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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Innsbrucker Armenhaus zurück, und genau das geschieht nun.«
    »Ich bin nämlich nicht dumm.«
    »Wenn man es nicht ist, muss man das nicht betonen.«
    »Dafür sind Betonungen doch da - dass man sie benutzt.«
    »Was ich meine, ist, dass Ihr Taten sprechen lassen solltet, wenn Ihr …«
    Königsteiner und Birnbaum hatten über den Kopf von Rodrigues hinweg gestritten, der nun plötzlich aufstand und sich die Ohren zuhielt. Forli hoffte schon auf eine unterhaltsame Einlage wie einen Wutausbruch oder eine derbe Beschimpfung, aber Rodrigues stand einfach nur herum. Als er die Hände von den Ohren nahm, zitterten sie leicht.
    »Vielleicht«, sagte Carissimi, »hätte ich Euch nicht zur Tafel bitten sollen, Bruder Rodrigues. Der Tod Eures Mentors geht Euch selbstverständlich besonders nahe.«
    »Euch dafür umso weniger«, erwiderte Rodrigues heftig. »Ihr trauert nicht, und Ihr schämt Euch noch nicht einmal, das zu verhehlen. Bruder de Sotos Tod ist Euch doch völlig egal, nein, schlimmer, Ihr veranstaltet ein Freudenfest.«
    Carissimis Miene verdüsterte sich. »Ich versichere Euch,
Bruder Rodrigues, dass ich mich niemals über den Tod eines Menschen freue.«
    »Und wie sonst nennt Ihr diese makabere Feier? Leichenschmaus?«
    Carissimi erhob sich langsam. Er sah einen nach dem anderen an, sein Blick blieb kurz auf Forli und Angelo haften, und dann sagte er: »Nein, ich nenne es eine Henkersmahlzeit. Für einen in dieser Runde wird es jedenfalls eine sein, aber wer weiß, vielleicht auch für zwei. In weniger als einer Stunde werde ich bei jemandem an die Tür klopfen …«
     
    Sandro klopfte, und der Mörder öffnete ihm. Die Luft war unerträglich stickig und heiß, es schien sich ein Gewitter anzukündigen.
    Sandro warf einen Blick durch das geöffnete Fenster. Die Vögel waren verstummt.
    »Es ist kein Vergnügen, Mörder zu überführen«, sagte er. »Hauptmann Forli glaubt, ich hätte meinen Spaß damit, aber das hieße auch, auf Umwegen Freude an den Ermordeten zu haben. Ich mache meine Arbeit, und ich mache sie mir erträglich, das ist alles. Haben Leichenbestatter und Priester Spaß an den Toten, die sie begraben? Haben Ärzte Spaß an den Kranken oder Köche Spaß an geschlachteten Hammeln?«
    Er drehte sich herum. Der Mörder stand noch immer in der Nähe der Tür, die er für Sandro geöffnet hatte.
    »Bitte schließt die Tür«, sagte er. »Flucht wäre aussichtslos. Hauptmann Forli, mein Assistent Angelo, die Stadtwache - alle stehen bereit, um Euch abzuführen.«
    »Ich habe nicht vor, zu fliehen. Ich bin unschuldig.« Sandro lächelte müde. »Ich hoffte, mir Erklärungen sparen zu können. Ihr wisst es, ich weiß es.«
    »Unsinn.« Der Mörder erfüllte dennoch Sandros Bitte und
schloss die Tür. »Mir wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als mir Eure Geschichte anzuhören.«
    »Ihr werdet Euch nicht langweilen, versprochen. Die Geschichte beginnt mit einer Verschwörung. Luis de Soto hat sie initiiert. Er war stets ein Liebhaber von Konspirationen, aber diese war etwas ganz Besonderes, denn sie sollte ihn zu einem der bedeutendsten Geistlichen unserer Zeit machen. Ich gebe zu, das hört sich übertrieben an, ist es aber nicht.«
    Sandro setzte sich und schlug die Beine übereinander, wobei sein Blick wieder einmal auf die völlig verdreckte Soutane fiel, die in den letzten Tagen einiges mitgemacht hatte.
    »De Soto muss schon vor Monaten gespürt haben, dass der ehrwürdige Pater General ihn für die höheren Weihen ungeeignet fand. Sein lädiertes Ego schrie nach einem Plan. Was, wenn es ihm gelänge, den Orden zu spalten? In der so wichtigen Provinz Portugal, die alle überseeischen Provinzen der Jesuiten unter ihrer Kontrolle hat, liefen die Dinge seit einiger Zeit nicht mehr zur Zufriedenheit Loyolas, weil der dortige Provinzial, Loyolas alter Weggefährte Simon Rodrigues, eine Schwäche für zweifelhafte spirituelle Veranstaltungen entwickelt hatte: Fackelumzüge bei Nacht, öffentliche Selbstgeißelungen, ekstatische Gebete und dergleichen. Die portugiesische Provinz entfremdete sich den Prinzipien Loyolas, gleichzeitig sah sie sich den ständigen Ermahnungen des Ehrwürdigen ausgesetzt. Das ist genau das richtige Terrain für einen Überredungsakrobaten wie Luis de Soto, und nicht von ungefähr holte er sich ausgerechnet den Neffen von Simon Rodrigues in seine unmittelbare Nähe und damit in seinen Einflussbereich.«
    Sandro erhob sich, kam dem Mörder nahe.
    »Ein Briefwechsel begann.

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