Der schwarze Schattenjaeger
…“, antworte ich meiner Tante ruhig, bevor sie mich wieder loslässt und summend in der Küche verschwindet.
Mit jemandem über Jungs reden … Das kann ich eigentlich nur mit Joshua. Und mit ihm auch nicht so richtig, da er selber einer ist.
Ein Klopfen erklingt an der Fensterscheibe links von mir und lässt mich zusammenschrecken. Wenn man vom Teufel spricht …
Joshua grinst mich breit an und läuft eilig die drei Stufen hinauf in den gläsernen Vorraum, tritt sich die Füße ab und kommt schlotternd hineingelaufen.
„Hey, Morgen“, gibt er bibbernd von sich und tippelt dabei auf der Stelle.
„Guten Morgen … Tee, Kaffee? Oder einen leckeren Kakao? Wir haben einen aus der Schweiz bekommen, der schmeckt richtig gut.“ Joshua zu sehen, hebt meine Stimmung sofort. Obwohl er friert, hat er ein Lächeln im Gesicht und kommt freudestrahlend auf mich zugelaufen, lehnt sich gegen die Theke und nickt.
„Kakao klingt super, aber zum Mitnehmen, ich bin leider echt spät dran“, japst er.
Da sind wir beide uns ähnlich. Er kommt auch ständig zu spät. Ich eile gleich in die Küche und mache ihm einen leckeren Becher Kakao fertig, während meine Tante den Teig für einige Muffins umrührt. Der Laden öffnet eigentlich immer um 8.00 Uhr, aber bei Freunden und Familie machen wir gerne eine Ausnahme.
„Gib Joshua doch noch ein paar Muffins mit, die in der Auslage liegen, der Junge ist sowieso viel zu dünn“, meint meine Tante, die mir dabei mehr als auffällig zuzwinkert. Was sie mir wohl damit sagen möchte? Grübelnd betrete ich wieder den Verkaufsraum und reiche Joshua den Kakao.
„Ich habe dir noch ein paar kleine Marshmallows reingemacht“, erkläre ich ihm, während ich vier Muffins in eine Papiertüte gebe.
„Oh, du musst doch nicht …“, flüstert Joshua.
„Tante Abby besteht drauf, du bist zu dünn“, meine ich trocken. Na ja, Joshua war schon immer schlank, aber als Hänfling würde ich ihn nicht bezeichnen.
„Okay …“, murmelt Joshua verlegen, während er sich seine dicke, schwarze Brille wieder auf die Nase schiebt.
„Danke“, ruft er dann laut und erhält ein „Bitte“ aus der Küche zurück.
„Wie lange musst du heute arbeiten?“, fragt Joshua mich, der das Angebot gleich annimmt und sich einen Muffin in den Mund schiebt. Jetzt sieht er aus wie ein Hamster, der seine Vorräte in den Wangen hortet. Ich blinzle ihm lächelnd entgegen, da er so etwas nur unbewusst tut und es wirklich lustig aussieht.
„Bis 16.00 Uhr, kommst du in deiner Pause wieder her?“ Während ich mit Joshua rede, sehe ich ihn kaum an, sondern kümmere mich um die Auslage, beschrifte ein paar Schilder neu und sortiere das Wechselgeld in der Kasse. Joshua sieht sowieso jeden Tag gleich aus. Blonde Haare, Topfschnitt, dieses dicke Brillengestell, gepaart mit einem Flanellhemd, gerne kariert, in diversen Farbvariationen und einer Weste darüber. Kaum zu glauben, dass er mit den Klamotten in einem Supermarkt an der Kasse arbeitet und nicht in einem dunklen Raum als Computernerd. Er zockt zwar gerne an seinem Laptop und kennt sich damit auch gut aus, aber als Genie würde ich ihn nicht bezeichnen. Die gibt es wohl auch nur im Film. Diese typischen Nerds, die komplett weltfremd sind und mit ihrem 400-Dollar-Laptop das Sicherheitssystem des Pentagon knacken können.
„Was gibt es da zu grinsen, he?“ Joshua beugt sich vor und neigt seinen Kopf fragend.
„Ach, nichts. Aber sag schon, bist du gegen 12.00 Uhr wieder hier?“ Es wäre wirklich hilfreich, wenn ich Joshua um mich hätte, so könnte er mich von Logan ablenken, der mir sicher wieder am Hintern klebt, als bestünde dieser aus Honig.
Joshua lässt traurig den Kopf hängen und seufzt, bevor er mir antwortet: „Du willst ja nur, dass ich hier bin, damit du jemanden zum Reden hast und Logan dich in Ruhe lässt.“
„Ähm, ja und nein. Natürlich will ich auch sonst jemanden hier zum Reden haben, aber ja, auch wegen Logan. Der ist mir heute doch tatsächlich bis in die Küche gefolgt“, flüstere ich, da ich nicht möchte, dass meine Tante dies mitbekommt und sich einmischt.
„Hat er dich angefasst?“, flüstert Joshua mit erstauntem Blick zurück.
„Nein, aber ich hab seinen Kaffee versalzen und seiner Meinung nach war das flirten meinerseits.“ Ich verziehe angewidert das Gesicht und beobachte Joshua, wie er den Kakao trinkt.
„Süß und lecker und zum Glück ohne Salz“, meint er.
„Das ist aber auch kein flirten“, zische ich
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