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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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zielten mit den Wasserstrahlen auf das Herz des Feuers. Wie ein verwundetes Tier stürzten sich die Flammen auf die Holzbalken und schlugen nach jedem, der so leichtsinnig war, ihnen zu nahe zu kommen. Als die blasse Sonne am Himmel aufging, waren die letzten Flammen erstickt.
    Dennoch kam für das »Mitternacht« jede Hilfe zu spät. Die Kneipe war nur noch eine schwarze Hülle, aus deren Innerem Rauchringe quollen. Niemand würde je wieder in der Lage sein, die Stufen hinabzusteigen und sich in seiner vollkommenen Finsternis vorder Welt zu verstecken. Eine Gruppe Stammkunden schlich um das Haus herum, in der verzweifelten Hoffnung, dass es wie durch ein Wunder in wenigen Minuten wieder öffnen würde.
    Auf dem Bürgersteig auf der anderen Straßenseite zuckte Jonathan zusammen, als eine weitere Schmerzwelle seinen Kopf erfasste. Er fühlte sich fürchterlich. Zweimal innerhalb weniger Stunden k.o. zu gehen, tat ihm überhaupt nicht gut. Er rieb sich die Beule an seinem Kopf und ließ seinen Blick über die Hauptstraße schweifen, auf der das Leben allmählich wieder zur Normalität zurückfand.
    »Es überrascht mich, dass sie sich überhaupt die Mühe gemacht haben, das Feuer zu löschen«, stöhnte er.
    »Selbsterhaltungstrieb, Junge.«
    Carnegies Kleidung war versengt und sein Gesicht war schwarz vor Ruß. Er saß neben Jonathan auf dem Boden, der massige Körper von Arthur Blake ruhte zwischen ihnen. Er hielt inne, als ein Husten seine Lungen erschütterte, und fuhr anschließend fort.
    »Wenn das ›Mitternacht‹ abbrennt, könnten andere Gebäude folgen – und ehe du dich versiehst, ist die ganze Hauptstraße abgebrannt und mein Haus auch. Feuer ist jedermanns Feind.«
    »Trotzdem bin ich überrascht.«
    »Wir Darksider mögen ja ein übler Haufen sein, aber wir sind nicht blöd.«
    Mit einem lang gezogenen Stöhnen richtete Arthur sich auf. Ein hässlicher blauer Fleck breitete sich auf seiner Schläfe aus.
    »Was ist passiert?«, fragte er erschöpft.
    »Wir sind von einem Mann namens Correlli angegriffen worden«, erwiderte Carnegie. »Er ist ein Auftragskiller. Ich bin in der Vergangenheit oft mit ihm aneinandergeraten. Das ist einer der härtesten Typen der Schattenwelt. Mit dem sollte man sich nicht anlegen. Er hat den Laden in Brand gesteckt und ist abgehauen. Es ist mir gelungen, dich und den Jungen herauszuholen, bevor alles niedergebrannt ist. Ich wäre bei der Aktion wohlgemerkt fast gegrillt worden.«
    »Was wollte er?«
    »Nur seine Standarddrohung – ›halt dich raus, oder …‹. Ist mir schon hunderte Male passiert. Correlli ist nicht gerade billig. Irgendjemand möchte auf gar keinen Fall, dass wir die Sache untersuchen.«
    Jonathan runzelte die Stirn und erinnerte sich an etwas.
    »Wer ist Edwin Rafferty?«
    »Hä?«
    »Du hast ihn im ›Mitternacht‹ erwähnt.«
    Carnegie kratzte sich energisch hinter dem Ohr.
    »Ach so, ja. Ich habe einen der Barkeeper gefragt, ob ihm in den vergangenen Tagen etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist. Das Einzige, was ihm einfiel, war, dass er Rafferty nicht gesehen hatte, und offensichtlich kommt es sehr selten vor, dass der nicht im ›Mitternacht‹ ist. Also dachte ich mir, ich erwähne mal den Namen bei unserem Freund und warte auf seine Reaktion. Sieht so aus, als hätten wir einen Glückstreffer gelandet.«
    »Ich hatte zu dem Zeitpunkt nicht das Gefühl, Glück zu haben.« Jonathan rieb sich die Stirn.
    Carnegie kicherte.
    »Ein Privatdetektiv zu sein, ist eben kein Kinderspiel, wie du siehst.« Er wandte sich an Arthur. »Bedeutet Rafferty das, was ich denke?«
    Der Reporter nickte.
    »Geld. Sehr viel Geld.«

    Einige Stunden später fand sich Jonathan mit noch immer schmerzendem Kopf in einer beengten Reihenhaussiedlung in Lower Fleet wieder, in der die Anwohner die Streitereien und das Gezänk ihrer Nachbarn durch die papierdünnen Wände verfolgen konnten. Zwischen den Pflastersteinen standen Schmutzwasserpfützen. Die Luft war von beißendem Rauch erfüllt. Edwin Rafferty wohnte in einer besonders trostlosen Hütte unter einer Eisenbahnbrücke, die jedes Mal ächzte, wenn ein Zug über sie hinweg donnerte. Die Fenster waren von einer dicken Schmutzschicht bedeckt und die Tür hing schief in ihren Angeln. Selbst für Lower-Fleet-Verhältnisse wirkte dieses Haus armselig.
    »Ich verstehe das nicht. Ich dachte, du hättest gesagt, der Typ wäre reich«, bemerkte Jonathan.
    »Seine Familie ist reich«, entgegnete Arthur. »Die Raffertys sind eine

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