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Der Schwur

Der Schwur

Titel: Der Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Vollenbruch
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kamen taumelnd auf die Füße und stolperten aus dem Zimmer.
    »Darian«, wisperte Melanie, »ich glaube nicht, dass sie ihr Versprechen halten werden.«
    »Doch, das werden sie«, sagte Darian vergnügt. »Deshalb habe ich dich ja gefragt, ob sie Magie beherrschen.« Er hob seine selbst geflochtene Tasche auf und stopfte ein paar Blätter und die Reste des Brotes hinein. »Diese Welt fängt an, mir zu gefallen.«
    »Was hast du denn vor?«
    »Das wirst du schon sehen.« Er ging hinaus und hüpfte leichtfüßig die Treppe hinunter. Melanie folgte ihm langsamer und kämpfte gegen das Gefühl an, von einer unwiderstehlichen Macht einfach überrollt zu werden. In den Filmen waren die außerirdischen Besucher immer damit zufrieden, sich zu verstecken und möglichst überhaupt kein Aufsehen zu erregen, bis sie still und heimlich wieder verschwinden konnten. Nie hatten sie sich in Prügeleien mit Eingeborenen eingelassen.
    Aber Darian wusste ganz offensichtlich nicht, wie er sich zu verhalten hatte. Zehn Minuten später lag Max vor ihm im Matsch, schielend vor Wut, und schwor, Melanie, Sonja und alle ihre Freunde und Verwandten zukünftig nicht mehr zu bedrohen oder zu belästigen. Marek und Simon stimmten eilig zu, weil sie keine Lust hatten, ebenfalls von einem Dreizehnjährigen verdroschen zu werden.
    Anschließend durfte auch Max wieder aufstehen. Noch bevor er sicher auf den Füßen stand, griff er nach der Peitsche, die über seinem Moped hing, und schlug damit nach Darian. Melanie schrie auf – aber gleich darauf schrie auch Max, als die Peitsche nicht etwa Darian traf, sondern ihm selber einen blutigen Striemen ins Gesicht schnitt. Voller Wut schlug er noch einmal zu und nun blutete auch die andere Wange. Er ließ die Peitsche fallen und presste dieHände auf die Wangen, während er Darian zu beschimpfen versuchte. Aber außer »Du – du –« brachte er nichts heraus. Und auch dieses Wort erstarb, als Darian eine leichte Handbewegung machte und die Peitsche in Flammen aufging. Innerhalb weniger Sekunden zerfiel sie zu Asche, die im Wind verwehte.
    Die »Hell’s Devils« und auch Melanie waren stumm vor Schreck und Verblüffung.
    Darian lächelte und sah plötzlich wirklich aus wie ein Prinz.
    »Und jetzt«, sagte er, »schlage ich euch ein Abkommen vor.«

H
eimkehr
    Das Gesicht des Spürers war ein Albtraum. Bisher hatte Sonja ihn für einen bösen, aber ansonsten normalen Menschen gehalten. Jetzt merkte sie, dass sie sich geirrt hatte. Das Gesicht war kalkweiß, die Haut dünn und trocken wie Pergament über die Schädelknochen gespannt, sodass der Kopf aussah wie der einer ausgebleichten Mumie. Ein paar dünne weiße Haarsträhnen hingen über seine Ohren, die spitz zuliefen wie in einer abscheulichen Elfenkarikatur. Aber an Gundar von Keban war nichts Elfenhaftes – und auch nichts Menschliches. Seine kalten, klauenhaften Hände nicht, die Sonja packten, ihr den Mund zuhielten und sie zu seinem Pferd schleiften, obwohl sie zappelte und schrie und um sich trat. Seine Kleidung aus schwarzen Fetzen nicht, die schlimmer roch als jeder Wolf. Und auch nicht seine Stimme, die wie geborstenes Eis klang.
    »Du hättest dich nicht einmischen dürfen, kleines Mädchen. Ohne dich hätte ich es vollenden können.«
    Sonja hatte keine Ahnung, wovon er redete. Eins aber wusste sie genau: wenn er sie jetzt wegbrachte, würde sie es nicht überleben.
    Zwei Tage vorher wäre sie vor Entsetzen halb bewusstlos gewesen, eine leichte Beute, doch seitdem hatte sie viel gelernt. Sie wehrte sich aus Leibeskräften. Leider war sie in den zwei Tagen nur schlauer, aber nicht kräftiger geworden, und so hob er sie mühelos hoch und warf sie wieeinen Sack über den Rücken seines Pferdes. Gleich darauf schwang er sich selber in den Sattel und nahm die Zügel auf.
    Sonja holte Luft und schrie aus Leibeskräften. Das Pferd bäumte sich erschrocken auf, aber der Spürer zwang es sofort wieder herunter und verpasste Sonja eine harte Ohrfeige. »Das hast du dir selbst zuzuschreiben!«
    Er wendete das Pferd und trieb es hart an. Rasch fielen die Geräusche des Kampfes hinter ihnen zurück, und der Wald sah ganz friedlich aus, als sei nie etwas Böses passiert. Morgennebel stieg zwischen den Bäumen auf, und der Himmel färbte sich grau. »Elri«, dachte Sonja. »Lorin. Veleria. Und: Nachtfrost. Ich muss etwas tun. Ich muss ihnen helfen ...«
    Da merkte sie, dass das Amulett aus ihrem Hemd gerutscht war, als der Spürer sie geohrfeigt hatte.

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