Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe
sehen, was da neben Ihnen geschehen ist.«
Sie traten auf den Gang hinaus und öffneten die Koje Mr. Potsherds. Dieser lag in einem Scherbenhaufen (fünftes Bild). Er war so unvorsichtig gewesen, seine Glasproben nicht auf den Fußboden zu stellen, sondern aufzuhängen, und infolge der beschriebenen Schiffsbewegung war alles herabgefallen. Nun saß er in den Trümmern und jammerte: »Mein Name, mein unglücklicher Name! Potsherd! Es ist wirklich alles in Scherben gegangen!«
»Potsherd?« fragte der Bankier. »Etwa der Besitzer einer Glasfabrik, welcher einen Compagnon sucht?«
»Ja,« antwortete der Gefragte, indem er aufstand.
»Ich habe Ihre Annonce gelesen und mich nach Ihren Verhältnissen erkundigt; sie genügen mir. Ihr Name ist gut und die unsrigen zwei auch. Mr. Lucky ist im Fallen glücklich gewesen, und ich, der ich Kneel heiße, habe ihn im Knieen kennen gelernt. Das Geklirr Ihrer Scherben hat mich zu Ihnen geführt, und wir werden ja
Zeit finden, über das Geschäft zu sprechen. Oder nicht? Ich bin nämlich der Mann, zu welchem Mr. Lucky nach Charleston wollte. Wunderbar, dies Zusammentreffen, nicht?«
»Well!« nickte Mr. Potsherd, indem er im ganzen Gesichte lachte. »So will ich die Scherben nicht betrauern. Die Seekrankheit ist wirklich der reine Spaß, wie Sie gesagt haben, Mr. Lucky.
Zum erstenmal an Bord.
Fühlte ich, daß ich überhaupt noch einen Magen habe, schlüge ich vor, wir wecken den Steward und stechen einige Flaschen Rheinwein aus.«
Der Schlangenmensch
Verrenkungsstudie von Hobbelfrank 1
Da sitzt er! Seht ihn euch mal erst an! Und setzt euch dann mal grad ooch so nieder! Könnt ihr das? Nee? Ich ooch nich. Ich hab’s versucht, jedoch die Nähte platzten. Bei so was muß die konschtitutionierliche Angeborenheet vorhanden sein, und durch immerwährende mesopotamische Uebung ausgebildet werden.
Der Schlangenmensch. Erstes Bild.
Ich habe mit diesem Master in eenem und demselben Coupé gesessen. Wie schtieg der Kerl doch nur gleich ein! Meine Frisur schträubte sich vor Entsetzen dem Firmamente entgegen! Denkt euch mal: »Einschteigen!« schreit der Schaffner. »Es hat schon
trois fois
geläutet!« Da kommt een Herr gerannt, schtellt sich verkehrt offs Trittbrett, so, daß er mir den Rücken zukehrt, bückt sich, schteckt erst die Arme und dann den Kopp zwischen die Beene, schiebt die Achseln nach, schraubt sich, so wie man Wäsche wringt, mir gegenüber hin, schlenkert den eenen Schtiefel herunter, den Schtrumpf dazu, nimmt mit den Zehen den Hut ab, verbeugt sich vor mir und sagt: »Habe die Ehre, bin der jüngste von den Brothers Diavolo. Freue mich, mit Ihnen fahren zu können!« – »Nee,« rufe ich aus, »ich fahre nich mit solchen Teufeln. Ich schteige oogenblicklich wieder aus!« Ich wollte fort, in een andres Coupé mit anthropologisch normalen Passagieren; aber da ging’s »Puff, puff, puff!« der Zug lief fort, und ließ mich in der Patsche sitzen. Na, so een Morgen-, Mittag-und ooch Abenteuer! Denn nun ging’s los!
Der Schaffner kommt ans Fenster und will die Billets kontracoupieren. Da sagt Diavolo: »Kann leider kein Billet anfassen,« und zeigt ihm die beeden Hände hin. »Der arme Teufel!« dachte ich, denn seine Finger waren vollschtändig
pêle-mêle
verwachsen, grad so in der Weise, wie man’s hier in Bild 2 bedauern kann. Er schteht also off, bückt sich nieder, schiebt den Kopp wieder zwischen die Beene durch, hält dieselben mit den Armen fest, so wie es in Bild 3 zu sehen is, fährt mit dem Koppe unter die Rockschöße, holt mit dem Munde das Billet aus der hinteren Tasche, richtet sich wieder off, setzt sich nach Bild 4 off seinen Eckplatz nieder und sagt zum Schaffner: »Bitte, greifen Sie zu!«
Na, machte der aber Oogen! Er war ganz verplex, und erscht nach wohl fünf Minuten kehrte ihm die permanente Geistesgegenwart retour. Dann faßte er sich und meente: »Ach, Sie sind Schlangenmensch!« Durch diesen Ausdruck orientabilierte ich mich und befahl ihm in höflicher Weise: »Bitte, Herr Personenkondukteur, schtecken Sie diesen Herrn ins Schlangenmenschencoupé!« – »Haben wir nicht,« lachte er und verschwand, indem er mich mit dem Diavolo in gefährlichster Alleenigkeet sitzen ließ.
Dieser saß noch immer nach Bild 4 mir gegenüber. »Ihr Name, mein Herr?« fragte er mich. – »Hobbelfrank,« antwortete ich. Da ließ er in freudiger Ueberraschung die Beene sinken und rief aus: »Hobbelfrank? aus dem ›Guten Kameraden‹?
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