann, ein müder Mann, der hier in seinem riesigen Haus auf das Vorbeigleiten der Jahre wartete. Und dann bist du gekommen, und das Eis in mir zerbrach, und ich wußte plötzlich: Das Leben lag nur unter einer Schneedecke … ich höre wieder den Gesang der Vögel und sehe wieder den Wind in den Ästen, und alles ist so blank und rein wie nach einem Regen, der allen Staub weggespült hat.« Er sah zu ihr empor und hielt sich an ihr fest, als habe sie ihn vor dem Ertrinken gerettet.
    Sie streichelte sein blondgefärbtes Haar und lächelte ihn an. »Du bist also der Triade Hong Bai Juan Fa! Einer, den man überall sucht. Der Schutzgeldkassierer. Die Grassandale. Bi Xian, wir müssen fliehen!«
    »Wohin? Ich kann für immer verschwinden … aber du brauchst für jeden Staat ein Visum! Und ein Visum bekommst du nicht, weil du nur drei Monate zu Besuch bist. Wir müssen sehen, daß wir illegal in ein anderes Land kommen, wo uns keiner sucht und findet.«
    »Dann sind wir das, was ihr vogelfrei nennt.«
    »So kann es werden.«
    »Und ich kann nie mehr nach China zurück …«
    »Das könntest du nicht ertragen, nicht wahr?«
    »Ich kann alles ertragen – weil ich dich liebe.« Sie kuschelte sich in seine Jacke. Der Himmel glühte im Licht der untergehenden Sonne.
    »Ich lasse dich nie wieder los, Liyun. Nie mehr. Es gibt kein Leben mehr ohne dich.«
    »Leben, mein Liebster, will erobert sein. Das hast du vorhin selbst gesagt. Und das allein ist jetzt wichtig: Wie leben wir weiter? Wie können wir die nächsten Wochen überstehen?« Sie sprach jetzt ganz nüchtern und emotionslos, so als spräche sie über Zahlen. »Wo hast du die Kamera von Min Ju?«
    »In der Jackentasche.«
    Sie nahm das Etui und die Kuverts mit den drei Filmen heraus und warf sie auf das Polster der Gartenliege. »Du wirst für Min die Fotos machen«, sagte sie bestimmt.
    »Das bedeutet, Menschen in den Tod zu treiben.«
    »Du gibst die Fotos nicht ab.«
    »Unmöglich. Min wird sie reklamieren.«
    »Ich werde mitgehen. Ich werde mit dir in den China-Lokalen sitzen, und wenn wirklich die Russen kommen und du sie fotografierst, werden wir von den

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