Der schwarze Thron - Reiter reiter3
warnen, aber sie wollte dem Ganzen auch nicht allzu viel Bedeutung beimessen. Während die Pferde über Mirwelltons schlammige Hauptstraße trotteten, die zur Festung führte, erklärte sie, dass sie und Timas in Selium Klassenkameraden gewesen seien und einander nicht gemocht hätten.
»Er und seine Kumpane machten vielen Schülern das Leben zur Hölle, vor allem den Kindern der gemeinen Bürger,
die in Selium ein Stipendium hatten. Gegenüber dem Sohn eines Lordstatthalters fühlten sie sich völlig machtlos.«
»Ist er derjenige, den du zusammengeschlagen hast?«, fragte Fergal.
»Was? Woher weißt du das?«
»Mel hat es mir erzählt.«
Kondors Hufe blieben im Schlamm stecken.
»Ach ja, natürlich. Na ja, direkt zusammengeschlagen habe ich ihn eigentlich nicht. Ich habe ihn in einem Schwertkampf besiegt. Und zwar restlos besiegt. Es war sehr befriedigend. « Sie lächelte bei der Erinnerung und fügte hastig hinzu: »Erwähne das bloß nicht, solange wir in der Festung sind. Spiel nicht einmal darauf an. Und sag auch nichts über seinen Vater.«
Fergal dachte einen Augenblick nach. »Ach ja, der Verräter. « Er fuhr mit seinem Finger quer über seine Kehle, als wolle er sich damit den Hals durchschneiden, und grinste.
»Äh, ja, der Verräter. Also jetzt, wo ich darüber nachdenke, ist es wahrscheinlich am besten, du sagst überhaupt nichts. Wenn wir Timas sehen – Lord Mirwell –, dann wäre es wahrscheinlich weise, du würdest einfach nur dastehen und aussehen wie … wie ein Reiter.«
Fergal sah sie stirnrunzelnd an, widersprach aber nicht.
Schweigend ritten sie weiter. Als sie die Zugbrücke in der Außenmauer der Festung erreicht hatten, bedeuteten ihnen die scharlachrot gekleideten Wächter, die die Insignien der königlichen Boten erkannten, ohne Weiteres hinüberzugehen. Nun waren sie wirklich in Timas’ Reich, und Karigan spürte, wie ihr Abscheu wuchs.
Sie ritten quer über den Innenhof in den Schatten des Hauptturmes. Das Gebäude war primitiv gebaut, eine schlichte Festung mit hohen Mauern und schmalen Fenstern, alles
aus Stein und völlig schmucklos. Anders als die Königsburg hatte sich die Festung von Mirwell im Lauf der Jahrhunderte kaum von ihrem ursprünglichen Entwurf entfernt. Sie war für den Krieg gebaut worden, und der Clan war seiner kriegerischen Herkunft treu geblieben. Einige Provinzen besaßen nicht einmal eine regionale Schutztruppe, aber Mirwell unterhielt ein stattliches Heer – zumindest bis zum Versuch des Lordstatthalters, König Zacharias vom Thron zu stürzen. Auf königlichen Befehl war die mirwellische Miliz zu einer Skelettversion ihrer früheren Pracht reduziert worden, und daran würde sich so lange nichts ändern, bis der neue Lordstatthalter seine Loyalität eindeutig bewiesen hatte.
Vor den Stufen, die zum Turmeingang führten, hielten sie an und stiegen ab. Ein Soldat nahm ihre Pferde, während ein anderer vom Eingang herunterkam, um sie nach ihrem Begehr zu fragen.
»Eine Botschaft für den Lordstatthalter vom König«, sagte Karigan.
»Folgt mir bitte.« Der Soldat drehte sich schneidig um und erklomm die Treppe.
Karigan zögerte und holte tief Luft. Je schneller dies vorbei war, desto besser. Es war ihre Pflicht, rief sie sich ins Gedächtnis, und ihre eigentliche Aufgabe hatte ja gar nicht in erster Linie mit der Botschaft an Timas Mirwell zu tun, sondern sie sollte Kontakt zu Beryl Spencer aufnehmen. Sie strich ihren kurzen Mantel glatt, schob die Schultern zurück und erklomm die Treppen in ihrem eigenen Rhythmus. Sie würde sich nicht mehr einschüchtern lassen wie ein Schulmädchen.
Als sie den Turm betraten, hatte sie das Gefühl, in eine Höhle einzudringen, besonders als die großen Türen hinter ihnen zuschlugen und die taghelle Welt ausschlossen. Eine
Mischung aus Fackeln und Lampen sorgte für rauchige Beleuchtung, aber die Dunkelheit lungerte in den Ecken und lastete genauso schwer wie die sie umgebenden Steinmauern. Aber das war nicht weiter schlimm, denn es gab sowieso nichts zu sehen – nur Rüstungen, die die Wände säumten. Verblasste Wandteppiche erinnerten an die ruhmvolle und blutige Geschichte des Clans, und die Schilde waren bemalt mit den Wappen der Vasallen, die der Mirwell-Clan schützte.
Der Soldat führte sie durch die Eingangshalle und ein kurzes Stück über einen Flur. Karigan schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, als der Soldat an eine Tür klopfte. Ohne zu warten, trat er ein.
»Idiot!«, schrie eine
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