Der Schwur
gewöhnt«, antwortete er leichthin. »Trotzdem nett, dass du dich entschuldigst; die meisten tun das nicht. Hör mal, Yeri – ich meine, Sonja –: Seit wann bist du hier? Weißt du, was hier passiert ist?«
»Mit dem Haus? Nein. Wir sind gerade erst angekommen. Da waren ein paar grässliche kleine Monster, die uns angegriffen haben, und ein Troll –«
Lorin horchte auf. »Ein Troll? Hier im Kristallwald?«
»Ist das schlecht?« Sonja aß das letzte Stück Kuchen auf und wischte sich den Saft vom Kinn. »Sind Trolle böse?«
Lorin biss ein Stück von seinem Kuchen ab und kaute mit nachdenklich gerunzelter Stirn. »Ich weiß nicht, ob es gut oder schlecht ist. Trolle sind weder gut noch böse. Sie sind einfach da, aber sehr selten. Was hat dieser Troll getan?«
»Erst war er ein Felsen und hat mich gegen die Eiskristalle geschützt, und dann hat er sich verwandelt und hat mir nachgewinkt.«
»Hm.«
»Ist das nun gut?«
Er lächelte ein wenig schief. »Warum muss es unbedingt gut oder schlecht sein? Warte, bis Elri herauskommt, dann kannst du uns alles erzählen. Zu dritt denkt es sich besser, wenn wir entscheiden müssen, was wir jetzt tun.«
»Ja – warum seid ihr denn überhaupt hier? Wo ist euer Stamm?«
»Unterwegs zum Winterlager. Und wir sind natürlich hier, um dir zu helfen. Nur sind die Sirinkim natürlich nicht so schnell wie –«
»Die was?«
»Sirinkim. Unsere Reittiere. Die wir auch vor die Wagen gespannt haben.«
»Ich dachte, ihr reitet auf den Birjaks.«
»Nein, nicht, wenn es schnell gehen muss. Nur ist Nachtfrost eben noch schneller, sodass wir eben erst angekommen sind, obwohl wir einen kürzeren Weg genommen haben. Wir hatten gehofft, euch hier zu treffen.«
»Dann ist das da wirklich Velerias Haus?«
»Zumindest war es ihr Haus«, sagte Lorin düster. »Vor zwei Jahren lebte sie noch hier.«
»Wer ist sie denn überhaupt?«
»Das erzählen wir dir später«, sagte er. »Möchtest du noch einen Kuchen?«
»Ja, bitte.«
»Lasst mir auch noch etwas übrig!«, sagte Elri, die in diesem Augenblick durch das Gebüsch schlüpfte und sich im Schneidersitz neben ihrem Bruder ans Feuer setzte. Siegrinste Sonja vergnügt an. »Wenn ich nicht aufpasse, kriege ich nämlich nur noch ein paar jämmerliche Reste. So, du hast also einen Troll gesehen?«
»Woher weißt du das denn?«
»Ich habe gute Ohren, und außer euch ist hier ja meilenweit nichts zu hören.«
»Er hat sie gerettet«, sagte Lorin und strich noch etwas Teig auf den Stein. »Vor einem Hagel aus Kristallen. Und er hat sich ihr sogar gezeigt.«
»Hm«, machte Elri, es klang beeindruckt. »Erzähle mal von Anfang an, Sonja. Und nicht nur das, was du hier erlebt hast, sondern auch das, was vorher war – in deiner Welt.«
Also holte Sonja tief Luft und erzählte ihnen von Melanie und Philipp, vom Waldhof und den Ponys, von den »Hell’s Devils« und der Flucht durch den Nebel, und dann von ihrer Ankunft im Kristallwald, den schrecklichen kleinen Gnomen und dem Troll. Zuerst verhaspelte sie sich häufig, weil sie nicht daran gewöhnt war zu reden, ohne sofort wieder unterbrochen zu werden. Aber Elri und Lorin hörten aufmerksam zu, und allmählich fing sie sich und fand sogar Spaß daran, es zu erzählen. Sie erzählte ihnen auch, was Ganna gesagt hatte: dass jemand Veleria das Amulett gestohlen haben musste, um es nach Chiarron zu bringen. Elri und Lorin wechselten Blicke, sagten aber nichts und schauten nur nachdenklich zu Nachtfrost hinüber, der unbekümmert weidete und bis auf das Horn und die ungewöhnliche Farbe wie ein ganz normales Pferd aussah.
Als sie fertig war, nahm Lorin einen dünnen Ast und stocherte damit im Feuer. Elri schob ein paar Zweige nach. »Als ihr beide geflohen seid, gab der Spürer einigen seiner Leute den Befehl, euch zu verfolgen. Mit den anderen kamer zu uns, um uns über dich auszufragen. Er wurde sehr wütend, als wir ihm nichts sagten. Er ritt dann ebenfalls hinter euch her, aber drei seiner Männer schickte er nach Chiarron, und wir vermuten, dass sie dort die Trommeln schlagen werden.«
»Was heißt das?«, fragte Sonja.
»Dass sie Bewaffnete gegen uns losschicken werden, um uns zu bestrafen.«
Entsetzt starrte Sonja sie an. »Aber ihr habt doch nichts getan!«
»O doch. Wir haben dem Taithar geholfen, und wir haben dich mit dem Amulett fortgeschickt, statt dich ihnen auszuliefern und es ihnen zu übergeben. Denk doch mal daran, dass der Dieb des Amuletts wahrscheinlich aus
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