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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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Familiendrama entgangen. »Ihr seht ein wenig mitgenommen aus. Sind Euch unterwegs etwa ein paar Piraten begegnet?« Er lachte. Allen Ernstes, er lachte ihn fröhlich an.
    »Was einem auf einer Wikingfahrt eben so begegnet, Patrick«, erwiderte Njal.
    Patrick? Wie der heilige Patrick, den man in ganz Irland verehrte? Das musste ein gutes Omen sein. Sogleich war Caitlín dem Lockenkopf noch stärker zugetan.
    »Der Herse will Euch sehen«, sagte Patrick und wandte sich an Thorir. »Euch ebenso, Herr.«
    Der Herse – der Herr dieser Gegend, der Kriegsfürst. Ein Clanführer, wie es auch der Herr von Carndonagh war, so hatte es Njal ihr erklärt. Ein Riese mit einer Augenklappe in Form eines Wolfskopfes. Ein Mann, der im Alleingang zwanzig Engländer und dänische Wikinger mit dem Kriegsbeil erschlagen hatte, vor langer Zeit an der Küste von Mercia. Caitlín fürchtete sich jetzt schon vor diesem Mann.
    Als Njal ihr seinen stinkenden Umhang anbot, musste sie überlegen, was schlimmer war: einen dreckigen Fetzen oder lieber gar nichts auf dem Leib zu tragen. Schließlich half ihr Patrick aus der Not, gab ihr den eigenen Umhang und bot an, das üble Stück ins Feuer zu werfen. Njal legte den Arm um sie.
    Zurück im Haus, versammelten sie sich um den riesigen Thronstuhl, auf dem eine Gestalt wie aus einer Heldensage saß. Mächtige Pranken lagen um die geschnitzten Wolfsköpfe an den Enden der Armlehnen. Eirik der Herse, Sohn des Grími, schien noch einen halben Kopf größer als seine nicht gerade klein zu nennenden Söhne zu sein, und sein Brustkorb hätte für zwei durchaus kräftige Männer gereicht. Über dem silberbeschlagenen Gürtel wölbte sich ein Bauch, der verriet, dass die Zeit der Kämpfe und der Unternehmungen der ruhmreichen Vergangenheit angehörten. Natürlich trug auch Eirik der Herse einen Thorshammer aus Silber, der reich verziert war.
    Nachdenklich strich er sich durch den mit grauen Strähnen durchzogenen rotblonden Bart. Ein eisgraues Auge musterte die Söhne, während das andere in der Tat von einem Stück schwarzen Leders bedeckt war, das an den Scherenschnitt eines Raubtierkopfes erinnerte. Flüchtig blieb sein Blick an Caitlín hängen. Fragend runzelte er die Stirn, dann galt seine Aufmerksamkeit wieder Njal, der sich nur mit Mühe auf den Beinen hielt.
    »Patrick brachte mir eben die Nachricht, dass du lebend wieder eingetroffen bist.« Seine Stimme grollte und rasselte, als habe jahrzehntelanges Brüllen von Befehlen über das tosende Meer hinweg sie geprägt. »Ich wollte ihm dafür die lästerliche Zunge herausreißen, was ich schon seit Jahren vorhabe, Odin ist mein Zeuge. Mein Vaterherz hätte es kaum ertragen, ein zweites Mal um dich zu trauern, nachdem sich herausgestellt hätte, dass Patrick eine Lüge erzählt hat. Aber es ist keine! Bei den Göttern, du stehst wirklich und wahrhaftig vor mir. Wie kann es sein? Vor elf Tagen kehrte Thorir zurück und schwor mir, du seist tot. Hinterrücks von einem klösterlichen Waffenknecht erstochen.«
    »Und so war es auch«, behauptete Thorir, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich hätte niemals für möglich gehalten, dass er überlebt. Er lag vor mir wie tot.«
    Caitlín zitterte vor ohnmächtiger Wut, während Njal die Ruhe selbst zu sein schien.
    Des Hersen Augen verengten sich. »Du hast dich darüber eher gefreut als getrauert, ist es nicht so, Thorir?«
    »Ich habe ihn untersucht und war mir sicher, dass er nicht mehr atmete.«
    Noch immer blieb Njal ruhig. Mit einer Hand stützte er sich an der Kante des Tisches ab. In Caitlín brodelte es. Weshalb widersprach er nicht? Thorir hatte auf ihn eingestochen! , wollte sie schreien. Sie öffnete den Mund. Sollte Álfdis, deren Atem sie im Nacken spürte, sie dann eigenhändig schlagen, so war es ihr gleich. Sie musste die Wahrheit sagen!
    »Und was ist mir dir, Mädchen?« Eirik Grímisson senkte den Kopf, um sie anzusehen. »Du zitterst wie eine Fjordstute, die losstürmen will.«
    »Es war …«, begann sie, aber da legte Njal rasch eine Hand auf ihre Schulter und grub warnend die Finger hinein. Natürlich – was würde ihr Leben noch wert sein, wenn sie Thorir öffentlich beschuldigte? Sie biss die Zähne zusammen und schwieg.
    »Es war vielmehr die Kälte, die mir zugesetzt hatte«, sagte er. »Die Wunde allein jedenfalls nicht. Aber dieses Mädchen hat mich gerettet. Ihr verdanke ich es, hier zu stehen.« Seine Knie gaben nach, und er zwang sich, sie durchzudrücken. »Ich will sie zur

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