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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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Schlüssel noch bei dir?«
    Arthur nickte und überreichte Jonathan voller Eifer den Schlüssel. Er passte in das Schloss und ließ sich erstaunlich leicht drehen. Innen lag ein großes gebundenes Buch. Als er es öffnete, stellte Jonathan zu seiner Überraschung fest, dass auf jeder Seite grobe Skizzen von Menschen und Gebäuden aus Darkside gezeichnet waren.
    »Sieht so aus, als hätte sich Edwin als Künstler betätigt«, brummte er.
    Er legte das Skizzenbuch auf das Bett und untersuchte den Tresor nochmals. Seine Finger ertasteten an der Rückwand schließlich einen Umschlag. Vor langer Zeit geöffnet, enthielt er einen Brief, der auf inzwischen vergilbtem Papier niedergeschrieben war:
    21. 1. JdF 106
Bruder Furchtlos,
ich bedarf verzweifelt deiner Hilfe. Ich wurde in eine grässliche Intrige verwickelt, die mich sehr wohl das Leben kosten könnte. In der Stunde der Not gebe ich mich der Gnade der Gentlemen hin, in der Hoffnung, dass sie mir ihre Unterstützung gewähren mögen. Komm morgen zur gewohnten Zeit in den Club.
Bruder Flink
    »Das könnte alles mögliche bedeuten«, murmelte Jonathan. »Was sollen diese Zahlen oben in der Ecke?«
    »Das Datum«, antwortete Carnegie. »Einundzwanzigster Januar, Jahr der Finsternis einhundertsechs.«
    Arthur lächelte grimmig.
    »Wundert mich nicht, dass Correlli uns bedroht. Das war drei Tage, bevor James Ripper ermordet wurde, und so wie es sich anhört, war Edwin in die Sache verwickelt.«

8
    Eine gottlose Stille hatte sich über die Ländereien von Vendetta Heights gelegt. Alles Leben war geflohen: Kein Tier streunte oder schnüffelte durch das Unterholz, kein Vogel kreiste über den Gebäuden. Der einsetzende Winter hatte die Farbe aus den Bäumen vertrieben, nur die Hecken des Labyrinths in der Mitte des Gartens hatten es geschafft, sich an ihre dunklen Blätter zu klammern. Die kahlen Äste griffen gequält nach dem grauen Himmel.
    Auf der Terrasse untersuchten Arbeiter die zertrümmerten Reste des Glashauses. Unter dem Eindruck der unnatürlichen Stille schlichen sie um die zerbrochenen Glasscheiben herum und flüsterten sich nervös ins Ohr. Der jüngste von ihnen konnte kaum die Ruhe bewahren und drehte beim geringsten Geräusch ängstlich den Kopf.
    Auf der Veranda des Haupthauses war eine provisorische Laube errichtet worden, von der aus zwei Gestalten die Männer bei der Arbeit beobachteten. Eine von ihnen war eine junge Frau mit leuchtend rotem Haar, die aufmerksam neben einem Korbsessel stand. In dem Sessel saß ein bleicher blonder Mann, auf dessen Knienein Gehstock ruhte. In seinen Augen loderte blanker Hass. Vendetta, Bankier, Vampir und der reichste Mann von Darkside. Er sprach mit heiserer Stimme.
    »Hilf mir auf die Sprünge, Raquella, warum hast du dich entschlossen, diese Trottel zu beauftragen?«
    Eine unangenehme Pause entstand, als das Dienstmädchen ihre Antwort überdachte.
    »Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, Sir. Es ist meist nicht leicht, Arbeiter zu finden.«
    »Ich bin mir sicher, dass du ihnen genügend von meinem Geld geboten hast, um ihnen die Sache schmackhaft zu machen.«
    »Die meisten Leute wollten nicht einmal mit mir sprechen – egal, wie viel ich ihnen geboten habe.«
    Der Vampir rutschte unruhig in seinem Stuhl hin und her.
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass diese Stümper das Beste waren, was du kriegen konntest.«
    »Ich habe mir alle Mühe gegeben, Sir«, entgegnete sie unnachgiebig.
    Zähnefletschend packte Vendetta Raquella am Genick und zog ihren Kopf so weit herunter, dass ihre Blicke sich auf gleicher Höhe trafen.
    »Das ist alles deine Schuld. Die Arbeiter … das Glashaus … Ich hätte dich schon vor langer Zeit ersäufen sollen. Ich weiß, was du getan hast. Ich weiß, dass du dem Starling-Jungen geholfen hast. Du hast mich hintergangen und nun sieh mich an. Sieh mich an!«
    Raquella zwang sich, seinem Blick standzuhalten. Die Haut des Vampirs, die schon immer bleich gewesenwar, war nun leichenblass, und seine Wangen waren eingefallen. Sie erinnerte sich an die Nacht, als sie ihn fand, wie er sich die Stufen zu Vendetta Heights hinaufzog und das Blut aus seiner Wunde quoll. Im Kampf mit Jonathan war er mit seinem eigenen Messer verletzt worden. Die meisten Klingen hätten ihm kaum einen Kratzer zugefügt, aber Vendettas Dolch war mit einer seltenen Substanz ummantelt, die verhinderte, dass seine Opfer ihm durch ihr Blut Krankheiten übertrugen. Die Überdosis dieser Substanz in seinem Blut hatte ihm Todesqualen

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