Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
»es sicher klüger wäre, nicht des Nachts zu reiten.«
»Tharnatus, ich …« setzte Harnak an, doch die erhobene Hand des Priesters schnitt ihm das Wort ab.
»Der Skorpion bedarf Eurer Dienste«, wiederholte er, und Harnak sank auf die Tatze zurück. Seine Stirn klebte von Schweiß, als ihm klar wurde, dass er sich dieser Forderung nicht entziehen konnte. Der Skorpion gab zwar viel, forderte jedoch auch viel, und diejenigen Seiner Diener, die ihm Seine Forderungen verweigerten, würden die Opfer auf Seinen Altären beneiden, bevor sie starben.
Fürchtet Euch nicht, mein Prinz«, sagte Tharnatus freundlicher. »Der Stachel des Skorpions wird über Euch wachen, und Seine Zangen werden Euch zur Hand gehen. Kein Geschöpf der Finsternis wird sich gegen Seine Macht stellen.« Er drückte Harnaks Schulter. »Wenn wir mehr Zeit hätten, würde Er Euch nicht der Gefahr aussetzen, ungeachtet des Schutzes, den Er Euch gewährt. Ihr müsst doch erkennen, wie wertvoll Ihr für Ihn seid, Ihr, der verborgene Stachel, der im Herzen von Navahk wartet, um alles zu vernichten, was Seine Feinde – wie Bahnak – dort erreichen könnten. Der obere Lauf des Speerflusses ist bereits gefroren. Innerhalb weniger Wochen wird das Eis auch den Sturmsee erreichen. Und sollte der größere Diener scheitern, müsst Ihr Bahzell finden und ihn rasch töten. Der Pferdedieb muss sterben, mein Prinz, sowohl um Euretwillen als auch für die Kirche des Skorpions. Seine größeren Diener sind nur Seine Zangen. Ihr jedoch, Ihr seid Sein Stachel, bewaffnet mit Seiner Macht und mächtiger als jeder andere Seiner Diener. Er wird dafür sorgen, dass Ihr Bahzell unversehrt erreicht.«
»Natürlich.« Harnak rang sich ein Lächeln ab, von dem er selbst wusste, wie schwächlich es war, aber Tharnatus drückte erneut aufmunternd seine Schulter und nickte anerkennend.
»Gut, mein Prinz! Und vergesst das bevorstehende Ritual nicht! Euer Weg mag kalt sein, aber wenigstens werden wir Euch warm und gut genährt losschicken.«
28
W EISSE FLOCKEN tanzten vor Bahzells Nase, schossen empor, als der Wind sie packte, der auch an seiner schneebedeckten Kapuze zerrte. Brandark und er waren ihren Opfern in die Ausläufer der Dunkelwasser Marsche gefolgt, einem riesigen, mit Hügeln durchzogenen Sumpfgebiet, das sich östlich des gleichnamigen Flusses bis zum Speerfluss erstreckte.
Die Kälte hatte den Boden hart gefroren, was ihr Vorwärtskommen erleichterte, und wofür Bahzell auch sehr dankbar war. Die Bewölkung jedoch hatte sich in den drei Tagen seit seinem … Gespräch mit Tomanâk immer weiter zugezogen. Jetzt schien der bleierne Himmel wie eine Schüssel auf ihm zu lasten.
Es war noch früh am Nachmittag, aber das Licht nahm bereits ab, und trotz einiger kurzer Böen war es merkwürdig windstill. Diese Ruhe kannten die Hradani nur zu gut. Der Himmel holte Atem und würde sie bald unter einer Schneedecke begraben. Bahzell spürte den Zeitdruck, unter dem sie standen, wie den heißen, feuchten Atem einer Wildkatze im Nacken.
Wenigstens waren die Spuren von Zaranthas Häschern bis jetzt gut zu erkennen, auch wenn das kein großer Trost war. Bahzell fluchte leise und stieß dabei eine Atemwolke aus, als er sich niederkniete und den Boden erneut untersuchte. Ihre Gegner hatten sich über Hügelkämme und Berggipfel geschlichen, die sie zu einem langsameren Tempo zwangen. Die Hradani hatten weiter Boden gut gemacht. Aber eine zweite Fährte stieß auf die, der sie schon so lange folgten. Ihre Feinde hatten dort also Halt gemacht, waren abgestiegen und hatten eine Weile an dieser Stelle gewartet, bevor sich die Neuankömmlinge ihnen angeschlossen hatten. Die gefrorene Erde war zu dicken, schneebedeckten
Klumpen aufgewühlt, und Bahzell erhob sich kopfschüttelnd, als Brandark sein Ross neben ihm zügelte.
»Und?«
»Ich glaube, sie haben doch eine Möglichkeit gefunden, eine Nachricht vorauszusenden«, meinte Bahzell. »Sie haben hier ganz eindeutig auf jemanden gewartet, und wer es auch war, er konnte sie nur finden, wenn er ganz genau wusste, wo sie sich aufhielten.«
»Wie viele sind es, was glaubst du?« Bahzell schüttelte bei Brandarks Frage erneut den Kopf.
»Schwer zu sagen, aber vorsichtig geschätzt würde ich sagen, ihre Anzahl hat sich mindestens verdoppelt.«
»Bei Phrobus!«, fluchte Brandark. Bahzell nickte und kratzte sich am Kinn.
»Trotzdem könnte es noch schlimmer stehen, Brandark.« Sein Freund sah ihn ungläubig an und Bahzell
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