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Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition)

Titel: Der schwarze Wikinger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shirley Waters
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hatte, lag erst einen Tag zurück – doch ihrem Empfinden nach war bereits ein Monat vergangen. Die Erinnerung trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht, und sie schlug die Augen nieder, als sie den Dorfplatz überquerte.
    So früh am Morgen waren gottlob noch wenige Menschen auf den Beinen, die müde auf ihre Fußspitzen blickten. Gewiss hätten sie sonst an Caitlíns Nasenspitze ablesen können, wie wild sie und Njal es getrieben hatten. Sogar jetzt noch fühlte sie sich wund an. Wie ein Berserker war er über sie gekommen, und es war nicht bei einem Mal geblieben. Wieder und wieder hatte er sie geliebt, sie geradezu unter sich begraben, als sei jedes Mal das erste und das letzte zugleich.
    Du bist das, was ich vom Leben wollte . Er hatte ihr so vieles ins Ohr geflüstert – und geschrien –, doch diese Worte hatten sich ihr eingebrannt.
    Und auch sie wollte nichts anderes als ihn. Sie fühlte sich nicht mehr lebendig, wenn er nicht bei ihr war. Hatte sie je zuvor gelebt?
    »Njal?«, wisperte sie in das geschäftige Treiben des Dorfes hinein, schüttelte dann den Kopf und schritt weiter. In der Nacht hatte sie Zeit, um zu träumen, nicht jetzt. Jetzt wollte sie ihn nur sehen, wollte wissen, ob es ihm gut ging.
    Nach dem Ausflug nach Suttung und der wundervollen Rast in der Hütte hatte er sie zum Tor gebracht und war zurück zur Schiffslände gegangen. Beide hatten sie geschwiegen. Er wusste so gut wie sie, dass ihre Abwesenheit nicht unbemerkt geblieben war. Nun, sie hatte es nicht mehr als einen wunden Hintern gekostet – einen Preis, den sie nur allzu gern bereit war zu zahlen.
    Aber was kostete es ihn?
    Wo seine Dachkammer war, wusste sie. Betreten hatte sie den Raum, den sie sich ähnlich wie den Thorirs vorstellte, noch nie. Sie stieg eine Leiter hinauf, die unters Dach führte, und klopfte. Vergebens.
    Also lief sie weiter durchs Dorf. Nicht nur die Sorge trieb sie wie eine Gefangene am Fuß der Palisade entlang. Sie war sich sicher, dass ihr jemand folgte. Ganz deutlich hörte sie Schritte, die immer dann innehielten, wenn sie stehen blieb. Allmählich wurde ihr bang ums Herz. Irgendetwas sagte ihr, dass Thorir ihr Verfolger war.
    Schließlich nahm sie allen Mut zusammen und drehte sich um. »Patrick!«
    Der Barde räusperte sich verlegen. »Ich wollte nur sichergehen, dass es Euch gut geht, Caitlín. Njal will es so.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich folge Euch schon die ganze Zeit. Auf Njals Befehl hin. Ich muss ihm stets Bericht erstatten, da Ihr ja vor ihm davonlauft.«
    »Oh.« Caitlín musste lächeln. »Das ist jetzt nicht mehr nötig, denn ich laufe nicht mehr davon. Im Gegenteil: Ich suche ihn. Meinst du, er ist schon an der Schiffslände?«
    »Habt Ihr im Reitstall nachgesehen?«
    Caitlín begriff. Rasch drückte sie Patricks Hand, raffte die Kleider und rannte zum Pferdestall. Die Tür war nur angelehnt. Caitlín schlüpfte hindurch und wartete, bis sich ihre Augen an die fahle Düsternis gewöhnt hatten. Wollte er erneut ausreiten? Da sie wusste, wo sein Pferd stand, lief sie an den Boxen entlang und hörte bald das vertraute Schnauben des schwarzen Hengstes. Doch wo war Njal?
    Der Gesuchte lag im Eck auf einer Decke, die er auf dem Stroh ausgebreitet hatte. Soeben erhob er sich, schüttelte die vom Schlaf zerzausten Haare zurück und angelte nach seinen Stiefeln.
    Ehe er es sich versah, hatte sie sich auf ihn geworfen. Überrascht brummend umschlang er sie. Er duftete nach Heu, Schlaf und einem mächtigen Krieger. Sein Kuss war erst zögernd, als müsse er noch erwachen, dann heftig und wild und dann, nachdem er gesättigt war, zärtlich.
    »Meyja« , lächelte er und hielt sie auf Abstand, um sie von oben bis unten zu betrachten. »So möchte ich wohl jeden Morgen erleben.«
    »Was tust du hier? Hast du die Nacht hier verbracht, um jetzt durchs Tor zu preschen?«
    »Man hindert mich nicht, das Tor zu passieren, und auch ein Pferd könnte ich mir überall beschaffen; hast du das vergessen?«
    Aber er würde nie ohne sie flüchten, dessen war sie sich sicher. Mit den Fingern fuhr sie durch sein Haar an den Schläfen. Sie wollte in seinem tiefblauen Blick versinken, wollte ewig hier sitzen und von ihm gehalten werden.
    »Ich schlafe hier, weil ich keinen anderen Platz mehr habe. Thorir hat meine Kammer verschlossen – kein Sklave schläft schließlich in einem weichen Bett voller Felle, das von einem im Feuer erhitzten Stein gewärmt wurde. Aber mir macht das nichts aus. Mein Pferd ist ein angenehmer

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