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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zsuzsa Bánk
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zwischen zwei Zähnen, daß es schnalzte. Sie kaute auf ihrem Stift, klappte ihr Heft auf und wieder zu, als gehöre das zu ihrer Arbeit, dieses Auf- und Zuklappen, und dazwischen wischte sie mit ihrer flachen Hand über die Tischplatte und ließ eine Spur in den Resten von Mehl, die sich wie Staub auf den Tisch gelegt hatten. Hin und wieder rief sie nach Virág, und Virág schaute uns an, als wolle sie fragen, was ist jetzt schon wieder?, ging ins hintere Zimmer, um dann vor dem Tisch zu stehen wie eine Schülerin, und Irén zeigte auf irgendeine Zahl, die sie mit ihrem blaßroten Stift dick unterstrichen hatte, auf irgendeine Seite in ihrem Heft, auf der Virág etwas notiert hatte, vor Tagen, im Vorbeigehen, weil sie nichts anderes gefunden hatte, auf das sie hätte schreiben können, oder sie drehte sich um, lief vor zu den Säcken Mehl, zerrte einen heraus und sagte etwas, ganz leise, das trotzdem klang wie ein Vorwurf, wie eine Frage, die gar keine Antwort will.

    Virág trug eine weiße Schürze, dazu aus hellem Stoff Schnürstiefel, die ihre Knöchel halten sollten, und ihr Haar versteckte sie unter einer Haube, die sie im Nakken mit einem Gummiband festzog. Isti und ich, wir besuchten sie, am liebsten an den eisigen Tagen, wenn die Scheiben beschlugen, wenn man im Laden wegen der heißen Luft kaum atmen konnte und Wassertropfen übers Fenster liefen. Wir verbrachten unsere Nachmittage dort, Virág und Irén erlaubten es, obwohl vor der Theke kaum mehr als drei Leute Platz hatten. Wir saßen im Fenster, mit angezogenen Beinen, neben den zwei Tüten Paniermehl, und schauten Virág dabei zu, wie sie Brot in Papier wickelte und Münzen in eine Schublade fallen ließ, die sie abends leerte, um das Geld ins hintere Zimmer zu bringen, wo Irén es zählte und in Briefumschläge steckte. Virág sah nicht aus, als gehöre sie hierher, sie sah aus wie verkleidet, so, als spiele sie bloß, und in diesem Winter spiele sie Bäckerin.

    Wenn Virág hinter einem Vorhang verschwand, den sie mit bunten Wäscheklammern an ein Seil geklemmt hatte, öffnete Isti im Sitzen mit der linken Hand die Tür, damit sich das Glöckchen meldete, und wenn Virág zurückkam, sprang er auf und sagte, Guten Tag, bitte drei Laib Brot, und Virág antwortete, wir haben kein Brot mehr, und Isti tat entrüstet, aber ich sehe doch, da hinten liegt welches, und Virág erwiderte kleinlaut, aber ich kann es Ihnen nicht verkaufen, und Isti fragte, warum nicht?, und Virág ließ sich etwas einfallen, warum nicht. Sie redeten und taten so, als seien sie jemand anderes, weil ihnen das immer gefiel: einen anderen zu spielen, besonders Isti gefiel es jetzt, und er bestellte achthundert Brote und achttausend Hörnchen, und Virág sagte, ja, ich notiere, Ihren Namen bitte, und dann schrieb sie ihn auf das Packpapier, und Isti hielt sich den Bauch vor Lachen, wenn er sagte, ich heiße László Abgebrannt, aber wenn Sie möchten, können Sie mich auch Keinfillér nennen, und Virág daraufhin verlangte, er möge bitte im voraus zahlen.

    Konnten wir tagsüber nicht kommen, weil Ági uns nicht ließ oder weil unser Vater sagte, wir sollten bei Zoltán bleiben und dafür sorgen, daß der Ofen nicht abkühle, dann holten wir Virág am Abend ab und warteten im Laden, an der Theke, während Irén Geld zählte und Virág Haube und Schürze auszog, im hinteren Zimmer an einen Haken hängte, und zurückkam, um ihr Haar zu kämmen, vor einem kleinen Spiegel, den sie aus ihrer Tasche nahm und an die Hörnchenkiste lehnte. Irén drehte das Schild in der Tür, von dem Virág sagte, es sei überflüssig, weil doch jeder sehen könne, ob geöffnet sei oder nicht, auch ohne Schild, schloß die Tür ab, schaute noch einmal durchs Fenster, ob die Lichter auch wirklich gelöscht waren, obwohl sie schon zweimal nachgesehen hatte, und steckte den Schlüssel ein. Wir liefen einen Umweg, um Irén im Dunkeln nach Hause zu begleiten, und während wir redeten, lief sie schweigend neben uns her. Isti und ich, wir wußten nicht, warum sie nichts sagte, warum sie auf diesem Weg nie etwas sagte, und wir fingen bald an zu glauben, sie habe ein Gelübde abgelegt. Isti hatte diesen Einfall, und dann versuchten wir nicht länger, ihr etwas zu entlocken. Irén verabschiedete sich jedesmal schon am Zaun von uns, sie fragte uns nie, ob wir mit ihr kommen wollten, für ein Viertelstündchen, nicht länger, es war etwas, das ihr nicht einfiel. Sie dankte uns, weil sie nicht hatte allein gehen

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