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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem Empfangschef, der Rathenow Paß und Empfehlungsbrief zurückgab.
    »Sie haben Zimmer 412, Sir«, sagte er dabei. »Eine Suite. Ist es recht so?«
    »Ich lasse mich überraschen.«
    Liyun ging zwei Schritte zurück und hielt Rathenow die Schlüssel und den Hotelpaß hin. »Möchten Sie gleich auf Ihr Zimmer – oder gehen wir zuerst in die Café-Halle?«
    »Bestimmen Sie, Liyun.«
    »Sie sind der Gast, dessen Wünsche ich erfüllen soll.«
    »Gut! Dann trinken wir erst einen Kaffee und essen ein großes, großes Eis mit viel Schlagsahne. Mögen Sie Eis?«
    »Sehr gerne.«
    Sie gingen durch die weite Halle bis zu dem überdachten Lichthof, wo Tische und gemütliche Sesselgruppen standen und eine rund gebaute Bar, die nicht nur Kaffee, sondern auch alle anderen Getränke ausgab. Eine Kellnerin im traditionell engen, geschlitzten, hellblauen Kleid kam an den Tisch, als sich Liyun und Rathenow gesetzt hatten.
    »Bestellen Sie«, sagte Rathenow. »Das ist sicherer. Ich erinnere mich da an eine Witzzeichnung, die ich mal in einer Illustrierten gesehen habe: Da sitzt ein Ehepaar in einem vornehmen Restaurant, und der Ober serviert auf einem Silbertablett einen Schuh. Und die Gattin sagt: ›Und du willst wirklich perfekt Französisch sprechen?‹«
    Liyun lachte hell auf … es war ein Lachen, das Rathenow tief im Innern berührte. Er sah sie an, wie sie im Sessel saß, sich zurücklehnte, den Kopf zurückwarf. Beim Zurücklehnen spannte sich die dünne weiße Bluse – sie war sicherlich aus feinster Seide –, und er dachte mit prüfendem Blick: Sie hat kleine, runde, feste Brüste – ist das ein Wunder bei dieser Jugend?
    Sein Blick wanderte weiter, über ihren Leib, den weiten Rock, der die Schenkel nur ahnen ließ, den Rocksaum, der etwas hochgerutscht war beim Sitzen und die Beine bis zu den Knien freigab. Gerade Beine mit schlanken Waden und zierlichen Fesseln und einem schmalen kleinen Fuß in flachem Riemchenschuh aus einem gelben Ledergeflecht. Die Haut schimmerte in einem hellen Cremeton, als sei sie nur wenig der Sonne ausgesetzt. Sie schien wenig Gelegenheit zu haben, sich zu sonnen. Oder, fragte er sich, galt bei ihr noch das uralte chinesische Schönheitsideal: Eine schöne Frau muß blaß sein. Undenkbar … sie ist ein moderner Mensch. Sie hat ein selbstbewußtes, selbstsicheres Auftreten. Für sie gilt nicht mehr, was Jahrtausende in China galt: Du bist eine Frau und damit ein Mensch ohne Rechte. Du hast zu gehorchen. Ein Mensch der niedrigsten Klasse. Nur ein Junge ist ein vollständiger Mensch, er zeugt die Kinder, du darfst sie nur austragen. Nein, dachte Rathenow, Liyun gehört zur neuen Generation nach Mao, der Generation, in der die Frauen endlich ihren eigenen Wert erkennen.
    Und wieder ärgerte sich Rathenow über sich selbst. Sieh Liyun an und freue dich über ihren Anblick! Statt dessen wälzest du in Gedanken wieder ethische Probleme. Bist du bereits so verknöchert, Dr. Hans Rathenow? Sieh doch, sieh … sie lacht noch immer, und sie ist so schön.
    Plötzlich brach Liyuns Lachen ab. Sie beugte sich wieder nach vorn. Nur in ihren Augen spiegelte sich noch die Fröhlichkeit.
    »Darf ich Ihnen jetzt den Plan zeigen, Herr Rathenow?« fragte sie.
    »Ich bin seit drei Wochen gespannt darauf, wohin ich darf.«
    »Es ist ein schönes Programm, aber sehr anstrengend.«
    »Ich bin kein gichtiger Greis, Liyun.«
    »Nein, das sind Sie nicht. Aber von Dali bis zum Lugu-See bei den Mosuo sind es mindestens vier Tage durch eine ganz wilde Gegend. Felsenstraßen, staubige Wege, in den Bergen versteckte arme Dörfer …«
    »Damit habe ich gerechnet. Ich habe in Deutschland die Karten genau studiert, ich weiß, was mich erwartet. Und darauf freue ich mich!«
    »Hier ist der Plan.« Liyun streckte ihm die Plastikhülle hin. Er nahm sie, holte die Bogen aus der Hülle und blätterte in den Papieren. Liyun beobachtete ihn schweigend: seine Mimik, seine Augen, seinen Mund. Ab und zu wölbte er die Unterlippe vor … jetzt ist er unzufrieden, dachte sie. An seiner Nase bildet sich eine Falte. Was ärgert ihn so? Es ist der beste Plan, den wir je gemacht haben, ausgearbeitet von der CITS-Zentrale in Beijing. Cai Qiang hätte nie gewagt, so einen Plan von sich aus zusammenzustellen. Es ist die erste Reise, die zu den Yi und Mosuo führt. Dort ist bis heute noch kein Europäer gewesen, bis auf einige kleine Forschungsteams der Japaner und Amerikaner. Aber die wurden von Gelehrten aus Beijing begleitet, nicht von

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