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Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen

Titel: Der Scout. Kleinere Reiseerzählungen, Aufsätze und Kompositionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewaltig interessieren, den Menschen in die Hände zu bekommen, der uns damals entgangen war, weil uns seine Truppe an Zahl so unverhältnismäßig überlegen gewesen war.
    Auch dieser Tag verging. Wir machten heute früher Halt zum Nachtlager als gestern, und die Vorsicht, welche der Apache dabei entwickelte, ließ mich vermuten, daß wir in der Nähe unseres Zieles angekommen seien, denn hier mußte wegen der mutmaßlichen Anwesenheit der Buschklepper in dieser Gegend jetzt sorgfältiger verfahren werden als bisher.
    Bereits am nächsten Morgen erreichten wir einen ansehnlichen Wasserlauf, welcher tief und breit genug war, größere Boote zu tragen.
    »Der Shayan!« sagte Winnetou.
    Er ritt so zuversichtlich vorwärts, daß ich überzeugt wurde, die Gegend sei ihm von früher her sehr wohl bekannt. Der Fluß verbreiterte und vertiefte sich immer mehr, doch waren die Ufer von Urwald bestanden. Plötzlich bog Winnetou vom Ufer ab und in den Wald hinein, der so hochstämmig war, daß wir zwischen den Bäumen genugsam Raum um Reiten fanden. Das Terrain stieg an; wir hatten eine ganz ansehnliche Höhe zu überwinden und gelangten schließlich auf eine Art von Hochebene, auf welcher der Urwald in niederes, von grasigen Stellen unterbrochenes Buschwerk überging.
    Da trieb mir die Luft einen Geruch entgegen, den ich von früher her kannte – Petroleumduft. Wir näherten uns dem Shayansee. Dies bemerkte ich auch an der Aufmerksamkeit, mit welcher der Apache den Boden nach etwaigen Fußspuren untersuchte. Jetzt machte er eine plötzliche Schwenkung, galoppierte mir eine kurze Strecke voraus, streckte dann den Arm aus und sagte:
    »
Tu-indchule shayan
– der Shayansee!«
    Der Petroleumgeruch war bei jedem Schritte der Pferde jetzt stärker geworden, und ich hatte daher vermutet, sehr bald auf das Wasser des Sees zu stoßen, aber als ich nun neben dem Apachen hielt, sah ich, daß wir noch immer eine ziemliche Strecke zu reiten hatten, um an das wirkliche Ufer zu kommen. Wir hielten nämlich am Rande eines tiefen, eirunden Beckens, dessen Wände von steil aufsteigenden Felsen gebildet wurden. Es hatte ganz das Aussehen, als sei diese große Einsenkung der ausgebrannte Krater eines feuerspeienden Berges. Mehrere Hundert Fuß tief unter uns lag auf dem Boden dieses Kraters der See, welcher einen Durchmesser von sicherlich einer guten Wegstunde hatte. Zwischen seinem Ufer und den östlichen Felsenwänden des Beckens sah ich zwischen größeren und kleineren Gebäuden ein sehr reges, geschäftiges Treiben. Dort stand ein ganz aus rohen Steinen gebautes Haus, in dessen Nähe mehrere hölzerne Hütten errichtet waren. Ueberall lagen Fässer, Dauben, Reisen, Faßböden, die ersteren teils leer, teils mit Petroleum gefüllt. Eine Dampfsäge war in Thätigkeit, große Stämme zu Dauben zu zerschneiden; überall sah man Anlagen, wie sie zur Gewinnung des Petroleums erforderlich sind. Dort aus dem Felsen floß das leuchtende, aber so übel riechende Oel. Man sah, daß es früher in den See gelaufen war, jetzt aber wurde es in mehreren großen Reservoirs aufgefangen, so daß kein Tropfen verloren gehen konnte. Und weiter links arbeitete eine zweite Dampfmaschine, um einen Erdbohrer zu bewegen, welcher die Tiefen des Erdinnern erschließen sollte, wo noch größerer Vorrat des Bitumen vorhanden war.
    Der See hatte keinen Zufluß, von der Oelquelle natürlich abgesehen; sicherlich aber befanden sich mehrere Quellen auf seinem Boden, denn er hatte einen ziemlich bedeutenden Abfluß, welcher an der Nordostseite des Beckens die Felsen durchbrach und sich, wie ich später sah, in den nahen Shayan ergoß. Dieser Abfluß geschah durch einen Felsenspalt, welcher eine Breite von höchstens zwölf Fuß hatte und die einzige Gelegenheit bot, ohne besondere Schwierigkeit von außen her an den See, also in das Innere des einstigen Kraters zu gelangen. Vom Rande der Felsen herabzuklettern, schien nur auf der westlichen Seite nicht ganz ungefährlich zu sein. Aus dem steilen Gesteine schossen einzelne Tannen schlank und hoch empor, und die gefährlichen Risse, Spalten, Löcher, Ecken und Kanten wurden von üppigen Ranken-und Dorngewächsen trügerisch ausgeglichen. An der östlichen Seite aber blickten die scharfen Kanten des Kessels fast senkrecht in die Tiefe nieder; es gab zwar hier und da einen Vorsprung, einen schmalen Absatz oder eine sonstige Unebenheit, welche ein kühner Alpenjäger zum Auf-, vielleicht auch Abstieg hätte benutzen können,

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