Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe
außerordentlich waffengewandte Männer sind. Hieran schließen sich friedliche Tänze, welche von Gesängen begleitet sind. Unter den Somal gibt es viele Dichter, selbstverständlich Naturdichter, und unzählige Lieder. Der Reim ist eintönig, da er meist durch ein ä gebildet wird; deutlich ist die Allitteration zu hören.
In den Zwischenpausen laufen die Männer, Frauen, besonders aber die Kinder herum, um – zu betteln. Der Somali leistet in diesem Fache so Großes, daß sein Land von dem Araber Belad wa issi, »Land gib mir etwas« genannt wird. Ein kleines, kaum dreijähriges Baby, welches mich bereits kennt, kommt herangewatschelt, tippst mit dem Finger an meine Tasche und sagt im schönsten deutsch: »heraus, heraus!« Ich gebe ihm einen Apfel. Kaum befindet sich derselbe in den kleinen Händchen, so greift der Vater zu, entreißt dem Baby die Frucht, steckt sie zwischen sein eigenes glänzendes Gebiß und fragt mich kauend und nach seinem Munde deutend: »Was, was?« Ich antworte: »Apfel.« Sofort streckt die ganze Rotte Korah, Dathan und Abiram die Hände nach mir aus, und All-Ostafrika schreit: »Apfel, Apfel, Apfel!« In zwei Augenblicken ist mein Vorrat verschwunden, und ich gebe Pflaumen. Man will aber partout Aepfel und wirft die Pflaumen weg, welche im Nu von den herbeistürzenden Straußen verschlungen werden. Neben mir steht ein hoher Offizier. Eine Somalifrau klopft ihm vertraulich auf das goldene Achselstück und ruft: »Ziiii-charrr, Ziiii-charrr!« Er blickt mich ratlos an, und ich erkläre ihm, daß sie eine Cigarre will. Er zieht sein Etui hervor; sie aber nimmt es ihm schnell aus der Hand, macht es leer, gibt es ihm ehrlich zurück und langt die sechs Stück Havana den hinter ihr stehenden Männern zu. »Ziiii-charrr, Ziiii-charrr!« schreit nun alles, was Odem hat. Zehn, zwanzig und noch mehr Zuschauer erfüllen diesen Wunsch, und nun raucht ganz Somaliland, daß man kaum mit dem Stocke durch den Qualm zu schlagen vermag. Das Baby kommt wieder, streckt mir das Händchen hin und sagt: »Geld, Geld!« Ich gebe ihm einen Pfennig. Es wirft ihn weg und schreit: »Wenig, wenig!« ich gebe einen Groschen; es sieht ihn an, hält die andre Hand auch hin und sagt: »Gut, gut, mehr!« Kaum hat es den zweiten Groschen erhalten, so stiebt die ganze Karawane auseinander, um »Geld, Geld!« schreiend, sich unter die Zuschauer zu verteilen.
Das Straußenreiten bei den Somals.
Der Segen fließt, bis der Unternehmer ein Einsehen hat und die bettelnden Krieger durch einen Pfiff zur Produktion der Glanznummer, dem Straußenreiten, zusammenruft.
Die Vögel kennen dieses Signal. Sie rennen ängstlich hin und her, und es kostet keine geringe Anstrengung, sie in eine Ecke zu treiben und dort einzuschließen. Einige von ihnen brechen doch durch; die andern werden bestiegen, und zwar in der Weise, daß ein Mann den Vogel beim Schnabel ergreift und den Kopf niederzieht, ein zweiter ihn beim Vorderleibe hält und der dritte sich schnell auf den Rücken schwingt und sich an den Flügelknochen festhält. Sofort geht der Vogel mit ihm durch und jagt unter dem brausenden Gelächter des Publikums pfeilschnell durch die Bahn. Es ist selbstverständlich, daß es dabei die possierlichsten Sprünge und Stellungen gibt; aber die gewandten Reiter lassen sich nicht abwerfen und verlassen ihre geflügelten Rosse erst dann, wenn dieselben sich in ihr Schicksal ergeben zeigen. Unser Bild veranschaulicht diesen Ritt auf treffliche Weise. Hoffentlich haben viele gute Kameraden noch Gelegenheit, denselben auch in Wirklichkeit zu sehen.
Zum erstenmal an Bord
Mr. Potsherd stampfte gegen den Wind dem Strande zu. Er war seit kurzem Besitzer der hiesigen Glasfabrik geworden, trug in jeder Hand eine wohlgefüllte Tasche, und ihm folgte sein Comptoirdiener mit einem schweren Koffer, Regenschirm und sonstigen Reiseutensilien. Von links her kam Mr. Lucky geschritten. Er war ein junger Handelsbeflissener, und sein Gepäck bestand einzig nur in dem Ueberrocke, der an seinem Arme hing.
»Ah, Mr. Lucky!« rief der erstere. »Wohin?«
»Zur See, nach Charleston.«
»Ich auch.« Er deutet auf Koffer und Taschen und fügt hinzu: »Auf Reisende ist kein Verlaß; will meine Proben mal selbst vorzeigen.
Well,
reisen wir zusammen. Waren Sie schon einmal zur See? Ich noch nicht. Bin neugierig auf die Seekrankheit.«
»
Pshaw!
Ist Dummheit! War schon zweimal in New York. Seekrankheit ist Einbildung – der reine Spaß!«
Am Strande
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