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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Später am Abend hinterließ sie mir eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, in der sie mir mitteilte, dass sie früher nach Darkside zurückkehren wollte. Wenn ich das Telefon gehört hätte, hätte ich sie vielleicht überreden können, auf mich zu warten. Aber ich war in deinem Zimmer und habe nach dir gesehen und sie verpasst.
    Ich hätte ihr sofort folgen sollen, nachdem ich den Anrufbeantworter abgehört hatte, aber ich tat es nicht. Schließlich hatte Theresa ihr ganzes Leben in Darkside verbracht, und ich wusste, dass sie sehr gut auf sich selbst aufpassen konnte. Ich hatte hier noch eine Menge zu erledigen, und offen gestanden war ich etwas verärgert, dass sie so plötzlich verschwunden war. Es dauerte schließlich noch ein paar Tage, bis ich zum Übergang ging. Aber … es hatte einen Unfall gegeben. Ein Gebäude war eingestürzt und hatte den Übergang unter Tonnen von Schutt begraben. Und das war’s dann.«
    »Warum bist du nicht zu einem anderen Übergang gegangen?«, platzte es aus Jonathan heraus.
    »Verstehst du nicht? Es war der einzige, den ich kannte.« Unendliche Traurigkeit legte sich auf Alains Gesicht. »Ich frage mich immer noch, wie hoch eigentlich die Wahrscheinlichkeit ist, dass so etwas passiert. Tausend zu eins? Eine Millionen zu eins? Noch niedriger? Es war, als hätte ich in einer Art Horrorlotterie gewonnen. Der Preis war, dass ich meine Frau verloren habe. Und dass ich über ein Jahrzehnt auf der Suche nach einem Weg zu ihr in diesem Zimmer eingesperrt war.«
    Jonathan fühlte sich wie benommen. Das war die längste Rede, die er je von seinem Vater gehört hatte. Selbst nach zwölf Jahren war es immer noch schmerzhaft für Alain. In seinen Augen spiegelten sich keine Tränen, nur die unendliche Leere seiner Seele. Als er über die Geschichte nachdachte, kam Jonathan ein Gedanke.
    »Aber wenn du hier gestrandet warst, wie hast du dann davon gehört, dass Mama in Darkside verschwunden ist?«
    Eine Stimme hinter Jonathan ließ ihn zusammenzucken.
    »Weil ich hierher gekommen bin, um es ihm zu sagen.«
    Miss Elwood war unbemerkt durch die Tür ins Arbeitszimmer geschlüpft.
    »
WAS
? Du bist aus Darkside?«
    Sie nickte und biss sich auf die Unterlippe. Jonathan rieb sich ungläubig das Gesicht. Jahrelang war Miss Elwooddie einzige Konstante in seinem Leben gewesen. Er war von ihr abhängig. Sie war so normal, so zuverlässig, im Gegensatz zu allem anderem in seinem Leben. Und nun stellte sich heraus, dass sie – wie jeder andere in seinem Leben auch – nicht das war, was sie zu sein schien.
    »Ich fürchte, ja. Ich bin eine Freundin deiner Mutter. Ich hatte sie kurz gesehen, als sie aus Lightside zurückkam, und ich war eine der Ersten, die erfahren hatten, dass sie verschwunden war. Ich wusste, dass jemand es Alain sagen musste, also kam ich hierher, um ihn zu suchen. Ich muss eine der letzten Personen gewesen sein, die den Übergang durchquert haben, bevor er zusammengebrochen ist.«
    »Aber du hast doch bestimmt einen anderen Weg zurück gekannt?«
    Miss Elwood schüttelte den Kopf.
    »Du verstehst das nicht Jonathan. Darksider und Lightsider vermischen sich nicht. Die meisten Menschen wandeln nicht zwischen den Welten hin und her, wie du es tust – die Belastung würde sie umbringen. An dem Tag, an dem ich hierherkam, habe ich zum ersten Mal den Rest von London gesehen. Ich habe den Übergang gewählt, den die meisten kennen – es ging schnell und war sicher. Als das Gebäude einstürzte, war Alain nicht der Einzige, der hier gestrandet war. Zum Glück hat mich das Durchqueren des Übergangs nicht so mitgenommen und ich konnte mich an Lightside anpassen. Nach kurzer Zeit war ich hier sogar glücklich, wohingegen dein Vater … nun …« Sie machte einen Schrittnach vorne und legte ihre Hand auf Alains Arm. »Du musst verstehen, dass ich genau weiß, wie gefährlich Darkside ist. Deswegen möchte ich nicht, dass du dorthin zurückgehst. Keiner von euch beiden!«
    Alain seufzte gedehnt.
    »Das Problem ist, dass Jonathan zurückgehen muss.«
    »Warum in Gottes Namen?«
    »Weil ich es nicht kann.«
    Seine Worte hingen schwer in der Luft.
    »In meiner Verfassung würde mich schon die Luft umbringen. Im Gegensatz zu dir, mein Sohn, fließt in meinen Adern kein Darkside-Blut. Es ist nicht leicht für einen Lightsider, dort zu leben. Aber du kannst das. Und wenn es wirklich eine Verbindung zwischen dem Ripper-Mord und dem Verschwinden

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