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Der schweigende Mund

Der schweigende Mund

Titel: Der schweigende Mund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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gerade über sie und untersuchte mit seinem Mundspiegel ihre Zahnreihen.
    Er blickte mürrisch auf, als ich frage: »Hatten Sie mich eben nicht aufgefordert, hereinzukommen?«
    Seine unruhigen, braunen Augen schienen jeden einzelnen Zug meines Gesichtes aufzusaugen.
    »Meine Assistentin hat ganz plötzlich gekündigt«, sagte er in entschuldigendem, doch recht gereiztem Ton. »Sie ließ mich gestern einfach aufsitzen. Ich versuche nun, mich heute allein zu behelfen, daher geht es hier ein wenig durcheinander. Wie ist Ihr Name und weshalb kommen Sie zu mir?«
    »Mein Name ist Lam; ich möchte einen Termin für eine Zahnbehandlung mit Ihnen vereinbaren. Wenn irgend möglich hätte ich gern, daß Sie sich den Schwerenöter vorher einmal ansehen und... «
    »Gehen Sie bitte ins Wartezimmer und gedulden Sie sich noch ein paar Minuten«, sagte er. »Die Behandlung dieser Dame ist gleich beendet.«
    Ich ging in den Warteraum zurück und ließ mich nieder.
    Nach etwa drei Minuten kam die Patientin aus dem Behandlungszimmer. Sie war eine gepflegte, junge Frau, Anfang Dreißig, an deren linker Hand ein breiter Verlobungsring und ein mit Brillanten besetzter Ehering meinen Blick einfing.
    Mit einem mitleidvollen Lächeln musterte sie mich kurz und ging schnell hinaus.
    Ich hörte das Wasser laufen, als sich Dr. Quay die Hände wusch.
    Von meinem Platz aus konnte ich durch die Scheibe im Korridor die dunklen Umrisse eines Mannes wahrnehmen, der sich offenbar erst Mut machen mußte, um die Praxis zu betreten. Vielleicht wartete er auch auf irgend etwas.
    Dr. Quay erschien nun in einem kurzärmeligen, weißen Kittel an der Tür des Wartezimmers. Seine Hände rochen stark nach einem Desinfektionsmittel.
    »Nun, junger Mann«, sagte er zu mir, »wollen wir einmal nachsehen, wo’s Ihnen weh tut.«
    Da ertönte der Summer wieder. Dr. Quay sah stirnrunzelnd nach der Tür und drückte auf einen Knopf an der Wand, woraufhin sich die Außentür öffnete.
    Das Wartezimmer betrat Carl Keetley.
    »Guten Morgen«, sagte Dr. Quay.
    Keetley wollte gerade den Gruß erwidern, da erblickte er mich. »Das ist ja Donald Lam! Wie geht es Ihnen heute morgen, Mister Lam?«
    »Nicht allzu gut«, gab ich zur Antwort.
    Keetley kam zu mir herüber und begrüßte mich. Dr. Quay stand auf der anderen Seite und wartete, um mich in das Behandlungszimmer zu führen. Dabei sah er Keetley höflich an.
    Dieser setzte ein schnippisches Lächeln auf und sagte: »Gehen Sie sanft mit ihm um, Doktor. Sie werden nicht so bald wieder einen so erstklassigen Privatdetektiv in der Zange haben:«
    Quay erstarrte.
    »Wenn Sie frei sind, Doktor, hätte auch ich Sie gern einmal gesprochen«, sagte Keetley.
    Dr. Quays Gesicht wurde im Nu ausdruckslos wie ein Stück ungebrauchtes, weißes Löschpapier. »Nehmen Sie bitte Platz. In ein paar Minuten stehe ich zu Ihrer Verfügung.«
    »Wie war doch gleich Ihr Name?« fragte er mich.
    »Donald Lam.«
    »Und Ihre Adresse?«
    Ich gab ihm eine von unseren Visitenkarten. »Cool & Lam«, sagte ich. »Wir haben ein Auskunftsbüro.«
    »Ich verstehe. Und was führt Sie zu mir?«
    »Lediglich meine Zähne.«
    »Was ist damit?«
    »Ich möchte, daß Sie sie behandeln.«
    »Kommen Sie bitte herein und nehmen Sie dort Platz.«
    Ich setzte mich in den Behandlungsstuhl. Dr. Quay legte mir ein Tuch unter das Kinn, befestigte es im Nacken mit einer Klammer, klappte die Kopfstütze etwas nach hinten, fuhr dann mit einem Mundspiegel mein ganzes Gebiß ab und begann mit der Spitze eines dünnen Metallhakens zwischen meinen Zähnen herumzustochern.
    »Wann waren Sie zuletzt in Behandlung?«
    »Ich hab’ meinen Zähnen nie viel Beachtung geschenkt.«
    »Darüber besteht kein Zweifel. Wann wurden Ihre Zähne zuletzt untersucht?«
    »Oh, das muß mindestens zwei Jahre her sein.«
    »In Zukunft sollten Sie diese alle sechs Monate nachsehen lassen. Haben Sie irgendwelche akuten Beschwerden?«
    »Ja, ich habe Schmerzen.«
    »Wo?«
    »Es muß der Zahn hier oben rechts sein.«
    »Wie lange schmerzt er schon?«
    »Es ist ein ständig pochender Schmerz. Die ganze Nacht über quälte ich mich damit ’rum.«
    Dr. Quay sah sich den Zahn näher an. »Ja«, sagte er dann, »ich glaube, der Nerv ist angegriffen. Wahrscheinlich muß der Zahn gezogen werden. Außerdem müssen zwei oder drei Zähne plombiert werden. Ich möchte aber vorher eine Röntgenaufnahme machen, damit genau festgestellt wird, welche Zähne behandelt werden müssen.«
    »Meinen Sie, daß außer

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