Der schwarze Thron - Reiter reiter3
Umgebung üblich war.
Sie rannte eine schmale Gasse an schweigenden Ladenfronten vorbei, bis sie schließlich zu einem Wegweiser kam, der unter einer Straßenlampe stand. Dieser bestätigte ihre Vermutung. Sie befand sich auf der Fischverkäuferstraße. Sie stieß einen triumphierenden Ruf aus, denn die angrenzende Straße war der Gewundene Weg – sie war tatsächlich in der Stadt Sacor. Sie musste immer noch ein ganzes Stück gehen, um die Burg zu erreichen, denn die Straße der Fischverkäufer lag im mittleren Stadtviertel. Warum, im Namen der Götter, hatte die Brücke, die sie überquert hatte, ausgerechnet in einen Abfallhaufen auf der Fischverkäuferstraße geführt?
Die Götter hatten offenbar einen ziemlich schmutzigen Humor. Im wahrsten Sinn des Wortes.
Sie seufzte und bog in den Gewundenen Weg ein. Er führte bergauf, aber in einem sanften Winkel. Ihr nasses Haar wurde allmählich steif vor Kälte. Vielleicht würde irgendeine mitleidige Seele sie in einem Wagen mitnehmen, aber angesichts des Gestanks, der von ihr ausging, und angesichts der Tageszeit bezweifelte sie, dass ihre Aussichten gut standen.
Karigan schleppte sich den ganzen Weg bergauf durch die fast verlassene Straße und nahm Abkürzungen, wo immer dies möglich war. Alles war so viel einfacher, wenn sie auf ihrem Kondor ritt. Es half auch nicht, dass all die Schmerzen und Wehwehchen wieder erwachten, die sie vor der weißen Welt gequält hatten, denn dadurch wurde ihr Gang zu einer außerordentlichen Prüfung – und wenn die glitschigen, schneebedeckten Pflastersteine unter ihren Füßen sie zu Fall brächten, wäre das erst recht keine Hilfe.
Als sie endlich die äußeren Fallgatter der Burg erreichte, hätte sie sie küssen können. Da sie jedoch über Nacht heruntergelassen waren, klopfte sie stattdessen an die Tür des einen Fallgatter-Turms. Jemand bewegte sich drinnen und öffnete das Guckloch.
»Was wollt Ihr?«, fragte eine mürrische Stimme.
»Ich bin Reiter G’ladheon«, sagte sie.
»Was? Wo ist Euer Pferd?«
»Die Geschichte ist zu lang, um sie zu erzählen«, antwortete sie.
Die Erschöpfung in ihrer Stimme hatte ihn offenbar überzeugt, denn er drang nicht weiter in sie. Stattdessen kam er mit einer Laterne heraus, um sie zu mustern.
»Stimmt«, sagte er, »ich erkenne Euch, aber Ihr seht nicht
besonders gut aus.« Dann rümpfte er die Nase. »Ihr riecht auch nicht allzu gut. «
Er rief seinen Kameraden oben im Turm etwas zu, die ihrerseits den Wachen auf der Innenseite des Tores etwas zuriefen. Sie öffneten die Fußgängertür innerhalb des Tores, ließen sie herein und versperrten die Tür hinter ihr wieder, wobei die Schlüssel an dem riesigen Schlüsselring klirrten.
»Kalte Nacht«, sagte der Wächter mit den Schlüsseln. Dann schnupperte er. »Riecht Ihr irgendetwas Verfaultes, Reiter?«
Karigan schüttelte den Kopf und hastete über die Zugbrücke und den Burggraben. Es hatte eine Zeit gegeben, in der König Zacharias beide Tore offen gehalten hatte, als symbolische Geste seinem Volk gegenüber, aber das hatte sich geändert, als im Lauf des Sommers untote Geister in die Burg eingedrungen waren. Sie glaubte nicht, dass ein geschlossenes Tor sie aufhalten konnte, aber Colin Dovekey hatte darauf bestanden, zumindest das äußere Tor während der Nacht zur Sicherheit geschlossen zu halten.
Mehrmals wurde sie auf dem Weg zum Haupteingang der Burg von Wachen angehalten. Als sie ihn erreichte und in die Burg eingelassen wurde, blieb sie ein paar Augenblicke einfach drinnen stehen. Sie war erleichtert, weil sie es geschafft hatte, so schnell wieder herzukommen, wenn auch auf ungewöhnliche Weise, war aber auch unsicher, was sie als Nächstes tun sollte. Wahrscheinlich sollte sie Hauptmann Mebstone berichten, überlegte sie. Das bedeutete, wieder hinaus in Schnee und Kälte zu gehen und sich zu den Quartieren der Offiziere zu schleppen.
Sie beschloss, sich nur eine Minute lang auszuruhen. Sie war erschöpft, und alles wirkte ein bisschen verschwommen. Sie sank auf einen Sessel in der Nähe und kümmerte sich
nicht um die Wachen, die Fratzen schnitten und sich die Nasen fächelten. Einer öffnete die Tür einen Spalt, um frische Luft hereinzulassen.
Fiebrig und durchgefroren, zitternd und schwitzend schlummerte Karigan ein, wo sie gerade saß.
Als jemand sie an der Schulter rüttelte, erwachte sie mitten in einem Schnarchen, und ein Strom von Eindrücken – der üble Gestank, ihr schmerzender Kopf,
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