Der Schwur des Piraten
leer. Der Captain stutzte. Wo war seine Mannschaft? Angst stieg in ihm auf. Mit langen Schritten durchmaß er das Deck. Da konnte nur der Schwarze dahinterstecken. Er hatte ihn mit seiner Bitte verärgert und jetzt wurde er bestraft. Blackmore suchte unter Deck: niemand.
Er wollte weiter in den Laderaum, als ein heftiger Ruck das Schiff erschütterte und Blackmore zu Boden warf. Fluchend vor Schmerz fasste er sich an den Nacken. Er blutete stark und ging in seine Kajüte, um die Wunde zu versorgen.
»Zum Teufel mit ihm und seinen Spielchen! Glaubt er denn, das Schiff fährt von allein?«
Mit einem Fußtritt stieß Blackmore die Tür zu seiner Kajüte auf und knallte sie hinter sich wieder zu. Aus alter Gewohnheit griff er nach dem Messingschlüssel, hielt dann jedoch inne. Warum sollte er sich einschließen, wenn er allein war auf dem Schiff?
Schon wollte er die Tür öffnen, da hielt ihn ein kalter Schauder auf der Hand wie eine Warnung davor zurück. Wieder fasste er sich an seine Wunde und bemerkte erst jetzt, wie tief sie war.
»Von wegen Narbe. Das Ding wird ein Brandmal.« Er stellte eine Schüssel auf den Tisch, kniete sich mit gesenktem Kopf davor und goss Rum über die Wunde. Das brannte höllisch, doch er biss die Zähne zusammen. »Ein Jammer, guten Branntwein so zu vergeuden!«
Er warf den Kopf zurück, sodass ihm sein langes Haar auf den Rücken klatschte. Dann ließ er sich aufs Bett plumpsen und betrachtete die Blutlache auf dem Boden. »Und was jetzt?«
Unten im Laderaum bewegte sich etwas unter den Fässern und Kisten. Ein hungriges Wesen fletschte die scharfen, gelben Zähne und hielt die Schnauze in die Luft. Es hatte etwas gewittert.
Ein kehliger, markerschütternder Schrei, dann sprang das Wesen mit solchem Ungestüm aus dem Versteck, dass einige der Kisten an den Schiffswänden zerschmetterten. Mit einem bösartigen Knurren blickte es sich um und sah zu, wie vier weitere Wesen seiner Art aus ihren Verstecken krochen.
Obwohl auf ihren halb verwesten Fratzen derselbe lechzende Ausdruck lag und sie von derselben Gier getrieben schienen, warfen sie einander feindselige, lauernde Blicke zu.
Wieder hob ein Wesen seine Schnauze und sog die Luft mit bebenden Nüstern gierig in sich ein. Seine feurigen Augen begannen zu funkeln und in seinen toten Blick kam Leben. Das war Blut, Menschenblut, das von der Decke tropfte.
Mit einem Satz warf sich die Gestalt auf den Boden und leckte mit schwarzer, pusteliger Zunge gierig das Blut von den Planken. Voll Neid stürzten sich die anderen Wesen auf ihren Artgenossen und zerfleischten ihn mit messerscharfen Zähnen, bis nur noch die abgenagten Knochen übrig waren.
Die Wesen schauten sich an. Dieser Mord hatte sie verbündet. Das violette Blut des Opfers, das von ihren Mäulern tropfte, einte sie wie ein geheimer Pakt. Sie hatten nur das eine Ziel: ihren Hunger nach frischem Menschenfleisch zu stillen.
Blackmore riss die Augen auf und griff nach seinem Degen. Er hatte ein Geräusch gehört. Es kam von unten: ein dumpfer Schrei, ein Poltern, dann war Stille. Hatte er etwa geträumt?
Er atmete auf und wollte sich schon auf die Matratze zurücksinken lassen, da hörte er ein grauenhaftes Gebrüll aus dem Laderaum. Mit einem Satz war er an der Tür und lauschte angestrengt. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals.
Verdammter Bastard!, dachte er und sah die Fratze des Schwarzen deutlich vor seinem inneren Auge.
Blackmore atmete tief ein, den Degen kampfbereit vor seiner Brust. Unter ihm musste sich eine widerliche Orgie entfesselt haben. Er hörte es fürchterlich schmatzen, kreischen und brüllen. »Kommt schon, ihr Biester!«
Getrieben von unbändiger Gier nahmen die Wesen die Witterung des Blutes auf und stiegen an Deck, bis sie die Kajüte des Captains erreicht hatten. Hier war das Blut, hier hinter der verschlossenen Tür.
Kampfbereit hielt Blackmore den Degen fest in der Hand und nahm mit der anderen eine brennende Fackel von der Wand. Die furchterregenden Geräusche waren immer näher gekommen. Jetzt war es jedoch totenstill.
Die Wesen wechselten einen Blick und warfen sich dann mit vereinten Kräften gegen die Tür.
In die Finsternis
Die Tür von Blackmores Kajüte zersprang in tausend Stücke und er musste sich ducken, um nicht von den Splittern getroffen zu werden.
Als er wieder aufsah, blickte er in die Fratzen monströser Gestalten. Ohne zu zögern, ging er mit seinem Degen auf die Angreifer los, wobei er sich die Seite mit der Fackel frei
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