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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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Pferd – der schmale, lange Kopf und der aufgeworfene Hals stammten von der Ziege, ebenso wie die gespaltenen Hufe. Der Rest war pferdeähnlich, nur der Schwanz war der eines Esels. Sie waren viel kleiner als Nachtfrost, aber größer und schlanker als Ponys. Ihr Fell war auf dem Rücken und am Kopf schwarz und am übrigen Körper braun, und der Schwanz hatte eine weiße Quaste. Zwei lange, gerade Hörner ragten zwischen ihren Ohren empor – nicht so beeindruckend wie das von Nachtfrost und eher ein Witz gegenüber den Riesenhörnern der Birjaks, aber trotzdem tödliche Waffen, wie Elri ihr versicherte.
    Beide trugen einfache Lederhalfter und Decken, die mit Lederriemen festgebunden waren. Lorin wickelte die Vorräte in eine zweite Decke, humpelte zu seinem Tier hin und legte ihm das Bündel quer über den Nacken. Dann stemmte er sich hoch und schwang das Bein über den Rücken des Tieres. Die Bewegung sah ziemlich ungeschickt aus, und Sonja vermutete, dass sie ihm auch wehtat, aber als er den Zügel aufnahm und sich ihnen zuwandte, verriet sein zernarbtes Gesicht nichts davon. »Fertig?«
    »Fertig«, sagte Elri. Sie war die Kriegerin der beiden: Ihr Sirinkim trug zwei Speere, ein langes Kampfmesser undaußerdem ein Lasso und wirkte auch lebhafter als Lorins. Leicht und anmutig schwang sie sich auf seinen Rücken und lachte nur, als es sich spielerisch aufbäumte. »Also los!«
    Sonja hatte ein wenig Angst davor, dass Nachtfrost ihr beim Aufsitzen nicht helfen könnte, sodass sie wieder erst nach einem Baumstumpf oder Felsen suchen musste. Sie war ziemlich sicher, dass Elri und Lorin sie auslachen würden, wenn sie sahen, dass sie allein nicht auf den Rücken des Einhorns hinaufkam. Sie waren zwar sehr freundlich, aber sie hatte das deutliche Gefühl, dass sie sie ohne Nachtfrost und das Amulett für ziemlich nutzlos und unfähig halten würden. Sie waren nicht etwa ihretwegen hier, sondern um Veleria zu helfen, ihr Amulett zurückzubekommen.
    Aber sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Nachtfrost stupste sie liebevoll an, und als sie in seine Mähne griff, spürte sie wieder das mittlerweile vertraute Gefühl eines schnellen Wirbels. Dann saß sie oben. Elri und Lorin schauten geradezu bewundernd zu ihr hoch, und falls sie sich fragten, warum der Bote der Göttin Aruna sich ausgerechnet eine Reiterin ausgesucht hatte, die ihm gerade mal bis zur Schulter reichte, verrieten ihre graubraunen Gesichter doch nichts davon.
    So machten sie sich auf den Weg. Schon bald war Sonja sehr dankbar für die Begleitung. Elri und Lorin zeigten ihr nicht nur den Weg und erklärten, welche Pflanzen essbar, giftig oder heilkräftig waren, sondern sie erklärten ihr auch ganz selbstverständlich Dinge, über die sie bisher noch gar nicht nachgedacht hatte: wie man sich die Zähne mit frisch abgebrochenen Zweigen putzen konnte, welches Wasser man trinken durfte und welches nicht, und welche Blätterman benutzen konnte, wenn man mal musste. Nach dem Problem, das nur Mädchen hatten, traute sich Sonja nicht zu fragen, und hoffte nur, dass sie ihre Tage noch lange nicht bekam – und schon gar nicht hier.
    Bald blieb das Klingeln und Klirren der Eiskristalle hinter ihnen zurück und wich dem Zwitschern von Vögeln. Sonja war froh, den Kristallwald verlassen zu können. Die Erdgnome waren zu grässlich gewesen und sie wollte nie wieder welche zu Gesicht bekommen.
    »Erdgnome sind Kiddûn«, erklärte Lorin, während Elri auf der Suche nach etwas Essbarem vorausritt. »Kiddûn sind alle lebendigen Wesen, die nicht eindeutig Mensch, Tier, Pflanze oder Stein sind, und alle Natur- und Elementargeister der Welt. Die meisten sind friedlich und tun den Menschen nichts, aber viele sind gefährlich, wenn man sie reizt, und manche sind böse und schaden uns, wo sie nur können. Wenn du mal in die Nähe einer Lichtung kommst, auf der große, dunkle Wurzelstöcke stehen, die wie die Reste umgestürzter Bäume aussehen – geh auf keinen Fall weiter! Das sind Wurzler, und die packen dich und zerreißen dich, wenn sie dich zu fassen kriegen.«
    Sonja fühlte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. »Da war so eine Lichtung. Die Erdgnome haben mich darauf zugetrieben!«
    »Uh«, machte Lorin. »Das ist übel. Ich wusste nicht, dass sie so etwas tun. Und wo war der Troll?«
    »Gleich am Rand der Lichtung.«
    »Dann hat er sich dort als Hüter aufgestellt. Du hattest sehr großes Glück. Denn wenn die Wurzler dich erwischt hätten ...« Er

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