Der Schwur
schauten sich um. »Das Fenster da oben. War das gestern auch schon offen?«
»Keine Ahnung«, sagte ein anderer. »Da hab ich nicht drauf geachtet, als das Vieh auf uns losging.« Er lachte nervös, aber Max unterbrach ihn scharf. »Alex und Fabian, seht nach, ob sie da oben ist, und holt sie raus. Simon, Marek und ich sehen uns hier unten um. Ich hab kein Interesse daran, hier ständig über kleine Mädchen zu stolpern. Das hier ist jetzt unser Hof!«
Melanie wich vom Fenster zurück. »Die kommen hoch! Darian, wir müssen hier weg!«
»Hm«, machte er und spähte noch einmal aus dem Fenster. »Beherrschen sie Magie?«
»Magie? Nein! Aber die werden total eklig, wenn man ihnen in die Quere kommt!« Schon hörte sie unten das Knirschen von Glas und ihr wurde himmelangst. »Komm doch!«
»Keine Angst«, sagte er und lächelte. »Ich beschütze dich schon.«
»Aber das sind zwei gegen einen! Und sie sind viel älter als du!«
»Du hast doch gesagt, dass man hier nicht kämpft«, erwiderte er ganz ruhig. »Damit habe ich einen Vorteil.«
»Nein! Ich meinte –«
Die Tür flog auf und sie wirbelte herum. Alex und Fabian, beide groß, kräftig und in bedrohlicher Ledermontur, standen in der Tür und grinsten. »Das ist ja der reinste Kindergarten hier«, sagte Alex, der mit seinem blonden Bürstenschnitt und der schwarzen Sonnenbrille wie eine ganz schlechte Kopie eines Actionhelden wirkte. »Haben eucheure Eltern nicht gesagt, dass ihr nicht allein im Wald spielen sollt?«
»Wir wollten gerade gehen«, sagte Melanie mit vor Angst ganz dünner Stimme. Gegen diese beiden Typen sah Darian – einen ganzen Kopf kleiner – geradezu mickrig aus, obwohl sie ihn eigentlich bis gerade eben für recht sportlich gehalten hatte.
»Guck dir den Knirps mal an«, sagte Fabian. »Sieht aus wie ein Waldschrat. Wie heißt du, Knirps – Atréju?«
»Darian von Chiarron«, antwortete Darian ruhig, aber wachsam. Er stand ganz locker da, als hätte er nicht die geringste Angst.
»Darian Kjarron?« Alex lachte. »Was ist das denn für ein bescheuerter Name?« Übergangslos zog er ein finsteres Gesicht. »Los, raus hier.«
»Warum?«, fragte Darian und Melanie wich zurück. »Darian, komm! Lass uns gehen!«
»Hör auf deine Freundin, die ist echt schlau«, sagte Fabian. »Max wird ziemlich grob, wenn man ihm in die Quere kommt, und das hier ist jetzt unser Hof.«
»Habt ihr ihn gekauft?«, erkundigte sich Darian. »Dann gehen wir natürlich sofort. Aber wenn hier das Recht des Stärkeren gilt – und desjenigen, der zuerst kommt –, dann gehört der Hof mir, und ich rate euch, schleunigst den Rückzug anzutreten.«
Die beiden starrten ihn an.
»Ich hör wohl nicht recht?«, fragte Alex endlich. »Du kleiner Scheißer hast mich wohl nicht verstanden?«
»Ich habe euch sehr gut verstanden und du hast mich auch verstanden.«
»Der will Prügel haben«, sagte Fabian verwundert, grinste und kam herein. Sorgfältig machte er die Tür hinter sichzu. Dann gingen beide gleichzeitig auf Darian los. Melanie schrie auf und flüchtete in eine Ecke.
Was dann kam, konnte sie später gar nicht so recht beschreiben. Irgendwie schien Darian sich gar nicht so schnell zu bewegen, aber Alex und Fabian kamen einander dauernd in die Quere, behinderten sich gegenseitig, und Darian glitt wie ein Schatten zwischen ihnen hindurch, um sie herum und schlug nur zweimal ganz kurz, hart und gezielt zu. Nach zwei Minuten lagen die beiden stöhnend am Boden, konnten sich nicht rühren und starrten mit einem Ausdruck, der unverkennbar ängstlich war, zu Darian hoch, der noch nicht einmal schneller atmete.
Er blickte gleichgültig auf sie hinunter und drehte sich zu Melanie um. »Soll ich sie töten?«
Sie glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. »Nein! Bist du verrückt? Nein!«
»Gut«, sagte er und drehte sich wieder zu Alex und Fabian um. »Dann töte ich euch nicht. Aber ich möchte ein paar Dinge klären. Erstens, dieser Hof gehört mir. Zweifelt ihr daran?«
Sie schüttelten die Köpfe, Panik im Blick.
»Zweitens. Ich werde jetzt hinuntergehen und mit eurem Anführer sprechen. Ganz gleich, wie es ausgeht – ihr werdet nicht versuchen, mir oder Melanie zu schaden.«
»Oder Sonja!«, warf Melanie hastig ein, als sie sich an die kurze, hässliche Szene auf dem Schulhof erinnerte.
»Oder Sonja«, stimmte Darian zu.
Die beiden nickten.
»Dann könnt ihr jetzt aufstehen.«
Es war, als hätte sich eine unsichtbare Fessel gelöst. Die beiden Jungen
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