Der Schwur der Ritter
den Blick wieder auf den Turm.
»Willkommen, Sir William!«, rief ihm Jessie Randolph erleichtert zu. »Ihr hättet zu keinem besseren Zeitpunkt zurückkehren können.«
»Es freut mich, Euch zu sehen, Mylady!«, rief er zurück. »Unversehrt, wie ich hoffe?«
»Aye, dank Euch ist uns nichts geschehen.«
»Ist der Rest Eures Haushalts in Sicherheit?«
»Aye. Gott sei Dank haben wir sie kommen sehen und alle ins Haus geholt. Sie haben es am Hintereingang versucht, doch die Tür ist genauso stabil wie diese hier.«
Sie richtete den Blick auf die Mitte des Hofes.
»Tam. Dort drüben ist ein unversehrter Stall mit einer stabilen Tür und einem doppelten Schloss. Bringt sie vorerst dort unter. Sir William, kommt ins Haus. Um den Stallbrand am anderen Ende müsst Ihr Euch nicht kümmern, er ist schon fast gelöscht. Hector wird Euch sofort die Türe öffnen.«
In diesem Moment sah Will die schwere Eingangstür aufschwingen, und der Verwalter steckte vorsichtig den Kopf hinaus und ließ den Blick über den Hof schweifen, auf dem überall Tote verstreut lagen.
»Geht nur hinein«, sagte Tam zu Will. »Ich kümmere mich um diese Verbrecher und sorge dafür, dass sie die Toten beseitigen, bevor ich sie einsperre, denn ich trage hier keine Leichen. Sollen wir sie fesseln?«
»Ja, aber nicht so fest, dass sie Schaden nehmen. Sie müssen noch die Gräber ausheben.«
Er zog sich den Helm und die gepanzerten Handschuhe aus, die er in den umgedrehten Helm steckte, und klemmte sich beides unter den Ellbogen. Als er dann das Haus betrat, kam Jessie Randolph gerade die Treppe herunter, und ihm fiel auf, dass sie zwar gerötete Wangen hatte, die Aufregung der letzten Stunde ansonsten jedoch spurlos an ihr vorübergegangen zu sein schien. Sein Herz schlug schneller, als sie ihn anlächelte und ihm winkte, ihr in das Hauptzimmer zu folgen.
Sofort fiel ihm auf, dass Henrys Krankenlager nicht mehr da war. Im Kamin lag frischer Zunder, und rechts und links der Feuerstelle waren Holzscheite aufgestapelt. Jessie, die immer noch kein Wort gesagt hatten, wies ihm einen der Polstersessel an. Doch bevor er sich setzte, legte er Helm und Handschuhe auf einen kleinen Tisch.
»Wo ist denn der Junge?«
»Oh, es geht ihm schon viel besser, sodass er oben in eine der kleinen Schlafkammern umziehen konnte. Er liegt zwar noch im Bett, doch er kann bereits zum Essen sitzen. Er ist ein tapferer junger Mann.«
»Aye, das ist er«, erwiderte Will.
»Bruder Matthew ist fest davon überzeugt, dass er seinen Arm und seine Schulter bald wieder ganz normal benutzen kann. Nicht heute und nicht morgen, doch die Wunde heilt gut. Sobald sie ganz geschlossen ist, wird er anfangen können, seine Muskeln wieder zu kräftigen.«
Will, der ihr nur mit halbem Ohr zuhörte, hielt den Blick auf die schmalen hohen Fenster in der Außenwand gerichtet. Jetzt trug er einen Stuhl unter eines davon, stieg hinauf und blickte auf den Hof, wo Mungo gerade dabei war, mit Hilfe eines anderen Mannes einen Toten an den Knöcheln davonzuzerren.
»Wir müssen uns um die Toten kümmern«, sagte er an Jessie gerichtet. »Wo sollen wir sie begraben?«
»Begraben?« Es war nicht zu überhören, dass sie darüber noch nicht nachgedacht hatte, doch sie ließ sich auch jetzt nicht aus der Ruhe bringen. »So weit wie möglich vom Haus entfernt, doch das muss ich mir überlegen. Vor einem solchen Problem stehen wir nicht sehr oft.«
»Nein, das kann ich mir denken. Doch sie waren gewiss auch nicht die Ersten, oder?«
»Das ist gut möglich, da viele Krieger über diese Straße ziehen. Ich selbst habe so etwas hier noch nicht erlebt. Doch wenn es nicht die Ersten sind, wird Hector wissen, wo wir sie begraben können.«
Er drehte sich um und betrachtete sie genau – ihre weißen Schultern über dem Ausschnitt ihres Kleides, ihr Gesicht, in dem sich das Licht auf den hohen Wangenknochen fing und ihre Augen noch klarer leuchten ließ. Er blinzelte, und bevor sie ihn dabei ertappen konnte, wie er sie anstarrte, stieg er von seinem Stuhl hinunter.
»Wer waren diese Leute? Wisst Ihr das?«
»Ich habe keine Ahnung. Doch jetzt sind sie keine Bedrohung mehr, und sie brauchen uns auch nicht leidzutun, denn sie haben ihren Tod selbst heraufbeschworen. Setzt Euch doch und macht es Euch bequem. Ich kann den Kamin anzünden lassen, wenn Ihr es möchtet.«
Doch Will hörte ihren Vorschlag gar nicht. »Sie sind also nicht von hier? Ihr kanntet keinen von ihnen?«
»Nein, und inzwischen
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