Der Schwarze Orden
Schublade auf und nahm das Foto von Tina Langley heraus. »Auf dem Rückweg vom Flughafen möchte ich außerdem Beck einen Besuch abstatten. Er hat sein Hauptquartier im Züricher Polizeipräsidium eingerichtet. Los, fahren wir.«
Am Flughafen kam Paula als erste durch die Sperre. Butler und Nield folgten ihr auf dem Fuß. Sie warf sich Tweed in die Arme, und Tweed drückte sie fest an sich.
»Froh, wieder zurück zu sein?« fragte er, als er sie zu Newmans Wagen begleitete.
»Allerdings.« Sie nahm zwischen Tweed und Nield auf dem Rücksitz Platz. Butler machte es sich, mit seinem Rucksack im Schoß, auf dem Beifahrersitz neben Newman bequem.
»Der Stützpunkt des Schwarzen Ordens«, begann Paula, sobald der Wagen losfuhr, »ist in der Slowakei. Die genaue Lage habe ich auf der Karte eingetragen.«
»So weit im Osten«, bemerkte Tweed nachdenklich. »Obwohl, ja, das paßt eigentlich sehr gut ins Bild.«
Dann begann Paula in allen Einzelheiten zu schildern, was passiert war, seit sie sich mit Ashley Wingfield getroffen hatte. Zu Tweeds Erleichterung klang sie sehr frisch und munter. Anschließend erzählte Nield kurz von ihrem Erlebnis mit dem Bagger.
Im Polizeipräsidium angekommen, wurde Paula von Beck mit einer herzlichen Umarmung begrüßt. Er hatte schon immer eine Schwäche für Paula gehabt. Dann legte Tweed das Foto von Tina Langley auf den Schreibtisch.
»Könnten Sie davon umgehend mindestens fünfzig Abzüge anfertigen lassen?«
»Ja«, antwortete Beck. »Warum?«
»Ich möchte, daß sie an die Polizeidienststellen aller größeren Schweizer Städte geschickt werden – insbesondere nach Genf. Wir müssen sie vor dieser Dame – falls das der richtige Ausdruck ist – warnen. Sonst bringt sie noch jemanden um. Wie sie es mit Norbert Engel getan hat. Sie hat versucht, Christopher Kane in Genf zu erschießen, aber er hat ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht.«
»Christopher Kane? Der Experte für biologische Kampfstoffe? Ist es das, worauf wir uns gefaßt machen müssen?«
»Ja.«
»Ich muß die entsprechenden Heeresstellen informieren – sie haben die technischen Möglichkeiten, ihre Truppen gegen einen solchen Angriff zu schützen.«
»Das täte ich an Ihrer Stelle auch. Sie können sich sicher denken, welches Land hinter der ganzen Sache steckt. Ich nehme an, es war China, das diese nahöstliche Macht mit diesen modernen Technologien beliefert hat – sozusagen, um schon mal den Weg zu ebnen.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Die Chinesen tönen viel zu laut, daß sie Amerika unterwerfen wollen. Ich glaube, damit wollen sie nur vor ihrem tatsächlichen Ziel ablenken. Von Europa.«
»Wir leben in schwierigen Zeiten«, sagte Beck, als er sie zur Tür begleitete.
»Und im Westen ist nur wenigen bewußt, welche Gefahr uns droht. Aber im alten Rom war es genauso – wie Arnos Lodge in seiner Rede ganz richtig angedeutet hat. Die Römer hätten es sich damals nicht träumen lassen, daß die Barbaren aus dem Osten kommen würden.«
Auf dem Weg zurück zum Auto sagte Paula lange nichts. Tweed dachte, sie wäre müde. Weit gefehlt.
»Wissen Sie, was ich täte, wenn ich der Führer des Ordens wäre?« fragte sie unvermittelt.
»Was?«
»Alle meine Leute nach Zürich holen. Die nächsten Opfer sind alle hier.«
»Kane sagte, er wolle von Genf nach Zürich kommen.« »Sehen Sie.«
»Ich wollte Sie noch fragen, ob Sie wirklich sicher sind, daß Tina Langley die Frau ist, die Sie nach Norbert Engels Ermordung in der Kärntnerstraße gesehen haben.«
»Absolut sicher.«
Der erste, dem sie begegneten, als sie das Baur au Lac betraten, war Christopher Kane.
Er trug einen leichten grauen Anzug und ein rosa Hemd und schien sich zu freuen, Paula zu sehen.
»Es ist immer wieder von neuem ein Vergnügen, dieser reizenden jungen Dame zu begegnen. Sie ist schön, charmant – und hochintelligent. Eine äußerst seltene Kombination.«
»Jetzt übertreiben Sie aber«, erwiderte Paula schmunzelnd.
Er küßte sie auf beide Wangen und faßte sie mit seinen kräftigen Händen an den Schultern. Dann überreichte er ihr einen Blumenstrauß, den er auf einem Tisch in der Nähe abgelegt hatte.
»Vielen Dank, Chris. Aber womit habe ich das verdient?«
»Nur eine kleine Anerkennung für eine ebenso tapfere wie findige Frau.«
»Ich könnte mir vorstellen«, schaltete sich Tweed an dieser Stelle ein, »daß diese tapfere Frau auf ihr Zimmer gehen möchte, um sich etwas frisch zu machen. Ich bin sicher,
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