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Der Schweizversteher

Der Schweizversteher

Titel: Der Schweizversteher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diccon Bewes
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Eidgenössisches Departement
für auswärtige Angelegenheiten. Und dass
AHV
Rente oder Pension bedeutet –
Alters- und Hinterlassenenversicherung – ahnt außer den Einheimischen niemand.
Da hat man ganz schön dran zu kauen, auch wenn man noch eigene Zähne hat. Nicht
einmal vor dem alltäglichen Verkehrschaos macht der Abkürzungsfimmel halt. So
transportiert ein
LKW
(Lastkraftwagen) Güter, während Menschen mit dem
PKW
(Personenkraftwagen) unterwegs sind.
Glücklicherweise ist auch das schlichte
Auto
in Gebrauch.
    Aber die Eisenbahn stellt alles in
den Schatten. In
SBB
haben die Schweizerischen Bundesbahnen ihr Kürzel gefunden, aber damit nicht
genug: Schließlich gibt es auch noch die französischen
Chemins de fer fédéraux suisses
und die italienischen
Ferrovie federale svizzere
, die
ebenfalls auf Anfangsbuchstaben eingekocht werden. Und das heißt, dass auf
Zügen (sowie auf Fahrplänen, Waren und Fahrkarten) neun Buchstaben prangen:
SBB CFF FFS
. Nicht
gerade ein kurzes Kürzel.
    Wörter auf Buchstaben zu reduzieren
ist die beste Lösung für zwei Probleme: Erstens gilt es, stets präzise zu sein,
daher heißt es
IKRK
und nicht Rotes Kreuz. Wenn etwas einen Eigennamen besitzt, sollte er auch
gebraucht werden. Problem Nummer zwei ist aber, dass das Deutsche mit Zungenbrechern
und lachhaft langen Wörtern gespickt ist. Wie Mark Twain in seinem Reisebericht
Bummel durch Europa
so unvergesslich festgehalten hat, sind Gebilde wie
Unabhängigkeitserklärungen
„keine
Wörter“, sondern „Umzüge sämtlicher Buchstaben des Alphabets“. Abkürzungen sind
hier die praktische Lösung, und sie ersparen zweifellos Anschläge, Atemluft und
Kopfschmerzen. Natürlich machen wir das im Englischen
auch –
BBC
,
OBE
,
MRSA
 –, aber nicht
annähernd so oft.
    Die Abkürzungswut schafft ein großes
– ganz unerwartetes – Problem beim Erlernen des Deutschen: das Alphabet. Sie
können ruhig lachen, aber es stimmt. Es ist zwar nicht wie im Russischen, wo
das
C
ein
S
und das
P
ein
R
ist, aber die so
vertraut aussehenden deutschen Buchstaben klingen völlig anders. Und wenn dann
noch dazu so viele Initialen im Spiel sind, ganz zu schweigen von der
Herausforderung, den eigenen Namen zu buchstabieren, ist das Alphabet ein
Minenfeld, das sich nicht umgehen lässt.
    Zuerst die gute Nachricht. Rund die
Hälfte der Buchstaben ähneln den englischen, wenn auch mit deutschem Akzent:
ess, ix, eff, zett (
S
,
X
,
F
und
Z
) und dergleichen
stellen kein großes Problem dar, während kuu, kaa, ooh und haa (
Q
,
K
,
O
und
H
) ziemlich einleuchtend sind. Dann
kommen sechs Buchstaben mit einer schlichten Vokalveränderung, wobei der
englische Laut –
ee
zu –
ay
wird:
B
,
C
,
D
,
G
,
P
und
T
reimen sich auf Deutsch halbwegs mit
dem englischen
bay
.
Für Verlegenheit sorgt nur das
G
,
das im Deutschen hart, also von
gee
zu
gay
wird. Was den
G
-Punkt betrifft, so wollen wir den hier
nicht weiter berühren.
    Damit wären die einfachen Buchstaben
erledigt. Wenn ich nun aber
ay
sage, meine ich A, die Schweizer aber verstehen E, was ich
als
ee
ausspreche. Für Deutschsprachige ist das aber ein I.
Durcheinander? Ich auch. Man gebe das deutsche
A
(aah) hinzu, das wie ein englisches
R
klingt, und das
Buchstabieren wird zum Albtraum. Zunächst stelle ich klar, ob auf Englisch oder
auf Deutsch buchstabiert wird, vor allem bei Menschen, die beide Sprachen
beherrschen. Die Tendenz, beim Buchstabieren in die Muttersprache
zurückzufallen, ist erstaunlich verbreitet, und zwar auch bei Leuten, die
fließend Englisch sprechen. Es muss wohl eine instinktive Reaktion aus der Zeit
sein, als wir unsere ersten Wörter gelernt haben, und das kann man sich schwer
abgewöhnen.
    Zuletzt kommen die Spezialfälle. Im
Deutschen werden
Y
und
J
zu
oop-see-lohn und yot, aber gesprochen wird das
J
zum
Y
. Zum Beispiel ist es bei
jaguar
und
jungle
schrecklich
kompliziert: Jaguar wird genauso geschrieben, aber wie
yaguar
ausgesprochen,
während der Urwald genauso klingt wie im Englischen, aber Dschungel geschrieben
wird. Und dann die beiden Buchstaben, die den Deutschsprachigen die größten
Probleme bereiten. Ich habe aufgehört zu zählen, von wie vielen
willages, wegetables
und
wisits
ich gehört habe. Zu dieser Schrulle neigen vor allem Deutschsprachige, was
recht merkwürdig ist, da ein
V
im

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