Der Schwur: Schwerter des Zorns 1 (German Edition)
und Gurgeln unter dem Bug der Fähre. Ihm war, als brauchte er nur die Hand auszustrecken, und könnte den Augenblick berühren. Dann, auf eine merkwürdige Art und Weise, die sich jeder Beschreibung entzog, berührte er ihn tatsächlich und wurde eine Brücke, eine Verbindung zwischen dem Bildnis in seinem Kopf und diesem elenden Lager, in dem nicht einmal ein Feuer brannte. Etwas überquerte diese Brücke, strömte durch ihn hindurch, brannte qualvoll in seinen Adern, und etwas anderes begleitete es, etwas Wildes: Schlachtrufe, das Klirren von Stahl, das schreckliche Donnern der Hufe der Schweren Kavallerie, grimmig in ihrer Zielstrebigkeit und prachtvoll in dem hellen, trotzigen Klang der Hörner. Er schloss die Augen und konnte das strahlend blaue Licht nicht sehen, das von seinem Schwert aufzuckte, seinen Körper hinauflief, über seinen Arm rieselte und in Brandark eindrang. Aber er fühlte es. Er fühlte es wie einen Blitzschlag, der ihn kauterisierte und verzehrte. Seine eigene Kraft strömte aus, vermischte sich damit und floss hinab in Brandarks verwelkenden Körper.
Es war das Erschöpfendste und Glorreichste, was er jemals gemacht hatte, und es war viel zu großartig, um es lange aufrecht erhalten zu können. Er fühlte, wie dieser Strom an Kraft in Brandark fuhr, fühlte, wie das Herz seines Freundes unter ihrem Hieb
zuckte. Und dann wurde er beiseite gestoßen. Die Kraft war zu mächtig und zu unzähmbar, um sie zu beherrschen, und Bahzell schrie auf, als sie ihn einfach beiseite schleuderte. Er riss die Augen auf, und sein Blick richtete sich auf Brandark, dessen Brust sich unter den tiefen Atemzügen hob und senkte. Plötzlich schien die Welt um ihn herum stillzustehen.
Das Ohr seines Freundes und seine Finger waren verheilt, nicht länger blutverkrustet, sondern sauber und glatt.
Bahzell berührte das verwundete Ohr. Es glühte nicht länger im Fieber, sondern fühlte sich kühl an. Hastig wickelte Bahzell den Verband um Brandarks Oberarm ab, riss das letzte Stück Stoff ab und schaute ungläubig auf die Wunde. Sie war zwar weniger vollständig geheilt als das Ohr und die Finger seines Freundes, aber sie sah aus, als wäre sie mindestens zwei Wochen alt. Bahzell zitterten die Hände, als er den Verband um Brandarks Oberschenkel mit dem Dolch entfernte.
Er zögerte, als er die letzte Schicht freilegte, die vollkommen vereitert war, doch dann zog er sie ab und stieß vor Staunen die Luft aus. Die schreckliche Wunde war noch da, aber sie wirkte sauber und zugewachsen. Er berührte sie leicht, verstärkte den Druck, und fühlte das feste, gesunde Fleisch, die arbeitenden Muskeln und Sehnen, und holte ergriffen von Freude tief Luft.
»Gut gemacht!«, sagte eine tiefe Stimme in ihm. »Sehr gut gemacht, Bahzell Bahnakson!«
»Danke.« Bahzell bedankte sich nicht für das Kompliment. Er schloss die Augen und rief sich ins Gedächtnis, wie er Tomanâk seinen Zorn über die Nutzlosigkeit von vernachlässigenden Göttern ins Gesicht geschleudert hatte. Und jemand lachte tief in seinem Kopf. Es war ein herzliches Lachen, mit dem ein Anführer einem Krieger, der in seinem ersten Kampf hart und gut gefochten hat, gratulierend auf die Schulter schlägt. Und er lächelte.
»Danke«, flüsterte er mit vetrauter Stimme.
»Ich sagte ja, dass es uns beide fordern würde«, meinte Tomanâk, »und nicht jeder meiner Paladine kann ebenso gut Feinde bekämpfen wie Freunde heilen, Bahzell.« Der Pferdedieb holte
noch einmal tief Luft und genoss die tiefe Freude dieses Augenblicks. Das Wissen, dass er auch das Leben in den Händen hielt, nicht nur den Tod, und eine große, sanfte Hand schien sich eine endlose Zeit lang auf seinen Kopf zu legen. Dann jedoch wurde sie zurückgezogen, und Bahzell richtete sich auf, als er den Stimmungsumschwung des Kriegsgottes bemerkte.
»Brandark wird sich mit der Zeit vollkommen erholen«, erklärte ihm Tomanâk. »Er braucht allerdings Pflege, und es wird noch Wochen dauern, bis das Bein sein Gewicht tragen kann. Aber er wird sich erholen. Leider wird er ohne die Spitze seines Ohres und ohne seine Finger weiterleben müssen, sonst aber wird er vollständig genesen. Da wir dies nun hinter uns haben, kommen wir vielleicht zu der Frage, die du zuerst gestellt hast.«
»Welche Frage?«
»Was du mit Harnaks Schwert anfangen sollst«, erwiderte Tomanâk gelassen.
»Ach, diese Frage!« Bahzell schüttelte sich, hockte sich hin und legte sein Schwert über die Knie. »Ich will nicht
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