Der Schwur
Chiarron kam und dorthin zurückwollte!«
»Was ist denn so Besonderes an dem Amulett? Wer ist Veleria? Was ist mit ihr passiert? Und was soll ich jetzt tun?«
»Das Amulett stammt von den Tesca«, sagte Lorin. »Wir kennen seine genaue Macht nicht; nur Veleria weiß, was es kann. Aber unsere Jeravi vermuten, dass darin ein –«, er stockte kurz, überlegte und fuhr dann fort: »– ein Geist gebannt ist. Es könnte aber auch etwas ganz anderes sein«, sagte er hastig, als er sah, wie Sonja erschrak. »Wir wissen es eben nicht. Und wir können es nicht herausfinden, weil wir das Amulett nicht anfassen können. Du kannst es anfassen, weil du nicht von dieser Welt bist, aber wir –«
»Aber der Dieb konnte es doch auch anfassen«, sagte Sonja verwirrt. »Und er konnte auch auf Nachtfrost reiten! Aber Ganna sagte, Nachtfrost und die anderen Einhörner wären Boten der – der –«
»Aruna.«
»Aruna. Also muss doch der Dieb einer der Guten sein,einer von euch, aber warum konnte er es dann anfassen?«
»Das wissen wir nicht«, sagte Lorin. »Aber auf dem Ritt hierher haben wir überlegt, dass der Dieb vielleicht – hm – ebenfalls nicht von dieser Welt stammen könnte. Oder er ist ein sehr mächtiger Magier.«
»Fest steht, dass wir Veleria suchen müssen«, sagte Elri, bevor Sonja darüber nachdenken konnte. »Im Haus wurde nicht gekämpft, nirgends ist Blut. Aber alles wurde kurz und klein geschlagen. Ich glaube, Veleria ist rechtzeitig geflohen, und die Verfolger haben ihre Wut am Haus ausgelassen.«
»Aber wo ist sie denn hingegangen?«
»Wahrscheinlich zu den Tesca, schließlich ist sie eine von ihnen.« Elri verzog den Mund, aber es sah nicht wie ein Lächeln aus. »Ich freue mich überhaupt nicht darauf, in ihr Gebiet einzudringen.«
»Wieso?«, fragte Sonja. »Sie werden sich doch bestimmt über das Amulett freuen. Was ist denn so schlimm an den Tesca?«
Es gab eine Pause, in der die Geschwister merkwürdige Blicke wechselten, als versuchten sie sich stumm abzusprechen, was sie nun sagen sollten. Endlich meinte Elri unbehaglich: »Sie mögen keine Fremden. Vor allem nicht, wenn die Fremden ... nun ja ...«
»... nicht von dieser Welt stammen«, sagte Lorin.
Sonja starrte die Geschwister an. »Gibt es so etwas hier öfter? Ich meine, Besucher aus meiner Welt?«
»Nicht direkt«, murmelte Lorin. »Das heißt, ich weiß es nicht. Aber man sagt, dass auch die Nebeldämonen eigentlich nicht von dieser Welt stammen. Und –«
»Und wir sind nicht ganz sicher, ob die Tesca zwischen dir und den Dämonen unterscheiden können«, sagte Elri.
Sonja fühlte sich plötzlich sehr schwach und war froh, dass sie saß. »Was werden sie mit mir machen?«
»Nichts, hoffe ich«, sagte Lorin. »Es wäre natürlich gut, wenn Veleria wirklich bei ihnen wäre.«
»Und wenn sie nicht bei ihnen ist?«
Die beiden schwiegen.
Nachtfrost hob den Kopf und schaute zu ihnen herüber. Sonja blickte ihn an und ihr kam ein Gedanke. »Sagt mal – kann es sein, dass der Dieb dieses Amuletts auch so ein Dämon war? Ich bin sicher, dass Nachtfrost ihn nicht freiwillig auf seinem Rücken geduldet hat! Und die Peitschenstriemen – und der Schnitt –«
»Das habe ich auch schon überlegt«, sagte Elri. »Nachtfrost könnte ihn abgeworfen haben. Und den Schnitt hat er ihm mit einem Messer beigebracht, als er schon auf dem Boden lag. Nachtfrost ist vielleicht über ihn weggesprungen.«
Es war ein scheußlicher Gedanke, dass irgendein dämonisches Ungeheuer versucht haben konnte, Nachtfrost zum Gehorsam zu zwingen. Sonja erschauerte, stand rasch auf und ging zu ihrem Einhorn. Sie umarmte ihn und er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und schnaubte sanft.
»Aber was ist aus ihm geworden?«, fragte Lorin. »Du sagtest doch, du hättest niemanden gesehen.«
»Sie hat das Amulett ganz nahe am Abgrund gefunden«, erinnerte ihn Elri. »Er ist vielleicht einfach abgestürzt – dahin, wo er sowieso hingehört!«
»Hoffentlich«, sagte Lorin. »Wenn es wirklich ein Dämon ist und er mit Nachtfrost vom Kristallwald bis zur Küste reiten konnte, muss er ziemlich mächtig sein. Und sehr gefährlich. Es gefällt mir gar nicht, dass so etwas in unserer Nähe war und wir nichts davon wussten.«
D
ie Falle am Fluss
Nach dem Essen holte Elri die beiden Sirinkim, die hinter dem Haus gegrast hatten. Vorher hatte Sonja die Tiere nicht weiter beachtet, aber jetzt schaute sie sie etwas genauer an. Sie sahen aus wie eine Kreuzung aus Ziege und
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