Der Schwur des Piraten

Gange.
    »Holt die Segel ein!«, rief O’Fire, der seine ganze Kraft brauchte, um das Steuerrad zu halten. »Aber passt auf, dass ihr nicht von Deck gespült werdet! Bald geht’s hier rund.«
    Der Wind heulte immer lauter und peitschte den Piraten den Regen ins Gesicht, während sich riesige Wellen vor der Carpenter aufbäumten und über ihr Deck hereinbrachen. Helle Blitze zuckten vom Himmel.
    »Haltet euch fest, Freunde!«, schrie O’Fire, als das Schiff immer bedrohlicher ins Schwanken geriet.
    Sekundenlang zuckte ein Blitz über den düsteren Himmel, dicht gefolgt vom tiefen Grollen des Donners. Der Sturm peitschte den Regen erbarmungslos über das Deck. Die Wellen schlugen höher und höher und schleuderten die Carpenter wie eine Nussschale hin und her.
    »Männer, die Route können wir vergessen!« Keepfit musste sich anstrengen, um den Wind zu übertönen.
    »Verdammt, Keepfit. Ich hatte gehofft, wir schaffen es in die Karibik!«, fluchte Kook.
    »Wir schaffen das auch, keine Sorge!«
    »Tot oder lebendig?«
    »Da überfragst du mich!«
    »Verflucht! Helft mir, Männer!«, schrie O’Fire plötzlich, dem das Steuerrad entglitten war. Keepfit und Kook eilten ihrem Kameraden zu Hilfe.
    Ein dumpfes Krachen ließ die Seeräuber erstarren. Erst allmählich begriffen sie, was passiert war. Die Ruderstange des Steuerrads war zerbrochen. Die Carpenter war außer Kontrolle.
    Spinn, der sich am Mast festgeklammert hatte, beobachtete die Szene mit Schrecken. Doch anstatt die Nerven zu verlieren, handelte er kühl und besonnen. Er holte tief Luft, ließ dann den sicheren Mast los und rannte zusammen mit Goldmerry zu den anderen drei hinüber. Obwohl er auf jeden Schritt achtete, fiel er mehrere Male hart auf die nassen Planken, richtete sich aber gleich wieder auf und erreichte schließlich völlig außer Atem seine Kameraden.
    »O’Fire!«, rief er, so laut er konnte, um gegen das Heulen des Sturms anzukommen. »Was sollen wir tun?«
    »Unter Deck!«
    »Aber da steht das Wasser!«, widersprach Keepfit.
    »Egal! Wenn wir hier oben bleiben, werden wir bald weggefegt!«
    »Macht schon! Runter!«, schrie Goldmerry. »Alle unter Deck! Schnell!«
    Die Piraten hangelten sich zur Luke und öffneten sie. Spinn stieg als Erster ein und polterte die Stufen hinab, als Letzter folgte O’Fire, der die Tür hinter sich schloss. Da saßen sie, nass bis auf die Haut mit klappernden Zähnen und lauschten angespannt dem Ächzen der Carpenter , die dem Unwetter wie durch ein Wunder noch immer standhielt.
    Die Piraten schwiegen. Ihnen war nicht nach Sprechen und schon gar nicht nach Scherzen zumute. Sie konnten jetzt nur noch abwarten und hoffen, während über ihren Köpfen eine Welle nach der anderen über das Deck hereinbrach.
    »Wann hört das nur endlich auf?«, fragte Spinn mit matter Stimme.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete O’Fire kopfschüttelnd. »Wir können nur die Zähne zusammenbeißen und hoffen, dass diese Nussschale hier den Gewalten von Himmel und Meer standhält.«
    Kaum hatte O’Fire ausgesprochen, ließ sie ein fürchterlicher Schlag erstarren.
    »Was zum Teufel war das?«, rief Spinn.
    »Verflucht!«, schrie O’Fire. »Keepfit! Goldmerry! Geht runter in den Laderaum und seht nach, ob dort alles in Ordnung ist! Wir gehen nach oben!«
    Ohne zu zögern, stiegen die beiden Piraten die Leiter zum Laderaum hinab.
    »Alles in Ordnung, Spinn?«, fragte Kook.
    »Ja, abe r …«, stotterte Spinn verwirrt.
    »Gut. Dann mal ab nach oben!«
    Es war nicht leicht an Deck zu gelangen. Die Carpenter schaukelte noch immer heftig und neigte sich bedenklich gen Backbord.
    Nach einigen Minuten kamen auch Goldmerry und Keepfit wieder an Deck. »Das Schiff ist leckgeschlagen! Wir müssen gegen eine Klippe geprallt sein«, riefen sie in Panik. »Das Wasser strömt unaufhaltsam ein! Höchstens eine halbe Stunde noch und wir sinken!«
    »Nein!«, rief Spinn entsetzt. »Irgendwie müssen wir uns doch retten können!«
    O’Fire, der sich an einem Tau festkrallte, hob den Blick. »Wir haben nur noch eine Möglichkeit.«
    »Welche?«, fragte Spinn und schöpfte neue Hoffnung.
    »Jeder bekommt ein leeres Fass. Das sind unsere Rettungsboote. Was anderes haben wir nicht.«
    Sie schleppten fünf Fässer an Deck und entfernten mit einer Axt, die sie im Laderaum gefunden hatten, die Deckel.
    »Und jetzt, einer nach dem anderen! Wer zuerst?«, schrie O’Fire gegen den Sturm an.
    »Ich!«, bot sich Goldmerry an und tastete sich unsicher gegen