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Der Schwarze Papst

Titel: Der Schwarze Papst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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hinführen? Jahrelang arbeitete ich an dieser Idee des Germanicums, wo auch immer ich mich befand. Mein Orden schickte mich in die Neue Welt, ich ging mit Freuden dorthin und lehrte die Eingeborenen, und doch verlor ich
nie meine Idee aus den Augen. Man schickte mich nach Indien, wieder ging ich mit Freuden, und doch …«
    »Ich denke, ich habe es verstanden.«
    »Als man mich an dieses neue Collegium berief, dankte ich Gott für seine Gnade. Voller Hoffnungen kam ich hier an, und die Aussicht, womöglich das Collegium zu leiten, erfüllt mich mit demütiger Dankbarkeit, auch wenn die Umstände alles andere als vollkommen sind. Wenn ich von Umständen spreche, meine ich das Lehrpersonal. Bruder Birnbaum: ein gutmütiges, aber bejammernswert einfältiges Gemüt. Er verkümmert vor Heimweh und trauert unentwegt dem Innsbrucker Armenhaus nach. Bruder Rodrigues: für praktische Arbeit fast nicht zu gebrauchen. Man bringt den jungen Jesuiten dort unten nichts Brauchbares bei. Ich habe es die beiden Male, als ich mich in Coimbra nach Übersee einschiffte, selbst gesehen: nächtliche Fackelumzüge, auf Knien um Reliquien herumrutschen, Messen bei Mondlicht, Exorzismus und so ein Zeug. Schließlich Bruder de Soto: oh, ein fähiger Kopf, ein begnadeter Redner, ein begabter Diplomat. Ihn sollte man nach China schicken. Aber an einer Schule wie dieser, die die Phalanx der Gegenreformation ausbildet, ist er völlig fehl am Platz.«
    Das war ja alles recht interessant, dachte Forli. Trotzdem hatte er den Eindruck, schon wieder vom Thema abgekommen zu sein.
    »Ihr wart enttäuscht über das Verhalten von Johannes und habt ihn deshalb zusammengestaucht.«
    »Nun, Ihr drückt es zwar …«
    »… schlicht und oberflächlich aus, ich weiß, ich weiß.«
    »Wie wahr.«
    »Trifft es dennoch zu?«
    »Ich war tatsächlich enttäuscht und aufgebracht.«
    »Redet Ihr immer Latein, wenn Ihr aufgebracht seid?«
    »Johannes hat damit angefangen, und zwar kaum, dass ich
ihn zur Rede stellte. Entweder wollte er mir vorführen, wie klug er ist, und sich sozusagen auf eine Ebene mit mir stellen - er war überheblich genug, das anzunehmen -, oder er wollte nicht, dass sein Bruder verstand, worum es bei dem Streit ging. Denn vermutlich ist das einzige lateinische Wort, das Gisbert kennt, Vagina.«
    Forli, der sich ein paar Notizen gemacht hatte, blickte auf, allerdings nicht wegen des lateinischen Wortes, dessen Bedeutung ihm fremd war, sondern wegen der Tatsache, dass Carissimi ihm gesagt hatte, Birnbaum habe den auf Lateinisch ausgetragenen Streit mit angehört, ohne verstanden zu haben, worum er sich drehte. Von Gisbert war bisher nicht die Rede gewesen.
    »Wieso sein Bruder?«, fragte Forli.
    »Merkwürdige Frage, Hauptmann. Wer sonst könnte Euch von dem Streit erzählt haben? Johannes ist tot, und ich habe mit niemandem darüber gesprochen. Als ich in die Kapelle kam, saßen Johannes und Gisbert auf der kleinen Bank, die wir für gebrechliche Besucher unserer Gottesdienste dort aufgestellt haben. Gisbert war die ganze Zeit während des Streits dabei. Sonst befand sich meines Wissens keiner in der Kapelle.« Königsteiner neigte den Kopf zur Seite. »Oder wisst Ihr etwas, das ich nicht weiß?«
    »Jede Menge«, antwortete Forli und rief damit jenes empörte Schnauben hervor, das Königsteiner schon zu Anfang des Gesprächs an den Tag gelegt hatte. Die kurzzeitig aufgelockerte Stimmung bewölkte sich wieder.
    Königsteiner, sich mit den Händen flach auf den Tisch aufstützend, erhob sich und blickte Forli finster an. »Ich werde Euch etwas erklären, Hauptmann, da Ihr offensichtlich zu beschränkt seid, von selbst darauf zu kommen. Mag sein, dass Johannes vergiftet wurde. Mag sein, dass Ihr ein medizinisches Buch gefunden habt, in dem eine Seite fehlt. Und es stimmt, dass ich Medizin unterrichte und mit Johannes gestritten habe.
Aber ich, Hauptmann, hatte nicht den geringsten Grund, einen Schüler umzubringen, wäre er auch noch so widerspenstig gewesen. Das Collegium Germanicum, das mir sehr am Herzen liegt, könnte diesem Skandal zum Opfer fallen. Je schneller Ihr den wahren Täter findet, umso besser. Stattdessen verdächtigt Ihr mich , der wie kein anderer unter den Folgen dieser Tat leiden könnte. So etwas ist wirklich des Holzkopfes würdig, den Ihr auf den Schultern tragt.«
    Forli erhob sich nun ebenfalls, nur dass er sich mit den Fäusten statt mit den Handflächen auf dem Tisch abstützte.
    Königsteiner gab ein verächtliches

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