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Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Der Schwimmer: Roman (German Edition)

Titel: Der Schwimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zsuzsa Bánk
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fragte Ági, woher dieser Bauch und diese Hüften kämen, wo Irén doch gar nichts esse, und sie sagte auch andere Dinge über Irén, Dinge, die so ähnlich klangen und bei denen Ágis Tonfall immer gleichblieb. Irén schwamm nicht, warum, wollte sie nicht sagen, auch wenn Isti sie immer wieder fragte. Schuhe und Strümpfe zog sie nicht aus, selbst als es schon so warm war, daß wir nur noch im Schatten lagen und dösten oder an der Hauswand lehnten, um auf den See zu schauen, der gegen Mittag blau wurde und gegen Abend wieder grün. Die Sonne schien Irén lästig zu sein, und trotzdem ging sie nicht in den Schatten. Sie setzte sich auch nie auf den Rasen, neben uns, auf eine Decke, sie blieb auf dem Stuhl sitzen, kerzengerade, wie es Mihálys Mutter von ihren Söhnen verlangt hatte, aber mit hängenden Schultern, und sie drückte Knie und Knöchel zusammen und ließ es nicht zu, daß sie sich wieder voneinander entfernten. Während unsere Haut dunkler wurde, mit jedem Tag etwas mehr, blieb Iréns Haut blaß, wie sie war, und auf dem Weg nach Hause und später, unter dem Dach, in unseren Betten, kurz vor dem Einschlafen, fragten wir uns heimlich, Isti und ich, wie Irén das machte, in der Sonne sitzen, ohne dunkler zu werden.

    Wer weiß, was Mihály und Tamás an Irén fanden, was sie an ihr finden konnten, was überhaupt irgend jemand an ihr finden konnte. Aber als die Tage länger und die Nächte heller wurden, Ági wieder in der Sommerküche kochte und mein Vater öfter im Freien schlief, da schien es Irén zu sein, um die sich die Brüder prügelten. Irén, die sich die Ohren zuhielt, wenn sich die beiden brüllend ums Haus jagten, die sich krümmte wie unter Schmerzen, wenn Tamás und Mihály auf den Ledersack einschlugen, so, als müßte sie selbst diese Schläge aushalten, Irén, die auf die Wasserflecken auf ihrem Rock und ihren Strümpfen schaute wie auf etwas, das sie noch nie gesehen hatte, wenn Tamás und Mihály ins Wasser gesprungen waren und sie dabei naßgespritzt hatten. Irgendwann ließen die Brüder dieses Schlagen und Boxen Irén zuliebe sein, ohne daß sie darum gebeten hatte, und jetzt, wenn Isti und ich zum Haus am See gingen und auf dem letzten Stück Weg Schläge hörten, wußten wir, Irén war nicht da, und es gefiel uns, wenn es so war.

    Virág sprang in diesen Tagen mit uns in den See, und wir schwammen hinaus, bis Isti zu keuchen anfing. Auf einer Sandbank ruhten wir uns aus, und wenn wir zurückschauten zum Ufer, saß Irén dort, auf einem Stuhl, den Tamás oder Mihály für sie in die Sonne gestellt hatte, in Rock und Bluse, mit Schuhen und Strümpfen. Wenn uns danach war, winkten wir ihr, und sie hob einen Arm, winkte zurück, aber es sah immer so aus, als wolle sie gar nicht. Virág setzte sich nicht in den Sand, sie blieb neben uns stehen und trat das Wasser mit ihren Füßen, und wenn Isti etwas in ihrem Blick entdeckte, von dem er glaubte, es gehöre nicht dorthin, von dem er wollte, daß es wieder verschwinde, sagte er, du bist die beste und schnellste und schönste Schwimmerin, als könne es Virág gefallen, wenn er so redete, als könne er sie trösten damit, und sie schaute Isti an und erwiderte, nein, du, du bist der beste und schnellste und schönste Schwimmer, so weit ich schauen kann, und dann legte sie ihre Hände wie einen Schirm über die Augen, drehte sich, um den See abzusuchen, und nur wenn Isti es nicht sehen konnte, zwinkerte sie mir zu. Später saß sie wieder auf der Wiese, die kein Grün hatte, sie saß mit dem Rücken zum See, mit dem Blick aufs Haus, in ihrem roten Badeanzug aus zwei Teilen, der auf ihrer Haut klebte, mit ausgestreckten Beinen, zwei Zehennägel bepinselt mit dunkler Farbe, mit nassen Haarsträhnen im Nacken, die viermal, fünfmal ein S auf ihre Haut schrieben, und Isti und ich, wir lagen neben ihr, wie junge Katzen, während Tamás und Mihály so taten, als hätten sie vergessen, wer das war: Virág.

    Wenn die Brüder jetzt am Abend in der Bäckerei vorbeischauten, wußten wir nicht mehr, wen sie abholen wollten. Sie standen vor der Theke und riefen ins hintere Zimmer, Guten Abend, Irén, und Irén rief zurück, Guten Abend, stand aber nicht auf, vielleicht, weil sie immer noch nicht glaubte, sie könnte gemeint sein. Sie schrieb weiter Zahlen in ihre Hefte, und Tamás sagte, Irén, sei ehrlich, so viele Brote verkauft ihr doch gar nicht, so viel Mehl bestellt ihr nicht, und Irén erwiderte, doch, genau so viel, und sie versuchte ein

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