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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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nieder, um den Fischerring zu küssen.
    Doch Julius zog seine Hand weg. Schon dieses kurze Gespräch mit dem Mörder machte ihm zu schaffen. Er wollte so wenig wie möglich mit ihm zu tun haben.
    Himmel, war das alles verworren! Sandro liebte eine Frau, die mit einem Mörder schlief, und weder Sandro noch Antonia ahnten, wie gefährlich dieser Mann war. Bühnenreif. Aber keine Komödie.
    Liebte der Mörder Antonia? Wie weit würde er gehen, wenn Antonia sich für Sandro entscheiden würde?
    Julius verabschiedete sich rasch, und während er die Kirche verließ, überlegte er, was zu tun sei.

8
    Gisbert von Donaustauf war ein Jüngling mit blonden, schulterlangen Haaren, einem kaum sichtbaren Bartflaum und gepflegten Händen. Die Ähnlichkeit mit seinem älteren Bruder war erkennbar, drängte sich jedoch nicht auf. Gisberts Gesicht hatte eine gesündere Farbe und war nicht so abgehärmt, aber auch ihm war jene beinahe überhebliche Selbstsicherheit eigen, die Sandro auch schon bei Johannes aufgefallen war. Bei Johannes hatte sich der Dünkel auf das Bewusstsein seiner »Auserwähltheit« bezogen; er war über die Maßen stolz darauf gewesen, fromm zu sein und eines Tages im Auftrag seiner Erleuchtung Chinesen zu Christen zu machen. Wenn man Gisbert dabei zusah, wie er sich mit den Händen durch die Haare fuhr, wurde offensichtlich, dass sein Dünkel sich auf etwas anderes gründete.
    Gisbert glich ihm - dieser Gedanke kam Sandro ganz plötzlich. Gisbert glich dem achtzehn-, zwanzigjährigen Sandro, dem verwöhnten und ein wenig eitlen römischen Kaufmannssohn, der Sandro vor dem Eintritt in den Orden gewesen war. Damals hatte er sich fast unentwegt mit dem Erobern von Frauen seines Standes beschäftigt, denn in seiner Eitelkeit war er darauf aus gewesen, sich unentwegt in Nichtigkeiten zu beweisen. Traf dasselbe auf Gisbert zu? Eine skurrile Parallele zumindest gab es: Sandro hatte damals seinen Halbbruder aus Eifersucht niedergestochen, und Gisbert gehörte zum Kreis der Verdächtigen an der Ermordung seines Bruders.
    »Unsere Eltern sind tot«, sagte Gisbert mit leiser Stimme. »Ich hatte wenig mit Johannes gemeinsam, aber er war der letzte Blutsverwandte, den ich noch hatte. Ich trauere nicht um einen geliebten Bruder, ich trauere um meinen einzigen Bruder. Jetzt bin ich ganz allein.«

    Dieses so offenherzig anmutende Bekenntnis hatte Gisbert mit leerer, erschütterter Miene gemacht, sitzend, mit nach vorn gebeugtem Oberkörper und die Unterarme auf den Oberschenkeln ruhend. Es fehlte nur noch der Zügel, und er hätte einen übermüdeten Kutscher abgegeben.
    »Ich weiß so gut wie nichts über Euren Bruder«, sagte Sandro. »Was ist das für eine Familie, die Donaustaufs?«
    Gisbert machte eine gleichgültige Geste. »Vor allem eine reiche Familie. Wir hatten ein Jahrhundert lang die Konzession, Zölle von den Flussschiffern zu erheben, die in Regensburg anlegen wollten. Vor siebzehn Jahren, etwa zurzeit meiner Geburt, wurde uns die Konzession entzogen, weil wir angeblich zu viel in die eigene Tasche wirtschafteten. Warum sage ich ›angeblich‹? Es war so. Mein Vater hat uns gegenüber damit angegeben, so wie sein Vater ihm gegenüber damit angegeben hat, und dessen Vater und so weiter. Hätte mein Vater die Konzession nicht verloren, wer weiß, dann würde heute ich es vielleicht sein, der genötigt wäre, zu betrügen und damit anzugeben.«
    »Wieso Ihr? Johannes war der Ältere. Wird das Geschäft nicht immer an den ältesten Sohn weitergegeben?«
    »Meistens. Aber mein Vater konnte Johannes nicht leiden, weil er, bis er zehn Jahre alt war, gestottert hat. Überhaupt war er ein schüchterner Junge, während ich … Was soll ich’s lange erklären?« Gisberts Tonfall wurde leicht ungeduldig. »Ich entsprach dem Bild, das mein Vater sich von einem Sohn machte. Ist das wichtig?«
    »Wenn ich danach frage, wird es schon seinen Grund haben«, entgegnete Sandro knapp.
    Gisbert lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Johannes hat mir nie vorgeworfen, dass ich der Bevorzugte war, und weil es keine Konzession mehr gab, gab es auch kein Geschäft zu vererben. Wir stritten also nicht darüber.«

    »Und worüber habt Ihr gestritten?«
    Gisbert von Donaustauf warf Sandro einen kurzen Blick zu, bevor er zu Boden starrte, als liege dort die Antwort. »Über gar nichts. Johannes war sehr genügsam.«
    »Ihr meint, er räumte schnell das Feld, wenn ein Schlagabtausch mit Euch drohte.« Sandro ließ

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