Der Schwur der Ritter
wahrscheinlich in de Nogarets Hände gefallen sind. Ich würde einen Tag benötigen, um die Schätze von meinem Schiff abzuladen und es reisefertig zu machen. Dann könnte der Rest der Flotte den Weg nach Schottland fortsetzen, und ich würde langsamer folgen, um auf unsere Verfolger zu warten, und sie dann auf den Atlantik hinauslocken.«
»Und warum glaubt Ihr, dass sie Euch folgen würden? Einem einzelnen Schiff?«
»Weil sie es ja nicht besser wissen. Sie werden davon ausgehen, dass ich die Nachhut bin und der Rest der Flotte vor mir herfährt. Bis sie die List entdecken, werdet Ihr Euch längst in der Nordsee befinden.«
Jessica Randolph sah ihren Schwager mit zusammengekniffenen Augen an. »Ihr glaubt tatsächlich, dass Ihr dieses Merica finden könnt, nicht wahr?«
»Wenn es existiert, ja. Und ich glaube, dass es existiert.« Er zögerte. »Wir müssten nur Vorräte für … zwei, wahrscheinlich drei Monate mitnehmen.«
»Ist das denn möglich?«
»Gerade eben. Mit zwei Schiffen wäre es einfacher.«
Jessica richtete sich plötzlich auf. »Dann müsst Ihr Sir William um zwei Schiffe bitten und Euch darauf vorbereiten, sie nur mit einer Besatzung zu fahren. Käme Euch das entgegen?«
St. Valéry lächelte. »Aye, sehr. Aber was hat Euch denn so plötzlich davon überzeugt, dass Sir William mich ziehen lassen wird?«
»Die Tatsache, dass Ihr recht habt. Ihr könnt ihn davor bewahren, dass man ihm nach Schottland folgt. Und falls Euer Vorhaben gelingt und Ihr diesen Ort findet …«
»Und es mir gelingt zurückzukehren …«
»Oh, dann werdet Ihr gewiss zurückkehren, um damit zu prahlen. Außerdem hättet Ihr dann eine unangreifbare Zuflucht für Sir William und den ganzen Orden gefunden … einen Ort, von dem niemand weiß, am Ende der Welt. Ihr müsst so schnell wie möglich mit ihm sprechen – und Ihr müsst ihn überzeugen.«
»So soll es sein.« Eindringlich betrachtete er sie. »Ich danke Euch für Euren Zuspruch, Lady Jessica. Doch wenn ich mit Sir William spreche, werde ich es leichter haben, wenn er nichts davon weiß, dass Ihr auf meiner Seite seid.« Und das Lächeln in seinem Gesicht verbreiterte sich zu einem Grinsen, das ihn jünger erscheinen ließ.
4
L
ETZTENDLICH ERKLÄRTE SICH Sir William Sinclair überraschend schnell einverstanden, nachdem ihm St. Valéry noch einmal die Vorteile seines Vorhabens dargelegt hatte – das unmittelbare Ablenkungsmanöver, das die Flotte vor der Entdeckung durch de Nogaret retten konnte, und die Aussicht auf einen möglichen Zufluchtsort –, und sie begannen sofort mit den Vorbereitungen.
Seit dem Ende der Stürme herrschte perfektes Segelwetter, und die Flotte hielt im Eiltempo auf Kap Coruna zu, welches sie innerhalb der nächsten beiden Tage erreichen würden, um von dort Kurs auf Kap Finisterre zu nehmen. Die Flotte hatte nicht ein einziges Schiff verloren, ein Ausgang der Ereignisse, den Bruder Thomas, der Sakristan, als Wunder bezeichnete, den der Admiral jedoch dem Können seiner Kapitäne und der Seetauglichkeit seiner Schiffe zuschrieb.
Sie schickten ein Schiff zurück, das Verbindung mit den Galeeren aufnehmen sollte, die die Flotte unter dem Kommando von Sir Charles de Lisle von den etwaigen Verfolgern aus La Rochelle abschirmten. Es überbrachte die Order an de Lisle, nicht länger auf Abstand zu bleiben, sondern herauszufinden, ob die drei Galeeren aus La Rochelle ihnen tatsächlich folgten und ob sie in Feindeshand gefallen waren.
Unterdessen sandte St. Valéry Boote zwischen den Schiffen hin und her, um herauszufinden, ob es an Bord Männer gab, die sich in den Küstengewässern zwischen Kap Coruna und Kap Finisterre auskannten. Die Boote brachten drei Männer mit, die er gemeinsam mit seinem Schiffsmeister Kapitän de Narremat, mit Vizeadmiral de Berenger und mit Will Sinclair auf seinem Vorderdeck erwartete. Zwei der Neuankömmlinge waren Sergeanten, die schon lange zur See fuhren, der dritte ein Ritter, der an dieser unwirtlichen Küste aufgewachsen war. Der Admiral bat sie, ihnen einen geschützten Ort zu nennen, an dem er zumindest einen Teil seiner Flotte einen Tag lang anlegen lassen konnte.
Alle drei nannten ihm denselben Ort, einen natürlichen, unbewohnten Hafen etwa vierzig Meilen südlich von Kap Coruna, der von hohen Klippen umgeben war, die zum Teil in die Bucht hineinragten. Doch die Bucht, auch hier waren sich die drei Männer einig, war groß genug, um der gesamten Flotte Platz zu gewähren. Escobar, so der
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