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Der Schwur der Ritter

Der Schwur der Ritter

Titel: Der Schwur der Ritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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wusch sich Gesicht, Hände und Arme damit. Das heiße Seifenwasser belebte und wärmte ihre Haut. Sie begann, sich mit dem zweiten Handtuch abzutrocknen, hielt inne – und machte sich rasch daran, die Schnüre ihres Mieders zu lösen, bis es ihr auf die Taille fiel. Eine herrliche Gänsehaut folgte der Berührung des warmen, feuchten Tuchs, und sie legte sich das Handtuch um den Hals, bevor sie sich mit den Händen in den Nacken fasste und die Haut unter dem Ansatz ihres fest geflochtenen Haars knetete.
    Doch dann fiel ihr wieder ein, wo sie war. Nicht nur, dass ihr Schwager auf sie wartete, sie stand außerdem halb nackt in einer Mönchszelle. Hastig zog sie sich wieder an und arrangierte ihre Kleider, so gut es ging. Einen letzten Trumpf enthielt ihr Beutel schließlich doch noch, und dieser appellierte nicht an das Auge: Sie griff nach einem kleinen Glasfläschchen, zog den Holzstopfen heraus und ließ sich einen einzigen zähflüssigen Tropfen auf den Mittelfinger laufen. Sie hielt ihn sich unter die Nase und atmete begierig ein – die Essenz einer Zeit, in der sie nicht wie ein Tier gejagt wurde, sondern Lady Jessica Randolph war. Sobald sie sie auf ihre Haut auftrug, würde sie den Duft nicht mehr wahrnehmen, doch das war ein Opfer, mit dem sie leben konnte, denn dafür würde er ja ihre Umgebung erfüllen. Sie tupfte sich die Flüssigkeit unter die Ohren und rieb sich den Rest des Tropfens auf den Hals.
    Dann war sie fertig und öffnete die Tür. Der junge Mönch erwartete sie.
    »Ich danke Euch, Bruder Giles, dass Ihr so geduldig mit mir wart. Dank Eurer Freundlichkeit fühle ich mich wie neu geboren.«
    Der Mönch lächelte, doch dann wurde seine Miene wieder nüchtern. »Dann bringe ich Euch jetzt zum Admiral, Mylady. Wenn Ihr bereit seid?« Und sie schritten gemeinsam durch die stillen Korridore.
    »Wie spät ist es eigentlich, Bruder Giles? Es scheint ja mitten in der Nacht zu sein.«
    »Genauso ist es auch, Mylady.«
    »Dauert Euer Dienst denn die ganze Nacht?«
    »O nein, Mylady. Ich werde jeden Moment abgelöst. Die Wache wechselt um Mitternacht.«
    Jessie blieb stehen und sah ihn betroffen an. »Oh! Dann bitte ich um Verzeihung, dass ich Euch aufgehalten habe.«
    Wieder lächelte er zaghaft. »Der Admiral selbst hat mich gebeten, mich um Euch zu kümmern, und es ist mir eine angenehme Aufgabe gewesen.«
    Nun war es an ihr zu lächeln. Erst als sie dann den Rest des Weges schweigend zurücklegten, begann sie sich zu fragen, warum der Admiral sie zu dieser Stunde wecken ließ, nachdem er nach ihrer Ankunft doch so besorgt darum gewesen war, dass sie möglichst schnell zur Ruhe fand. Am Fuß einer Treppe blieb ihr Begleiter stehen und klopfte an eine schwere Flügeltür. Sie strich sich ein letztes Mal über Kleider und Haar, holte tief Luft und fragte sich, welche neue Sorge sie wohl hinter dieser Tür erwarten mochte.

2
    C
    HARLES ST. VALÉRY kam persönlich zur Tür, um sie willkommen zu heißen.
    »Jessica, meine Schwester, kommt herein, kommt herein. Ich hoffe, Ihr habt gut geschlafen?«
    Er ergriff ihre Fingerspitzen und wies ihr mit einer Verneigung den Weg in den Raum. Sie trat festen Schrittes ein – und blieb abrupt stehen, als sie sah, dass eine Anzahl von Männern dort versammelt war. Drei weitere weiße Rittergewänder und ein in Braun gekleideter Sergeant.
    Gütiger Gott, eine Versammlung von Rittern. In Pomp gehüllt, darunter ungewaschen und scheinheilig bis in die letzte Pore. Aber wonach riecht es denn hier wirklich? Jedenfalls nicht nach frommem Rittertum. Mein Gott, als hätten sie den ganzen Raum mit ihrer scharfen Seife angestrichen.
    Sie sah sich nach dem Admiral um. »Verzeiht mir, Charles; ich wusste nicht, dass Ihr Euch in einer Beratung befindet. Ich dachte, Ihr hättet mich rufen lassen. Ich hätte wohl warten sollen, bevor ich Euch störe.«
    Admiral St. Valéry lachte. »Aber nicht doch, werte Schwester.« Ohne ihre Finger loszulassen, wandte er sich der Gruppe der Männer zu. »Gestattet mir, Euch meine Kameraden vorzustellen.«
    Jessie ließ den Blick über die Gruppe schweifen. Er blieb nur flüchtig auf Sir William haften, bevor er auf den braun gewandeten Sergeanten an seiner Seite fiel. Sie kniff die Augen zusammen – und riss sie dann weit auf, als sie den Mann erkannte.
    »Tam Sinclair!« Sie strahlte vor Freude. »Das ist der Mann, von dem ich Euch erzählt habe, Charles …« Sie brach ab und wandte sich stirnrunzelnd wieder an Tam. »Aber ich dachte, Ihr

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