Der schwarze Thron - Reiter reiter3
Stimme von drinnen. »Warte gefälligst, bis ich dir die Erlaubnis gebe.«
Der Soldat trat zurück und errötete. »Tut mir leid, mein Lord.«
»Es wird dir noch viel mehr leidtun, falls dies nicht wichtig ist.«
Der Soldat erstarrte und schluckte. »Mein Lord, Boten des Königs.«
Eine Pause, dann: »Also gut. Raus mit dir, Clara.«
Ein weibliches Kichern drang in den Flur hinaus, und kurz darauf trat ein Mädchen aus der Kammer. Sie war ein paar Jahre jünger als Karigan und schloss im Gehen ihr Mieder. Aus ihrer groben, schmucklosen Kleidung schloss Karigan, dass sie eine Dienerin war. Sie runzelte die Stirn.
»Lass sie hinein, du Trottel«, kam die barsche Stimme von drinnen.
Der Soldat sah die Reiterin mitleidig an. Mit einer Geste bedeutete er ihnen, den Raum zu betreten, und schloss dann die Tür hinter ihnen. Ein plötzlicher Panikanfall drohte Karigan
zu überwältigen, doch sie zwang sich zur Ruhe, und erst dann wurde ihr klar, dass der junge Mann vor ihnen, der gerade seine Hose zuknöpfte und seine Hemdschöße hineinstopfte, gar nicht Timas war, sondern einer seiner Schulfreunde.
»Barrett«, murmelte Karigan. Er hatte kantige Züge, war groß und hager und hatte sich einen spärlichen Bart wachsen lassen – oder zumindest hatte er es versucht. Es überraschte sie nicht, dass er mit einer Dienerin schäkerte. Gerüchten in der Schule zufolge hatte er auch damals so manches arme Mädchen in sein Bett gelockt, indem er ihr versprach, ihr ewig treu zu bleiben und ihre Familie zu unterstützen, doch letztlich hatte er nur ihren guten Ruf ruiniert und sie sitzenlassen, wenn sie schwanger wurde. Ein Gerücht behauptete sogar, er hätte einem Mädchen gesagt: »Wirf das Balg von den Klippen, wenn du willst, mir ist das egal.« Karigan glaubte diese Geschichte.
»Für Euch bin ich immer noch Lord Verwalter, Bote«, sagte er.
Verwalter? Der Gedanke, dass er eine so hohe Position bekleidete, verstörte Karigan, aber es erklärte, warum er hier in diesem elegant eingerichteten Arbeitszimmer war.
Er warf ihr einen Seitenblick zu. »Kenne ich Euch?«
»Das glaube ich kaum, mein Lord.« Karigan betete, dass er sie nicht nach ihrem Namen fragte.
»Und woher kennt Ihr mich?«
»Der Soldat.« Karigan log nicht gern, aber in diesem Augenblick überwältigte ihre Abscheu vor Barrett ihr Pflichtgefühl. Sie wollte nicht, dass er sich an sie erinnerte. Außerdem war es nur eine ganz kleine Notlüge, die niemandem schaden würde. »Der Soldat hat uns Euren Namen gesagt.«
»Ach so.« Barrett setzte sich in seinen gepolsterten Sessel,
schlug die Beine übereinander und wirkte entspannt und selbstgefällig. Er sah sie abwartend an.
»Wir haben eine Botschaft des Königs für Lord Mirwell.«
»Gebt sie mir«, sagte er.
»Es tut mir leid, mein Lord, aber die Botschaft wurde eigenhändig vom König geschrieben und ist ausschließlich für Lord Mirwells Augen bestimmt.«
Barrett richtete sich auf, sichtlich ungehalten. »Aber ich bin Lord Mirwells Augen, ich bin sein Verwalter.«
»Es ist meine Pflicht, die Botschaft …«, Karigan unterbrach sich, beinahe hätte sie »Timas« gesagt, »Lord Mirwell persönlich zu überbringen.«
»Ist sie eilig? Geht es um Leben und Tod?«
»Ich weiß nicht, worin die Botschaft besteht, aber man hat mir nicht den Eindruck vermittelt, dass sie dringend sei.« In Wirklichkeit wusste sie, dass die Botschaft nicht besonders wichtig war, denn der Zweck dieser ganzen Übung war ja, ihr die Gelegenheit zu geben, mit Beryl Kontakt aufzunehmen.
Barrett lehnte sich wieder zurück und trommelte mit den Fingern auf der Armlehne. Abschätzend sah er sie an. »Dann müsst Ihr morgen wiederkommen.«
»Was?« Karigan war ganz entgeistert. Noch nie hatte jemand sie weggeschickt, bevor die Botschaft, die Botschaft des Königs, überbracht worden war.
»Morgen«, sagte Barrett. »Ihr könnt nicht erwarten, dass Lord Mirwell kommt und geht, wie es Euch passt. Er hat viel zu tun. Er kann Euch heute nicht empfangen.«
Noch nie war sie von einem Lordstatthalter oder einem Mitglied seines Stabes so behandelt worden. »Aber …«
»Wenn die Botschaft nicht dringend ist und wenn Ihr sie nicht mir geben wollt, dann könnt Ihr es morgen noch mal versuchen.«
Karigan bemühte sich, nicht die Fassung zu verlieren. »Also schön. Guten Tag.«
»Wartet einen Augenblick«, sagte Barrett, bevor sie entfliehen konnte. »Seid Ihr sicher, dass wir uns nicht kennen?«
»Ganz sicher«, sagte
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