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Der Schwarze Mandarin

Der Schwarze Mandarin

Titel: Der Schwarze Mandarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geborgen.«
    »Ich kann auch anders tanzen«, sagte er, aber er tat genau das Gegenteil und zog sie noch enger an sich. »Ich kann auch mit Puddingbeinen um Sie herumhüpfen.«
    Sie lachte laut, bog sich in seinen Armen nach hinten, und er spürte wieder ihre Brüste und ihren Leib. »Puddingbeine! Herrlich! Das muß ich mir merken. Zhi tanzt immer nur mit Puddingbeinen.« Sie hörte nicht auf zu lachen, auch als die Musik endete und Rathenow sie zurück zum Tisch führte. Zhi grinste ihnen entgegen, ohne zu wissen, warum sie so hemmungslos lachte.
    Von da an wechselten sie sich ab. Einmal Zhi, einmal Rathenow, mal Tango, mal Boogie, Cha-cha-cha, zweimal sogar so etwas wie ein Walzer, aber was die Band daraus machte, beleidigte Rathenows Ohren und sein Musikgefühl. Es blieb nicht aus, daß Rathenow ins Schwitzen geriet, während man Zhi nichts anmerkte. Er wirkte frisch, als habe er sich gerade für den Abend umgekleidet. Ich möchte deine Jugend aus dir rausreißen, dachte Rathenow. Ja, ich gebe es zu, mir tun die Füße weh, von Tanz zu Tanz werde ich unsicherer, vorhin habe ich Liyun dreimal auf die Zehen getreten, und gleich bin ich wieder dran und muß so tun, als sei ich begeistert. Dabei schwimme ich unter dem Anzug förmlich weg. Es ist erstaunlich, daß mir der Schweiß noch nicht in die Schuhe gelaufen ist.
    Er blickte auf seine Uhr und hatte guten Grund, die Tortur abzubrechen.
    »Wißt ihr, wie spät es ist?« fragte er, als Liyun und Zhi von der Tanzfläche zurückkamen. Sie kamen eng untergefaßt, was Rathenow bestärkte, den Abend zu beenden.
    »Wir kennen keine Uhr!« rief Liyun ausgelassen. »Heute haben wir frei.«
    »Heute ist bereits gestern. Es ist ein Uhr! Der neue Tag hat begonnen. Uns steht die Fahrt nach Lijiang bevor.«
    »Noch einen Tanz – mit Ihnen – zum Abschluß. Es war ein wunderschöner Abend.« Liyuns Mandelaugen bettelten. Es war unmöglich, ihr die Bitte abzuschlagen.
    Die Band setzte wieder ein, Liyun zog Rathenow an der Hand zur Tanzfläche und schmiegte sich an ihn. Ein Slowfox, der Tanz für Verliebte. Liyun lag in seinen Armen, hatte die Augen geschlossen, die Lippen leicht geöffnet, und ihr mädchenhaftes Gesicht schien wie aus Porzellan.
    Plötzlich, in dem Augenblick, als Rathenow sich wünschte, diese Lippen, diese Lider, diese Nase küssen zu dürfen, öffnete sie die Augen und fragte:
    »Wie finden Sie Zhi?«
    Welch grausame Ernüchterung.
    »Was soll ich Ihnen sagen?« antwortete er gepreßt.
    »Welchen Eindruck macht er auf Sie?«
    »Ist das so wichtig?«
    »Für mich ist es wichtig.«
    »Er ist ein netter, sportlicher, gutaussehender Bursche mit Manieren und Toleranz. Er wird seinen Weg machen.«
    »Und weiter?«
    »Was weiter? Das ist alles.«
    »Nur Lob, nichts Negatives?«
    »Dazu kenne ich ihn zuwenig. Das müssen Sie besser wissen. Der erste Eindruck jedenfalls ist positiv.«
    »Danke. Es war sehr interessant.«
    »Was?«
    »Ihre Ansichten. Ihre Beurteilung.«
    »Was ist daran so interessant?«
    »Für mich – vieles.« Sie löste sich aus seiner Umarmung und achtete bei den letzten Takten deutlich auf Distanz. Als sie zurückgingen zum Tisch, hakte sie sich nicht wieder bei ihm ein. »Gehen wir!« sagte sie, als sich Shen Zhi erhob. »Ich bin müde.«
    Es klang nüchtern und geradezu geschäftlich. Ende der Vorstellung. Vergessen Sie Ihre Garderobe nicht. Gute Nacht!
    Sie verließen die Bar, gingen hinaus in den Vorhof, und Zhi reichte Rathenow die Hand.
    »Es war ein schöner Abend«, sagte er wieder auf englisch. »Ich freue mich wirklich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Wir sehen uns wieder, wenn Sie aus dem Norden zurückkommen?«
    »Vielleicht.«
    »Gute Nacht!«
    »Gute Nacht!«
    Liyun reichte Rathenow die Hand, und er nahm sie ganz vorsichtig und hielt sie fest.
    »Schlafen Sie gut«, sagte sie mit der unpersönlichen Stimme einer Reiseleiterin, wenn sie ihre Gruppe verabschiedet. »Morgen, nein, heute um acht Uhr Frühstück.«
    »Ich werde pünktlich sein. Auch Ihnen, Liyun, eine gute Nacht.« Erst nach einigen Augenblicken ließ er ihre Hand los.
    Zhi ging über den Platz und schloß einen kleinen japanischen Wagen auf. Als Journalist gehörte er zu den Bevorzugten, die ein Auto zugeteilt bekommen. Er öffnete die Tür und wartete. Langsam kam Liyun auf ihn zu und stieg ein.
    Sie fährt mit ihm, durchfuhr es Rathenow. In diesem Augenblick war er wie gelähmt. Sie hat ein Zimmer im Hotel, aber sie steigt in seinen Wagen. Sie fährt mit ihm in

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