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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Heiligen Geist gekümmert. So nannte sie ihn inzwischen: ihren Heiligen Geist. Zu Anfang ihrer Arbeit hätte sie ihn gerne als Cupido, als Liebesgott, dargestellt - immerhin hatte Maria ihren Sohn Jesus durch den Heiligen Geist empfangen -, aber das wäre zu gewagt gewesen, und im Übrigen bevorzugte der Heilige Geist überhaupt keine körperliche Gestalt, außer die einer Taube, was es schwierig machte, ihn darzustellen. Also hatte sie ihm eine Farbe zugeordnet: Grün. Dieser Grüne Geist trat in ihren Fenstern in mannigfaltiger Form auf, mal als Licht, mal als Nebel, als Wasser, Feuer oder Schatten. Er wirkte unsichtbar, im Hintergrund. Wenn Gottvater der autoritäre, auch rächende Gott, und Gottsohn der milde Friedensgott war, so war der Heilige Geist der Gott der Erkenntnis, des Wissens und Verstehens. Mit den vielfältigen Erscheinungsformen, die sie ihm gab, drückte sie aus, dass Erkenntnis nicht immer Gutes zur Folge hatte, dass sie, im Gegenteil, manchmal besser nicht erlangt worden wäre und dass so manches Wissen einen langen, düsteren Schatten warf - und zwar einen Schatten in die Zukunft. Nicht umsonst war eine der Gaben des Heiligen Geistes an ausgewählte Menschen
die Fähigkeit zur Prophezeiung. Je länger Antonia sich mit ihm befasste, desto unheimlicher wurde er ihr.
    Insgesamt jedoch mochte sie den Grünen Geist, den Geist der Hoffnung, der in ihren Fenstern vorherrschte und die Kirche Santo Spirito bald in ein Licht tauchen würde, wie man es in einigen sagenumwobenen Grotten an der Mittelmeerküste fand.
    »Hier bist du.«
    Der Ruf hallte wider.
    Von hier oben betrachtet und im Licht von nur einer Fackel und ein wenig Dämmerlicht bekam Milos Gesicht etwas Fremdes. Fast hätte sie ihn nicht erkannt. Doch natürlich bildete sie sich das nur ein. Ein ganzer Tag schwerer Arbeit, ein Tag voll mit Scherben und Farben, rüttelte an ihren Sinnen, und dazu kam, dass Milo für sie seit heute ein anderer war, nicht länger der Liebhaber.
    »Ich komme runter«, rief sie.
    »Lass nur. Ich komme rauf.«
    Mit geschwinden, geschickten Bewegungen kletterte er Stockwerk um Stockwerk des Gerüsts näher zu ihr. Zweimal hatte sie Angst, er würde stürzen, so übermütig balancierte er auf den Brettern entlang.
    Als er oben auf ihrem Stockwerk war, dem höchsten, breitete er seine Arme aus, wie er es immer getan hatte, um sie zu umschließen.
    Sie ließ es zu. Wäre es nicht albern gewesen, jede Liebkosung zu verbieten, kindisch, ihn zurückzustoßen und sich ihm zu entziehen?
    »Ich muss mit dir reden«, sagte sie, als er sie an sich drückte. Seine Finger fuhren durch ihr Haar. Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn.
    »Ich weiß«, sagte er.
    »Du weißt es? Nein, du weißt es nicht. Ich …«

    »Wir haben nie darüber gesprochen, belassen wir es dabei.«
    »Du hast recht. Wir haben nie über die Liebe gesprochen. Aber einmal müssen wir es tun.«
    »Wenn sie nicht mehr da ist - wieso dann darüber sprechen? Lohnt das denn?«
    »Ich sehe, du weißt tatsächlich, was ich dir sagen wollte.«
    Er löste seine Umarmung und wandte sich ab. Eine plötzliche Schwere überkam ihn, eine Melancholie, die ihr fremd an ihm war und sie beunruhigte.
    »Was ist denn, Milo?« Sie berührte ihn. »Bis gestern habe ich selbst nicht geglaubt, dass er und ich - dass wir …«
    Er fuhr herum. »Aber gehofft hast du es.«
    »Nicht, wenn ich mit dir zusammen war.«
    »Und wenn du es nicht warst? Ach, ich will es nicht wis - sen. Über eine verwelkte Liebe zu sprechen ist mir zu traurig.«
    »Gut, lassen wir es. Freunde, Milo?« Diese Trennung ging ihr fast ein bisschen zu leicht und schnell vonstatten; sie hatte kaum ein paar Sätze lang gedauert. Doch der allerkleinste Teil jeder Form war der Schnitt. Ob Papier, Stoff, Glas, ob Liebe - der Schnitt war eine dünne, feine Linie mitten durch eine breite Fläche, und keine Trennung war je der Beziehung gerecht geworden.
    Er sah sie an, kam näher. »Ich verlasse Rom für immer. Nein, keine Sorge, mit dir hat es nichts zu tun. Ich wäre so oder so gegangen, und du wärst auch nicht mit mir gekommen, wenn ich dich vor einer Woche gefragt hätte. Oder gestern, als wir uns da unten liebten. Als wir uns kennenlernten, als wir uns zum ersten Mal liebten - erinnerst du dich? -, da sagte ich dir danach, dass es Dinge gibt, die du nicht weißt und von denen ich nicht wollte, dass du sie je erfährst. Dinge, die mich heute dazu zwingen, zu gehen.«
    Sie hatte eine Ahnung, wovon er redete.

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