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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zsuzsa Bánk
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müssen, verschwand im Hof, hinter zwei, drei großen Kastanien, und wir schauten zwischen den Zaunlatten ins Dunkle, hörten auf ihre Schritte und blieben so lange stehen, bis das Licht in der Küche anging.

    Als der letzte Frost vorbei war und der Frühling sich fast schon zeigte, mit einem Himmel, der heller wurde, blauer auch, mit halben, zögernden Geräuschen, auf dem Wasser, in den Bäumen, liefen Isti und ich jeden Tag, bevor wir zur Bäckerei gingen, hinunter zum See. Obwohl alle sagten, für das bißchen Sonne ist es zu viel Wasser, es wird dauern, ihr müßt warten, es ist zu früh, viel zu früh, zogen wir Schuhe und Strümpfe aus, steckten unsere Füße in die Wellen und prüften, ob sie wärmer wurden, irgendwann warm genug, um in den See zu springen. Isti ging ins Wasser, jeden Tag ein bißchen weiter, erst, bis es ihm an die Knöchel reichte, dann bis zu den Knien, dann bis zu den Schenkeln, hielt seine Hosen hoch, drehte sich um und rief, es ist schon viel wärmer, viel wärmer als gestern. Als er wieder neben mir am Ufer stand, preßte er seine Lippen aufeinander, die blau geworden waren, und wenn ich sagte, deine Lippen sind blau, sie sind lila, sie sind so dunkel, daß ich sie kaum noch sehen kann, erwiderte Isti, du lügst. Später, wenn wir bei Virág im Laden standen, zerrte Virág Isti vor den Ofen, drückte ihn gegen die Kacheln, zeigte auf seine nasse Hosenbeine und hörte nicht auf zu schimpfen. Mit Isti, weil er sich im eisigen Wasser den Tod holen würde, und mit mir, weil ich ihn nicht daran hinderte.

    Isti hörte nicht auf zu fragen, wie lange es dauere, bis der See warm genug sei und er schwimmen dürfe. Er fragte jeden von uns, weil er von jedem eine bessere Antwort erhoffte, eine, die endlich besagte, was er hören wollte, und wenn er sie nicht bekam, nicht von Virág, nicht von Irén, auch nicht von mir, dann sagte er, er werde Mihály fragen, wenn er das nächste Mal komme. Und dann warteten wir weiter, Isti und ich, so wie wir es den ganzen Winter über getan hatten, unter dem Dach, das undicht war, seitdem die Stürme daran gezerrt hatten, und durch das jetzt Wasser tropfte, wenn es regnete. Wir sprangen von einem fallenden Tropfen zum anderen, und Isti bedauerte, daß es so wenige waren, zu wenige, wie er sagte, um sie in einer Wanne aus Blech zu sammeln, wie wir sie manchmal in Höfen und Scheunen sahen, einer Wanne, in der wir ein, zwei Stöße schwimmen könnten, jedenfalls bis zum Sommer, jedenfalls bis wir wieder in den See springen durften.

    Das einzig sichere Zeichen für den Frühling war, daß Tamás und Mihály Budapest wieder öfter verließen und häufiger an den See kamen, und Isti und ich, wir liefen jedesmal mit Virág hinunter zur Anlegestelle, um sie abzuholen. Wenn sie kamen, schaute am Abend davor jemand aus dem Dorf in der Bäckerei vorbei, um ein Brot zu kaufen und wie nebenbei zu sagen, übrigens, sie kommen, beide, morgen, am Nachmittag, nur so viel, und Virág sang daraufhin ein bißchen, Irén nahm ihren Stift wieder in die Hand, den sie für einen Moment beiseite gelegt hatte, um auf das zu hören, was im Laden geredet wurde, und Isti fing schon an, in seinem Kopf Fragen zu stellen, die er am nächsten Tag auf der Mole wiederholen würde. Jedesmal wenn das Schiff anlegte und Tamás und Mihály ausstiegen, fragte er, ob man es sehen könne, wenn das Wasser wärmer würde, und Mihály sagte, ja, er könne es sehen, er habe es sogar schon gesehen, wie sich die Farbe ändere, vom Schiff aus, gewiß, und wenn Isti dann fragte, wie lange noch?, antwortete Mihály, nicht mehr lange.

    An den ersten warmen Tagen holten wir Virág schon mittags von der Bäckerei ab. Wir sagten, wir verböten es ihr, bei diesem Wetter in dieser Luft zu stehen, nur um Brot in Papier zu wickeln, lieber solle sie einen Teller auf die Theke stellen, und wer ein Brot mitnehme, würde schon etwas Geld hineinlegen. Virág zog ihre Schürze aus, Isti suchte nach einem Teller, und wir gingen zum Haus am See, holten Stühle und stellten sie auf den Rasen, auf dem das Gras nur spärlich wuchs, so wie in den Sommern zuvor. Tamás zog die Blechtreppe aus dem Wasser, damit Isti sie mit grobem Papier abreiben und mit einem Hammer abklopfen konnte. Isti brauchte Tage. Hinter dem Haus hörten wir ihn hämmern und schmirgeln und feilen, und hin und wieder ging er in die Küche, mit dem Werkzeug in der linken Hand, ließ Wasser in ein Glas laufen und trank es in einem Zug leer, so wie er es bei

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