Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
Magister entgegnete nichts. Scheinbar gefasst, setzte er sich an seinen Schreibtisch, ergriff eine Weinkaraffe und füllte mit ruhiger Hand zwei Becher. Einen davon schob er Sandro hin, den anderen drehte er spielerisch in seinen Fingern, ohne ihn an die Lippen zu führen. Ein kurzer Seufzer und ein beinahe unmerkliches Schulterzucken von ihm vermittelten Sandro den Eindruck großer Gleichgültigkeit, die vielleicht ausdrückte, dass er sich sicher war, dass Sandro die Vorwürfe nicht würde beweisen können.
    Als er bemerkte, dass Sandro den Wein nicht anrührte, schmunzelte er und trank einen großen Schluck. Und als Sandro noch immer verharrte, fragte er verwundert: »Wie denn, trinkt Ihr nicht mit Mördern?«
    »Ihr gebt es also zu?«
    Duré lachte. Es war das Lachen einer dunklen, aber nicht unangenehmen Stimme, das Lachen eines Mannes, der gerade ein köstliches Mahl genossen hatte und nun eine Stunde mit seiner Familie verbrachte. Er trank, schenkte sich nach, und zwischendurch flackerte das Lachen wieder auf.
    »So setzt Euch doch wenigstens«, sagte Duré. »Oder wähnt Ihr den Stuhl ebenfalls vergiftet?«

    Sandro setzte sich und nahm den Becher in die Hand. »Ihr wollt nicht gestehen, sondern wollt überführt werden?«
    »Ich bitte darum.« Duré lachte erneut. »Ich bin schon sehr gespannt, wie Ihr etwas beweisen wollt, das nicht zutrifft.«
    Sandro ließ sich von der Selbstsicherheit des Magisters nicht irritieren. Er wusste, was er wusste, und er legte es dar:
    Magister Duré war, was die Verschwörung de Sotos betraf, lange Zeit so ahnungslos gewesen wie Loyola, Sandro, Königsteiner, Birnbaum und überhaupt der größte Teil der Menschheit. Außer de Soto selbst waren nur Miguel Rodrigues, sein Onkel Simon und ein paar von dessen engsten Vertrauten in den Plan eingeweiht gewesen, sehr viel später kamen noch Johannes, João und Julius hinzu. Zu Anfang äußerst nützlich, weil er die Verbindung zu Simon nach Portugal herstellte, erwies sich Miguel Rodrigues zunehmend als Problem, denn wie sein Onkel entwickelte auch er Zweifel an der Lauterkeit des Unterfangens. Einst glühender Bewunderer des großen Rhetorikers und Diplomaten Luis de Soto, traten vermehrt Zweifel auf und trieben Miguel in einen Zwiespalt. Auf der einen Seite waren da sein ehrfürchtiger Respekt für seinen Mentor Luis, seine Loyalität gegenüber seinem Onkel und im Übrigen auch seine eigene Vorliebe für das theatralische Brimborium der portugiesischen Jesuiten. Auf der anderen Seite war sein Gewissen. Er spürte, dass er dabei half, etwas Falsches zu tun, sah jedoch keinen Ausweg. Die Folge: Fieberschübe, die von Magister Duré behandelt wurden, und dabei entstand bei Duré ein erster Verdacht. Miguel Rodrigues redete nämlich im Fieber - am heutigen Morgen ebenso wie vermutlich auch bei jenem Fieber vor zwei Wochen, von dem Duré bei seiner Vernehmung berichtet hatte.
    »Was hat er denn schon gesagt?«, rief Duré. »Wirres Zeug, das allerlei und gar nichts bedeuten kann.«
    »Ich stimme Euch zu. Und doch, er sprach von tausend
Lichtern - das heißt, von Fackelumzügen -, einem brennenden Rücken - das heißt von Selbstgeißelungen - und von allerlei mehr, das zu den Gerüchten passte, die über die Provinz Coimbra im Umlauf waren und die auch den Ehrwürdigen beunruhigten, wie ich dem Brief entnahm, den er vor einigen Tagen geschrieben hat. Ihr habt ihn mir selbst gezeigt. Nimmt man noch andere Worte des ›wirren Zeugs‹ hinzu, das Bruder Rodrigues redete - beispielsweise die Worte Abspaltung, Judas, Ungehorsam, Onkel, Bruder Luis und so weiter -, machte Euch das neugierig genug, um den jungen Rodrigues und Luis de Soto im Auge zu behalten.«
    Magister Duré war daraufhin im Grunde genommen genauso vorgegangen wie Sandro: Er hatte, so gut es ihm möglich war, die beiden Verdächtigen beschattet und hatte auf diese Weise die konspirative Wohnung in der Via Pace entdeckt. Die von Luis angemietete Wohnung diente als Depot für Depeschen, denn ein offizieller und allzu reger Briefwechsel wäre früher oder später aufgefallen. Simon Rodrigues, der Provinzial von Coimbra, schickte seine Vertrauten als Kuriere nach Rom; sie brachten seine Depeschen in die Via Pace und nahmen die Depeschen von Luis und Miguel mit. Gelesene Briefe wurden verbrannt. Doch zwischen der Hinterlegung der Depeschen in der Wohnung und dem Erscheinen von Luis oder Miguel konnten oft mehrere Stunden liegen, bisweilen ein ganzer Tag, und so hatte Magister

Weitere Kostenlose Bücher