Der Schwur der Venezianerin
mich.“ Er stieß den Burschen in das feuchte Gras der Gärten.
Pietro suchte sich zu halten, riss an den Kleidern der Begleiter. Ein wildes Gerangel setzte ein, Pietro lag auf dem Boden, er suchte vergeblich sich aufzurichten.
Plötzlich traf ihn ein Faustschlag wie der Glockenschwengel von Santa Trinidad, und er sackte wieder zu Boden.
Der dunkle Fremde winkte eine Kutsche heran und sie schleppten Pietro in den Wagen. Die beiden Begleiter setzten sich zu ihm.
„Auf nach Venedig, über die Via Maggio“, rief der Schwarzhaarige.
Der Kutscher nickte, offenbar wusste er Bescheid. Der Wagen mit einem Zweiergespann rollte mitten in der Nacht nach Norden aus der Stadt. Noch eine Weile störte sein Rattern über raue Pflastersteine den Schlaf der Anwohner der Via Maggio.
Über den Ponte Santa Trinita ratterte der Wagen und das Hufgetrappel verlor sich entlang der nördlichen Arnoseite.
„Mach dir keine Gedanken“, beruhigte Francesco seine Geliebte Bianca, „wir haben ihn mit einer Kutsche nach Venedig geschickt. Das Bankhaus Salviati hat ihn angefordert. Er wird dort seine alten Pflichten übernehmen.“
„Und wenn die Familie Cappello Schwierigkeiten macht, wenn sie ihn herausfordern und ihn bestrafen wollen?“
„Wir haben alles geklärt. Er wird nicht mehr bestraft werden.“
„Aber wir sind doch noch verheiratet. Kann er nicht irgendwann Forderungen stellen? Ich hab immer die Befürchtung, er könnte uns Schwierigkeiten machen.“ Bianca kuschelte sich in die Arme des Großherzogs.
Francesco strich ihr zart mit seiner Hand über den Kopf.
„Glaub mir, wir haben alles arrangiert. Er macht dir keine Schwierigkeiten mehr. Liebste, lass es nun genug sein. Vertraue deinem Francesco.“
Sie blickte ihm in die treuen, oft genug melancholischen Augen und lächelte. Bianca hatte ihr Vertrauen zu ihm wieder gefunden.
In dem Palazzo Bianca wurde aufgeatmet. Francesco hatte aufgeräumt. Endlich kam der Säufer und Hurenbock, wie der Großherzog ihn nannte, nicht mehr grölend und unflätige Worte ausstoßend mitten in der Nacht nach Hause. Oft hatte der Kerl vor der Haustür bereits Biancas und Francescos Namen gerufen und die Straße auf die Verhältnisse aufmerksam gemacht. Dazu war es allerdings nicht notwendig gewesen, laut zu brüllen. Die Anwohner in den Palazzi, die ihre Häuser erst seit geraumer Zeit auf Geheiß Cosimos renoviert hatten, hielten sich mit dem Großherzog gut. Sie hatten kein Interesse irgendwelchen Gerüchten Glauben zu schenken. Wer war schon solch ein versoffener und verhurter Kerl wie dieser Pietro? Die eingekehrte Ruhe des Nachts wurde auch von ihnen als angenehm empfunden. Niemand fragte nach, warum Pietro Bonaventuri nicht mehr grölte. Warum auch sollten sie neuen Ärger entfachen?
Bianca Cappello zeigte sich glücklich, dass sie endlich ihren Frieden hatte und nicht mehr von ihrem eifersüchtigen Ehemann belästigt wurde. Das Glück vervollständigte sich durch ihr Wissen, dass er wieder nach Venedig in das Bankhaus Salviati zurückgekehrt war. Ihr Gewissen brauchte sich nicht belästigt zu fühlen.
Als hätte er nie existiert, wurde ein Pietro Bonaventuri nicht mehr erwähnt.
In diesem Sommer regnete es im Gebirge des Apennins soviel wie selten zuvor. Alle Welt erwähnte als Erstes bei einer Begegnung den hohen Wasserstand und den reißenden Lauf des Flusses Arno. Florenz fürchtete sich vor einer Überschwemmungskatastrophe, wie sie es schon ein paar Mal gegeben hatte. Aber sie blieb aus und die Menschen am Arno atmeten auf.
Bianca flanierte mit einer Damigella am linken Ufer des Arnos entlang. Sie warfen ab und zu einen Blick auf die beiden Ufer, an die allerlei Unrat angeschwemmt wurde. Von seinem Quellgebiet aus hatte der Fluss schon einen langen Weg durch das Apenningebirge zurückgelegt. Unterwegs sammelte er den Unrat auf, den die Menschen überall, nicht nur in Florenz, über Brücken und von den anliegenden Häuserreihen in den Fluss warfen.
Von der Aufregung wollten sie sich gerade abwenden, als sie von der Uferseite, an der sie sich befanden, einen Aufschrei hörten. Menschen sammelten sich an einem Punkt. Sie hatten unter Brettern, Ästen und Zweigen etwas aus dem Wasser gefischt, das sie behutsam an das Ufer legten. Eine Leiche, aufgedunsen und bis zur Unkenntlichkeit von Fischen angefressen. Der Schreck kam, als man das Messer in seinen Rippen erkannte. Der Mann war ermordet worden.
Die beiden Damen mussten sich den Anblick nicht antun und eilten
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