Der Schwur der Ritter
des Bischofs von St. Andrews, die Robert Bruce vom Vorwurf des Mordes freigesprochen und ihn zum König der Schotten gekrönt haben. Bischof Wishart hat ihm sogar seine eigene Robe für die Zeremonie geliehen, weil Robert Bruce damals kaum mehr besaß als das, was er am Leibe trug.« Er hielt kurz inne. »Die Auseinandersetzung zwischen Bruce und Comyn war keine gewöhnliche Rauferei, Sir Charles. Es war eine Konfrontation zwischen zwei ehrgeizigen, stolzen Männern, die gemeinsam Protektoren des schottischen Reiches waren und beide der Meinung waren, der Thron sei der ihre. Bittere Worte mündeten in einem Kampf. Es waren John Comyns Anhänger, darunter auch Papst Clemens selbst, die Bruce zum Mörder gestempelt haben. Man darf sich fragen, wie sie es genannt hätten, wenn es Bruce gewesen wäre, der sein Leben auf den Altarstufen ausgehaucht hätte? Ob man John Comyn, den Herrn von Badenoch und Günstling des Papstes, verurteilt hätte? Mit Sicherheit wäre er jetzt König. Aber hätte ihn der Papst exkommuniziert? Vergesst nicht, dass dies derselbe Papst ist, der nun mit Philipp Capet und de Nogaret danach strebt, unsere Bruderschaft zu zerstören.«
St. Valéry räusperte sich. »Ihr sagt ja selbst, dass wir nicht genau wissen, ob das wahr ist oder nicht.«
»Aye, nun ja, morgen werden wir die Gewissheit bekommen, doch für mich steht eines fest: Ich traue Robert Bruce, Sir Charles. Gewiss, er ist jung, und er ist hitzköpfig, was nicht die beste Eigenschaft für einen König ist. Doch er begreift schnell, und er wiederholt seine Fehler nicht. Ich glaube an ihn und setze große Hoffnungen in ihn. Vor allem glaube ich fest daran, dass wir, unser Orden, ihm vertrauen können. Er wird unseren Einsatz für Schottland anerkennen und uns Zuflucht gewähren.«
»Weiß Jacques de Molay, wohin Ihr zu gehen gedenkt?«
Der Schotte zögerte kurz, dann antwortete er. »Nein, Sir, das weiß er nicht, obwohl er es sich wahrscheinlich denken wird. Doch das Wort Schottland ist in unseren Gesprächen nicht gefallen, und der Großmeister hat mir die Wahl meiner Zuflucht selbst überlassen.«
»Aber …? Ich höre ein ›Aber‹ in Eurem Tonfall.«
»Aye, das stimmt. Ich gehe davon aus, dass der Großmeister mein Ziel gar nicht wissen wollte, weil er nicht Gefahr laufen wollte, es unter Folter preiszugeben.«
»Folter! Den Großmeister des Templerordens foltern? Das würden sie nicht wagen! Der Papst würde es nicht dulden.«
Sir William verzog keine Miene. »Der Papst, Sir Charles, wird tun, was Philipp Capet von ihm verlangt. Philipp hat ihn zum Papst gemacht. Er kann ihn genauso schnell wieder absetzen. Auch wurde de Nogaret exkommuniziert, weil er den alten Papst in Philipps Auftrag entführt hat, und das scheint niemanden zu stören.«
Sie schwiegen einen Moment, dann fuhr Sir William fort:
»Was habt Ihr mit dem Engländer vor, Admiral? Dem Mörder Godwinson?«
»Was ich mit ihm vorhabe? Er wird seiner gerechten Strafe als Mörder zugeführt werden.«
»Und wann? Und durch wen, Mylord Admiral? Morgen früh wird de Nogaret ihn auf freien Fuß setzen, und Godwinson wird lachen, während unsere eigenen Männer in seine Zelle wandern. Das soll Gerechtigkeit sein?«
Der Admiral erbleichte. Er saß da und blinzelte, dann schüttelte er verwirrt den Kopf. »Was stellt Ihr Euch denn vor? Soll ich ihn einfach töten? Das wäre doch Mord!«
»Nein, Sir Charles. Da ich der Ranghöhere von uns beiden bin, liegt die Verantwortung für solche Entscheidungen bei mir.«
»Und was werdet Ihr tun?«
»Ich werde der Gerechtigkeit Genüge tun, und zwar sofort. Godwinson hat sein Leben verwirkt, als er mit seinen Mordplänen aus Paris aufgebrochen ist, und es wäre grotesk, ihn der gerechten Strafe entgehen zu lassen. Tam, holt Eure Männer als Zeugen herbei und führt sie zu den Zellen. Ich komme gleich nach.«
Tam nickte und verließ wortlos den Raum.
»Ihr habt wirklich vor, den Mann zu töten?«, fragte St. Valéry.
»Was bleibt mir denn anderes übrig, Sir Charles? Soll ich ihn leben lassen, damit er mit seinem Triumph prahlen kann? Ihr könnt hier warten, wenn Ihr es wünscht. Es ist nicht nötig, dass Ihr dabei seid; wir haben ja genügend Zeugen.«
Der Admiral erhob sich und zog seinen Umhang sorgfältig gerade. Dann trat er vor, um auch dem jüngeren Ritter das weiße Gewand so zurechtzuziehen, dass ihm das Ordenssymbol ordentlich auf der linken Brust prangte. Er trat einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten,
Weitere Kostenlose Bücher