Der Schwur des Piraten
wem?«
»Neben den Skeletten lag das Logbuch. Es erzählt von schrecklichen Wesen, die aus dem Dickicht des Waldes herausgekommen sind, um sie zu töten«, mischte sich Spinn ein.
Yellowbeard ließ sich von der Geschichte nicht beeindrucken. Um der Unterhaltung ein Ende zu bereiten, sagte er gleichgültig: »Wir sind eine starke Mannschaft und gut bewaffnet. Heute Nacht soll halt jemand Wache halten.«
»Aber Captain, das ist nicht genug«, protestierte Spinn, der sich alles andere als sicher fühlte.
»Das reicht, Junge! Befehle werden nicht diskutiert!«
Der restliche Tag verlief ruhig. Die Piraten verzehrten einen Teil dessen, was sie auf der Insel erbeutet hatten, und salzten das Fleisch ein, um es im Schiff einzulagern. Als es Abend wurde, teilten sie die Wachposten ein und legten sich schlafen.
Spinn jedoch dachte nicht an Schlaf. Wie gebannt starrte er auf den Waldrand, aus Angst, es könnte jeden Moment etwas herausspringen und sie angreifen. Im Dunkel der Nacht war alles viel bedrohlicher. Jeder Schatten schien ein Geheimnis zu bergen. Erst auf Tortuga die schrecklichen Geschichten über Captain Blackmore und O’Fires mysteriöses Verhalten und jetzt die Angst vor den menschenfressenden Monstern auf der Insel, die der verunglückte Captain sogar als Dämonen beschrieb!
Spinn erschauerte. Er hatte das Gefühl, all das waren Steine eines Mosaiks, das er noch nicht zusammensetzen konnte, weil ihm entscheidende Teile fehlten.
Spinn bereute es, das Tagebuch im Wrack gelassen zu haben. Vielleicht enthielt es Informationen, die ihm beim ersten Lesen entgangen waren.
Für einen Augenblick war er versucht, zum Wrack zurückzulaufen, verwarf den Gedanken jedoch schnell wieder. Er hatte nicht das geringste Interesse, diesen Monstern zu begegnen, und am nächsten Morgen würden sie die Insel sowieso verlassen.
Spinn wandte dem Wald den Rücken zu, wie er es am Abend zuvor auch getan hatte.
Nicht nur Spinn fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Am Feuer hörten sich O’Fire, Goldmerry und Kook aufmerksam an, was Keepfit ihnen zu erzählen hatte.
»Und wenn alles seine Schuld ist? Wenn der Schwarze hinter alldem steckt? Elia hat sich ziemlich klar ausgedrückt.«
»Ein Glück, dass ich ihn retten konnte«, sagte O’Fire. »Mir will nicht in den Kopf, was er uns erzählt hat.«
Spinn rückte näher ans Feuer und spitzte die Ohren. Also verbarg O’Fire doch kein finsteres Geheimnis, im Gegenteil.
»Ja«, stimmte Keepfit zu. »Ohne ihn wüssten wir nichts von Corsaired.«
»Und von der verzauberten Asche der Toten«, fügte Goldmerry hinzu.
O’Fire seufzte tief. »Eine böse Macht hat sich entfesselt und ihr teuflisches Werk bereits begonnen. Denkt nur an das zerstörte Dorf.«
Spinn wusste sofort, dass sein Dorf gemeint sein musste, und sogleich standen ihm wieder die schrecklichen Bilder der Plünderung vor Augen.
»Und jetzt die Sache mit dem Logbuch.«
»Ein Glück, dass wir die hier retten konnten«, sagte O’Fire und zog eine Karte aus einer Tasche seines Mantels.
Von seinem Versteck aus konnte Spinn kaum etwas sehen und er reckte den Hals, um zu erkennen, wovon O’Fire sprach.
»Die Sanduhr der Macht, die für das Gleichgewicht der Mächte sorgt, liegt im Schoß der Erde verborgen. Wer sie an sich reißt, kann alles beherrschen«, erklärte Kook in ehrfürchtigem Ton.
»Das sagt die Legende, aber wer weiß, was wirklich dahintersteckt«, gab O’Fire zu bedenken. »Eines ist jedenfalls sicher, wir müssen verhindern, dass die Sanduhr in falsche Hände gerät. Und wir müssen aufpassen, dass Spinn nichts geschieht.«
Spinn erschrak, als er seinen Namen hörte.
»Ohne die Karte kann der Schwarze nichts ausrichten«, fügte Goldmerry hinzu. »Ich bin mir sicher, wir werden ihn und seine Schergen bald auf den Fersen haben.«
»Meinst du Skull und seine Männer?«
»Genau.«
»Was schlägst du vor?«
»Auf der Hut sein und sehen, was passiert. Und natürlich müssen wir die Karte in Sicherheit bringen.«
»Denkst du da an unser Hauptquartier?«
»Ja.«
Spinn verstand überhaupt nichts mehr. Vor allem begriff er nicht, was das Ganze mit ihm zu tun hatte und wovor ihn O’Fire beschützen wollte. Und dann Skull, der Pirat, der sein Dorf in Schutt und Asche gelegt hatte? Und was zum Teufel hatte es mit dieser Sanduhr der Macht auf sich, von der die vier Piraten gesprochen hatten?
Je mehr er über all das nachdachte, was er eben gehört hatte, desto schwerer fiel es ihm, darin einen
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