Der Schwur der Ritter
über einem Monat ist Lady Jessica dann völlig überraschend in La Rochelle gelandet. Als sie erfahren hat, worum es ging, hat sie als Witwe meines Bruders Anspruch auf sein Vermögen erhoben, um es Robert Bruce, Eurem König von Schottland, zur Verfügung zu stellen. Natürlich musste ich mich erneut mit Theodoric von Champagne beraten, der dieses ganze Abenteuer überhaupt ins Rollen gebracht hatte. Während ich auf seine Antwort wartete, beschloss Lady Jessica, meine Mutter in Tours zu besuchen, statt untätig zu warten. Sie war fest davon überzeugt, dass ihr keine Gefahr drohen würde, wenn sie unauffällig mit einer kleinen Eskorte reiste.«
»Und?«
»Sie wurde verraten. Einer der Bediensteten meiner Mutter wird von de Nogaret bezahlt. Er wurde zwar erwischt, und mein jüngster Bruder Gilbert hat ihn umgebracht und ist dann so auffällig geflohen, dass Lady Jessica die Chance zum Entkommen nutzen konnte, und wir können nur hoffen, dass er noch am Leben ist, denn er ist untergetaucht. Doch Lady Jessica wurde durch halb Frankreich gehetzt, und hätte Euer Verwandter Tam ihr heute nicht geholfen, hätte man sie gefangen genommen, als sie versuchte, die Stadt zu betreten. Die drei Männer, die vor dem Tor umgekommen sind, gehörten zu ihr. Sie hatte sie angeheuert, um sie in die Stadt zu schmuggeln, doch sie sind in Panik geraten, als die Wachen angefangen haben, ihren Wagen zu durchsuchen.«
»Und jetzt wünscht Ihr, dass ich die Dame zurück nach Schottland begleite?«
St. Valéry sah Sinclair direkt an. »Ja, aber nicht allein. Ich werde Euch begleiten, und wir werden dazu den Schatz für den schottischen König mitnehmen, denn es kommt nicht in Frage, dass er de Nogaret in die Hände fällt.« Er zögerte. »Er befindet sich bereits an Bord meines Schiffes, zusammen mit einigen anderen Werten des Ordens.«
»Darf ich fragen, was?«
»Aye, das ist kein Geheimnis – es ist unser eigener Vorrat an Geld, Gold und Silber, den wir zum Einlösen von Kreditbriefen brauchen. Auch diesen kann ich de Nogaret nicht zurücklassen.«
»Natürlich. Wie viel ist es denn?«
»Nicht so viel wie der Schatz der Baronin, doch es sind immerhin zwölftausend Goldmünzen.«
Will stieß einen leisen Pfiff aus. »Dann werden wir ja als wahre Schatzflotte in See stechen.«
»Aye … falls Eure Warnungen sich als richtig erweisen.«
»Aye, das werden sie, Mylord Admiral. Godwinsons Untaten haben mich restlos überzeugt.«
Bei diesen Worten klopfte es an der Tür, und ein junger Mönch ließ die beiden Stellvertreter des Admirals ein. Der Admiral hieß sie willkommen und wies den Mönch an, Lady Jessica zu wecken und sie zu bitten, so schnell wie möglich nach unten zu kommen, denn ihre Sicherheit stand gleichermaßen auf dem Spiel.
Teufelswerk
1
J
ESSIE RANDOLPH FUHR aus dem Schlaf hoch, und ihr Herz begann vor Angst zu rasen, denn sie wusste nicht, wo sie war. Es war kalt und stockfinster, und sie lag auf einer steinharten Oberfläche. Dass ihr Kopf auf einem Kissen lag, merkte sie nur daran, dass ihr verdrehter Nacken schmerzte; auch das Kissen war hart.
Ich liege auf dem Boden. In einem Verlies. Sie haben mich. De Nogarets Männer.
Mit zusammengebissenen Zähnen kämpfte sie den überwältigenden Drang zu schreien nieder und tastete sich zaghaft mit den Händen vor. Fast hätte sie vor Erleichterung aufgeschluchzt: Keine Handschellen, keine Ketten, und unter ihren Händen fühlte sie den groben Stoff einer harten Matratze. Sie tastete sich weiter vor und stieß auf die Kanten einer schmalen Liege.
Wo bin ich?
Dann klopfte es dicht neben ihr an eine Tür, und sie begriff, dass es das Klopfen war, das sie geweckt hatte. Immer noch wusste sie nicht, was sie erwartete, und die Angst ließ sich eisig und schwer in ihrer Magengrube nieder.
»Mylady? Seid Ihr wach, Mylady?«
Die Stimme war leise, aber drängend – und vor allem klang sie alles andere als drohend. Ihre Hände tasteten sich an ihrer Kleidung entlang, die ihre Körperwärme gefangen hielt.
Ich habe meine Kleider noch, und ich habe nirgendwo Schmerzen.
»Mylady?« Wieder klopfte es, diesmal lauter. Jessie holte tief Luft und versuchte, mit fester Stimme zu antworten.
»Ich bin hier. Was ist denn?«
»Admiral St. Valéry bittet Euch, zu ihm zu kommen. So schnell es geht, Mylady.«
Charles! Natürlich. Ich bin in der Kommandantur in La Rochelle.
Diese Erkenntnis vertrieb die Angst. Sie setzte sich auf und schwang die Füße auf den Steinboden, dessen
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