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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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Auge, Granville. Der Mann war eine wandelnde Gefahr. Wer weiß, was er imSuff alles im ›Mitternacht‹ ausgeplaudert hat? Wir hätten ihn gar nicht erst mitmachen lassen sollen.«
    »Aber er war einer von uns! Er war ein Gentleman!«
    De Quincy verzog das Gesicht.
    »Ich dachte, die jüngsten Ereignisse hätten dir bewiesen, dass es die Gentlemen nicht mehr gibt! Es bleiben nur noch du und ich, Granville.«
    »Aber wenn sie Edwin umbringen können, wer sagt uns denn, dass sie nicht auch uns umbringen können?«
    Der Erpresser schnaubte.
    »Ich würde mir jetzt keine Sorgen machen. Wir wissen nicht genau, was Rafferty zugestoßen ist. Vielleicht ist er ja über seine eigenen Schnürsenkel gestolpert und hat sich den Kopf angeschlagen. Selbst wenn es einer der Ripper war, was soll’s? Das war lediglich eine Warnung, mehr nicht. Rafferty war nur ein Bauernopfer.«
    Humphrey senkte den Blick.
    »Ich denke, dasselbe hättest du gesagt, wenn ich derjenige gewesen wäre, den sie ermordet hätten.«
    »Komm schon, Granville«, entgegnete de Quincy und klopfte ihm mit seiner knochigen Hand auf die Schulter. »Ich hab’s dir doch gesagt. Es sind nur noch wir beide übrig. Wir müssen zusammenhalten. Sieh mal, der Plan läuft genau so, wie er soll. Wir haben Kontakt zu beiden verbleibenden Ripper-Kindern aufgenommen – unserem alten Freund Bruder Flink und Marianne. Sie sind sich jetzt beide vollkommen der Tatsache bewusst, dass wir ihre wahre Identität kennen und dass wir diese Information gerne jederzeit an denMeistbietenden verhökern werden. Also lass uns mal sehen, wie hoch wir den Preis treiben können.«
    »Glaubst du, sie werden bezahlen?«
    De Quincy unterdrückte einen Fluch.
    »Granville, wir bieten ihnen den Schlüssel zum Thron des Ripper. Keine Blutnachfolge, keine Gefahr, einen qualvollen Tod zu sterben. Alles, was sie tun müssen, ist, den anderen in einer dunklen Ecke von Darkside abzumurksen und darauf zu warten, dass der gute alte Thomas den Löffel abgibt. Sie werden bezahlen, verstanden? Behalte um Himmels willen die Nerven. In einer Woche ist alles vorbei und du wirst einer der reichsten Männer in Darkside sein.«
    Er erhob sich und setzte seinen Zylinder auf.
    »Es wird Zeit, diesen erbärmlichen Schuppen zu verlassen. Kommst du mit?«
    Humphrey schüttelte entschieden den Kopf.
    »Nach dem, was mit Edwin passiert ist? Auf gar keinen Fall. Darkside ist im Moment zu gefährlich. Ich gehe nicht zurück, ehe dieses Geschäft unter Dach und Fach ist.«
    »Wie du willst.« De Quincy sah sich angewidert um. »Was mich betrifft, so kann ich nicht verstehen, wie du deine Zeit in Lightside verbringen kannst.«
    »Oh, du müsstest es nur mal probieren«, erwiderte Humphrey mit glänzenden Augen. »Es gibt hier so viel zu entdecken. Überall wo ich hingehe, an jeder Straße, die ich entlanglaufe, sehe ich diese wundervollen Restaurants, deren Speisekarten voll sind mit Gerichten, von denen wir nicht einmal was gehört haben. Weißtdu, was ein Curry ist, Nicholas? Oder Hähnchen-Teriyaki?«
    De Quincy schüttelte den Kopf.
    »Jeder Bissen ist eine Offenbarung. Selbst wenn ich jeden Tag essen gehen würde, bräuchte ich Jahre, um in allen Restaurants zu speisen, die es hier gibt.«
    Humphrey lehnte sich in seinem Stuhl zurück und lächelte verträumt. Da er sich nicht zutraute, etwas Höfliches sagen zu können, nickte de Quincy steif und ging zur Tür hinaus. Als sie sah, dass die Luft rein war, kehrte die Kellnerin zum Tisch zurück und räumte die Teller ab.
    »Darf’s noch was sein?«, fragte sie.
    Humphrey sah auf seine Taschenuhr und blickte anschließend auf die Tafel mit der Speisekarte. Er hatte schließlich nichts wirklich Wichtiges an diesem Tag vor.
    »Ich nehme das Gleiche noch mal. Aber diesmal bitte mit Pilzen.«
    Als die Kellnerin dienstbeflissen zum Tresen zurücklief, faltete er die alte Ausgabe des Kuriers auseinander und las nochmals die Titelseite.

7
    Sie kämpften die gesamte Nacht hindurch bis zum Morgengrauen gegen die Flammenhölle. Die Darksider bildeten reihenweise Menschenketten und reichten Eimer mit Wasser durch. Als das Feuer sich aus dem »Mitternacht« ausbreitete und auf den Rest des Gebäudes übergriff, schien die Lage aussichtslos. Die Männer mussten schreien, um sich über das Getöse hinweg zu verständigen. Flammen tanzten am Himmel über der Hauptstraße.
    Schließlich gewannen die Darksider allmählich die Oberhand. Sie schlossen Schläuche an die Hydranten an und

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